Restaurace Radniční Sklípek
Kroměříž
CZE

Kroměříž beeindruckt den Besucher mit bunten und reich verzierten Fassaden, frisch renovierten Bürgerhäusern in der Altstadt und einem Blumengarten nach Versailler Vorbild. Eine kleine Perle ganz im Osten Tschechiens, kurz vor der slowakischen Grenze. Das Auge kann sich nicht satt sehen. Mariensäule, Barockbrunnen, gotische Laubengänge, das Erzbischöfliche Schloss mit großem Schlossgarten, überall Barockgiebel mit Sgraffito-Schmuck. So eine kleine Stadt und so viel zu sehen.

Wohltuend schlicht, ja, geradezu nüchtern wirkt dagegen dann die Einrichtung des Radniční Sklípek, des Ratskellers.

Restaurace Radniční Sklípek

„Aha, der Ratskeller“, denke ich, als meine Frau entscheidet „Hier gehen wir jetzt etwas essen, ich habe Hunger!“ In allen Städten Mitteleuropas gibt es einen Ratskeller. Direkt unter dem Rathaus, im Keller gelegen, und so gutbürgerlich, wie es nur gutbürgerlich sein kann. Und speziell in Deutschland dann oft auch schwülstig-überladen dekoriert.

Aber hier, in Kroměříž, entpuppt sich der Ratskeller als ein schlichtes, kleines Allerweltsrestaurant. Einfacher Fliesenboden, die Wände weiß gekalkt. Schon ein wenig Dekoration, auch bunte Fenster, aber alles recht zurückhaltend. Ein Restaurant, wie es hunderte andere zu geben scheint.

Pivní Lístek – die Bierliste

Doch halt, was ist das? Noch bevor die freundliche Kellnerin mit der Speisekarte angeflitzt kommt, habe ich schon den kleinen, in Folie eingeschweißten Zettel auf dem Tisch entdeckt: Pivní Lístek – Bierliste! Sollte denn ausgerechnet hier …? Und in der Tat: Ausgerechnet hier, im schlichten Ratskeller, gibt es eine Auswahl von neun verschiedenen Bieren aus vier kleinen und kleinsten Brauereien und einer Regionalbrauerei. Plus ein Alkoholfreies und ein Radler, aber die zählen nicht.

Weitaus mehr also, als nur die ewig gleichen hellen oder halbdunklen Lagerbiere der großen tschechischen Brauereien, die zwar gut schmecken und süffig sind, aber irgendwann doch langweilen. Nein, vorsichtig-experimentelle Biere von winzigen, unlängst erst gegründeten, aufstrebenden Kleinstbrauereien. Die 1. Selský Pivovárek ist vertreten, eine winzige Brauerei in einem Vorort von Kroměříž, ohne eigenen Ausschank. Die Maxmilian Pivovar, ebenfalls hier aus dem Ort, braut im Hinterhof. Die Zámecký Pivovar, die Schlossbrauerei, aus Břeclav, direkt an der österreichischen Grenze. Und die von zahlreichen Bierfesten bekannte Pivovar Valášek Vsetín. Und für die konservativen, Experimenten nicht zugeneigten Lagertrinker gibt es das Lobkovic 12°. Eigentlich ja auch kein schlechtes Bier.

Ich traue meinen Augen fast nicht. Hier hätte ich das so nicht erwartet. Zumal mit der schönen Auswahl keine große Reklame gemacht wird. Lediglich die schwarze Kreidetafel draußen vor dem Biergarten, an der wir so achtlos vorbeigegangen sind, listet die Biere ganz sachlich auf. Kein „Craftbier-Geschrei“, kein Szene-Getue, sondern eine entspannte und unaufgeregte Selbstverständlichkeit. Hier gibt es halt einfach nur gutes Bier.

die Einrichtung ist so schlicht, dass es fast schon spartanisch wirkt

Es ist der erste richtig warme Frühlingstag, wir waren den ganzen Tag in der Sonne spazieren, und ein wenig brummt uns der Schädel von den ungewohnten Sonnenstrahlen, und so bleibt es bei zwei kleinen Bieren, bevor wir frühjahrsmüde buchstäblich aus den Latschen kippen. Ich entscheide mich für das Polotmavý 13°, das Halbdunkel der Maxmilian Pivovar (leicht karamellig, malzig, rund und süffig), und das Centennial Imperial Pale Lager der 1. Selský Pivovárek, letzteres dezent gehopft, aber dennoch mit feinen, ausgewogenen Aromen des Centennial-Hopfens – ein Beweis dafür, dass man mit den neuen Hopfensorten auch spielerisch-leicht umgehen kann und nicht immer nur gewaltige Hopfenbomben erzeugen muss.

Centennial IPL

Beide Biere also eine schöne Erfrischung, passend zum Wetter und passend zum leckeren und preiswerten Essen. Und dass das Centennial IPL jetzt nicht wirklich stilecht, sondern im rustikalen Glaskrug serviert wurde – nun, was soll’s. Eigentlich unterstreicht das doch nur die Selbstverständlichkeit und Entspanntheit, mit der hier einfach nur gutes Bier serviert wird, ohne ein großes Gedöns rundherum zu machen. Kein Hipstertum, kein Bohei, keine Ah!s und Oh!s beim Servieren, kein Nippen mit abgespreiztem kleinen Finger, kein Dozieren über Geschmacksfehler oder die Jahrgänge des verwendeten Hopfens. Stattdessen: Gutes Bier. Unprätentiös. Wie es mir gefällt.

Das Restaurace Radniční Sklípek, der Ratskeller ist täglich ab 09:00 Uhr durchgehend bis spät abends geöffnet; kein Ruhetag. Lediglich am Sonntag schließt man schon um 18:00 Uhr. Er liegt zentral am Rand des großen Marktplatzes, auf dem man auch parken kann, ist also mit dem Auto gut erreichbar. Bis zum Bahnhof Kroměříž sind es etwa 500 m.

Bilder

Restaurace Radniční Sklípek
Kovářská 20/2
767 01 Kroměříž
Tschechien

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