Bufet
München
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Wer schon einmal in Tschechien, besonders in Prag, die Bierszene erkundet hat (am besten, wenn diese Erkundung schon ein paar Jahre her ist), wird sich vielleicht erinnern: Überall in der Stadt, gerne und besonders auch in den weniger touristisch überlaufenen Stadtteilen, ein bisschen weiter weg vom Ufer der Moldau, findet man die typischen Stehbierhallen. Einfache Bierschwemmen, bei denen weniger Wert auf eine Schicki-Micki-Einrichtung oder auf Szene-Gimmicks gelegt wird, sondern mehr auf frisches, gut durchtrinkbares Bier. Dem aber, so überraschend es auch sein mag, gar keine so große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Perfekt gezapft muss es sein, hervorragend muss es schmecken, aber dann werden keine Worte mehr darüber verloren. Dann ist es einfach da, wird nebenher getrunken, während man sich unterhält, politisiert oder den attraktiven Vertretern des jeweils anderen Geschlechts hinterherschaut.

Man spricht nicht über IBUs, über EBCs, über Hefestämme oder Hopfensorten. Man diskutiert nicht über Verkostungsgläser, Schaumstabilität oder retronasale Aromen. Das Bier ist einfach da, wird ohne großes Aufsehen getrunken, ohne langes Nachdenken nachbestellt, bis irgendwann ein langer und feuchter Abend zu Ende geht. Wehe aber dem Wirt, wenn die Bierqualität nicht stimmt. Wenn der Schaum zu schnell zusammenfällt, das Bier muffig riecht, das Glas fettig ist oder – Gipfel des Unglücks – das Bier zu knapp eingeschenkt ist. Dann … ja, dann steht es plötzlich doch im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, das Bier. Dann wird darüber diskutiert, geflucht und dem Wirt, seiner Familie und allen Anverwandten allerhand Schreckliches an den Hals gewünscht.

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die einzigartige Atmosphäre einer Prager Stehbierhalle

Prager Stehbierhallen.

In einer solchen stehe ich jetzt gerade. Einfache und robuste Stehtische. Die Wände mit ein paar Comics und mit zeigerlosen Bahnhofsuhren geschmückt, aber doch sehr einfach wirkend. Unter der Theke, hinter dicken Glasscheiben, sehe ich die Edelstahltanks, aus denen das Bier direkt gezapft wird. Auf der Theke einfache, robuste Biergläser, ein paar weiße Teller, auf denen man eine Brühwurst zum Bier bekommen kann, und hinter der Theke fleißige, in weiß gekleidete Barmänner und -frauen, denen man eigentlich nur zwei Zahlen nennen muss: Wie viele Biere und wie viele Würste es sein sollen, die man jetzt gerne hätte.

Stimmengewirr umgibt mich, ein bunt gemischtes Publikum lehnt sich an die Stehtische. Man diskutiert, albert herum, lacht und trinkt. Auf kleinen Notizzetteln an den Tischen wird die Strichliste der getrunkenen Bierkrüge lang und immer länger. Liter um Liter des hellen Lagerbiers rauscht durch die Kehlen. Ab und an ein Wink in Richtung Theke. Eine Wurst mit etwas Brot und frisch geriebenem Kren darf es jetzt zwischendurch mal sein, ach ja, und dazu natürlich auch gleich noch eine Runde Bier. „Für jeden noch einen Krug, bitte sehr!“

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zum Bier die Brühwurst mit Kren

Auf der großen, schwarzen Kreidetafel stehen Informationen zum Bier. Keine mehrere Dutzend Positionen umfassende Kreativbierliste, wie sie in den Craftbier-Bars so in ist, sondern ganz simpel: Tank Nummer 2 wurde am 25. Januar um 05:14 Uhr befüllt und am 25. Januar um 23:25 Uhr angezapft. Viel frischer kann ein Bier also nicht sein.

Ach, wie man das schmeckt. Ohne zusätzliche Kohlensäure wird das Bier aus dem Tank gezapft, der Schaum ist dadurch feinporiger, das Bier wirkt weicher. Und es rutscht viel schneller. Viel zu schnell ist man schon beim vierten oder gar fünften Krug, wo man sich doch fest vorgenommen hatte, es bei einem oder höchstens zwei zu belassen.

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frisch aus dem Tank gezapft

Ach, jetzt ist es auch egal. Noch eine Wurst, die von einem Landmetzger stammt. Wer will, würde vermutlich noch den Namen der Kuh oder der Sau erfahren können, von dem diese eine Wurst genau stammt. Genau wie der frisch geriebene Kren vermutlich irgendwo aus einem Kleinbetrieb vor den Toren der Stadt stammt.

Natürlich wird die Wurst mit noch einem Krug Bier heruntergespült. Weich und rund, aromatisch und dezent herb, ein bisschen malzig. Das Leben ist schön, die Mädels (oder Jungs) werden mit jedem Schluck hübscher, die Preise sind, obwohl wir uns in einer Millionenstadt befinden, recht niedrig, alles ist so unkompliziert. Lass uns weiter trinken, weiter feiern, den Abend genießen. In einfachem, schlichtem Ambiente, in dem kein Adabei, kein Hipster, kein Rapper meint, mit Äußerlichkeiten auf sich aufmerksam machen zu müssen, sondern in dem es um den Menschen gegenüber geht. Um ein tolles Gespräch, einen netten Flirt, eine spannende Diskussion und um noch ein Bier. Und noch eins.

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Noch ein Bier. Und noch eins. Und noch eins…

Ach, Prag, Du bist wunderschön. Und Deine Stehbierhallen sind einfach einzigartig.

Tschechien könnte mal wieder so schön sein, wenn … ja, wenn ich nicht gerade mitten in München stünde. Nur wenige Meter vom Hauptbahnhof entfernt im Bufet. In einem Stehbierausschank, wie er böhmischer nicht sein könnte. Mit perfekt gepflegtem Bier frisch aus dem Tank, nicht aus Plzeň, sondern aus der Schlossbrauerei Maxlrain, mit Würsten eines Metzgers aus Franken und mit Gästen von überall her. Tschechische Bierkultur mitten in der Hauptstadt Oberbayerns…

Bufet. Wer hätte das gedacht?

Der Stehbierausschank Bufet ist täglich ab 16:00 Uhr, sonnabends ab 18:00 Uhr, durchgehend geöffnet; sonntags ist Ruhetag. Zu erreichen ist diese mitten in München gelegene Perle tschechischer Bierkultur in zwei Minuten zu Fuß vom Hauptbahnhof, in nördlicher Richtung.

Bilder

Bufet
Dachauer Straße 7a
80 335 München
Bayern
Deutschland

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