Český Film
Szczecin
POL

Nachtrag 27. Oktober 2023: Nach einem gemeinsamen Konzertbesuch in der Filharmonia Szczecińska mit unserem guten Freund, dem Bierpapst Conrad Seidl, und seiner Frau steht uns noch der Sinn nach „einem“ guten Abschlussbier. Oder vielleicht sogar zweien, einem nämlich gegen den Durst und einem weiteren für den langsamen und bewussten Genuss.

Vorsichtig tasten wir uns in den Schankraum des Český Film vor. Die in diesem alten Kino herrschende Dunkelheit scheint, wenn man die hell erleuchtete Treppe heruntergegangen ist, jedes Mal wieder undurchdringlich zu sein, aber nach ein paar Minuten, wenn die Augen sich daran gewöhnt haben, wird es besser.

Conrad Seidl und Volker R. Quante

Wir sondieren das Angebot an der Theke und entscheiden uns für das Forest IPA der Brauerei Nepomucen – mit seinen gerade mal 5,5% Alkohol ein hervorragender Kompromiss zwischen „was für den Durst und gegen Dehydration und Unterhopfung“ und „was für die Sinne und den bewussten Genuss“. Wir werden nicht enttäuscht – feine, kräuterige und harzige Aromen, aromatische Terpene wie in einem sonnenbeschienenen Nadelwald. Nicht zu viel, nicht zu wenig – so, dass auch der große und zügige Schluck noch möglich ist, ohne dass die Zunge sich anfühlt, als sei sie in Kolophonium getränkt worden.

Eine gute Wahl zum Auftakt.

Auf der Leinwand läuft heute zur Abwechslung mal kein Trash-Kino, sondern Hochwertiges: Forrest Gump. Es kommt, wie es kommen muss: Wir kucken uns fest. Und so bleibt es nicht bei einem Bier, sondern wir plündern noch den Kühlschrank mit den besonderen Spezialitäten.

Drei im Holzfass ausgebaute Biere von Pinta Barrel Brewing werden es noch:

Das außerordentlich stark von der Brettanomyces-Hefe geprägte, knochentrockene und sehr, sehr saure Crest, ein 5,5%iges, zwölf Monate gereiftes Wild Ale mit zusätzlicher einmonatiger Lagerung mit Polnischen Erdbeeren. Es schmeckt komplex, fordernd, fast schon überfordernd, und offenbart alle möglichen Aromenschattierungen – nur eines nicht: Erdbeeren. Die kommen weder im Duft noch im Flavour vor …

Das deutlich mildere Sauerbier Bloom. Mit 6,5% etwas alkoholstärker, ebenfalls zwölf Monate als Wild Ale gereift, und dann aber noch für weitere vier Monate auf handgepflückten Holunderblüten ausgebaut. Die Komplexität steht dem vorherigen Bier nicht nach, aber es ist gefälliger, nicht ganz so fordernd, und vor allem: Man riecht und schmeckt die Hauptzutat, die Holunderblüten.

Es folgt schließlich noch das ultimative Abschlussbier für heute, das Interlude. Ein Imperial Stout mit Vanille, das zwanzig Monate in Willett-, Buffalo-Trace- und Cognac-Fässern ausgebaut wurde. Sage und schreibe 13,0% Alkohol bringt es ins Glas, und es beeindruckt mit einem wunderbar komplexen Duft. Röstaromen, Schokolade, Kakao, Whisky, Cognac, Vanille – eine begeisternde Fülle. Um so größer ist beim ersten Schluck die Überraschung, dass dieses Bier im Mund von seiner Vieldimensionalität einiges verliert. Immer noch ein vorzügliches sensorisches Erlebnis, aber doch etwas simpler, etwas eingängiger aufgebaut.

Forest IPA; Crest; Bloom; Interlude

Viel zu spät ist es, bis wir uns aufraffen können, das Český Film zu verlassen.

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Nachtrag 31. März 2023: Mit Freunden besuchen wir heute das Český Film – wir wollen ihnen die Skurrilität dieser netten Craftbierbar nahebringen. Und auch wenn bei denen der Funke nicht so überspringt, wie bei uns, so ist es doch ein netter Abend bei interessanten Bieren und – wie immer – uralten klamaukigen Filmen.

Wo sonst bekommt man denn so eine Auswahl:

Maltgarden & Monsters – I Let You Try My Homebrew – New Zealand Pils; Pinta – Belgian Table Beer; Funky Fluid – Frosty Eisbock

Zu Beginn verkosten wir ein New Zealand Pils, und zwar das I Let You Try My Homebrew, das als Collab von Maltgarden und Monsters entstanden ist und uns mit seinen sehr fruchtig-aromatischen Hopfennoten von ausschließlich neuseeländischen Hopfensorten erfreut,

Nicht ganz so begeisternd ist das Belgian Table Beer von Pinta, ein zwar leichtes, aber auch oxidiert schmeckendes Zischbier.

Für den Abschluss suchen wir uns ein Flaschenbier aus dem bunt bestückten Kühlschrank aus: Den Frosty Eisbock der Warschauer Brauerei Funky Fluid, der uns mit seinen zwölf Prozent Alkohol die nötige Bettschwere gibt.

War ja mal wieder spannend …

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Nachtrag 15. Oktober 2022: Es ist noch früh am Abend, als ich das Český Film zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder betrete. Aber alles scheint sehr vertraut. Zehn verschiedene Biere am Hahn (davon zwei tschechische Klassiker als Trinkbiere einfach so gegen den Durst), ein Kühlschrank mit einem bunten Sortiment an Flaschen und Dosen, und vorne auf der Leinwand flimmert heute ein unsäglicher britischer Klamaukfilm mit polnischen Untertiteln.

Die Bierauswahl fällt heute leicht. Da ich wirklich Durst habe, aber keine große Lust auf einen Rausch, fokussiere ich mich auf die durchtrinkbaren, leichteren Biere. Theoretisch könnte ich da das Holba Premium oder das Primator Weizen aus Tschechien nehmen, aber daneben entdecke ich auch das Light IPA PROmotor der Antybrowar aus Łódź. „Light“ in diesem Falle im Sinne von „leicht“, nicht „hell“. Mit gerade mal 4,0% erscheint es mir perfekt als erster Durstlöscher geeignet.

Das Bier ist nicht nur light, sondern auch kräftig trüb. Milchig und satt steht es im Glas; Schaum lässt es vermissen. Naja, ist halt derzeit in Mode, die India Pale Ales möglichst trübe zu machen – so stark, bis sie irgendwann aussehen wie ein Fruchtsaft. Kernig hopfig schmeckt es, und ich muss genau hinschmecken und -riechen, um zu merken, dass es in der Tat ein sehr alkoholschwaches Bier ist. Gut gelungen!

Während ich an meinem Bier herumtrinke, schaue ich mich an dem Klamaukfilm fest. Hanebüchener Unsinn, der da läuft, und man muss schon sehr viel Gefühl für britischen Humor haben, um wirklich umfassend Spaß an diesem Film zu haben. Aber trotz aller Kritik: Jetzt will ich auch wissen, wie er ausgeht, und so brauche ich noch ein zweites Bier, um die Zeit zu überbrücken.

Antybrowar – Light IPA PROmotor; Stu Mostów & Maltgarden – Art+57 Citrus Gose

Das Art+57, eine Citrus Gose, die als Gemeinschaftsprojekt von Stu Mostów und Maltgarden entstanden ist, eignet sich dafür vorzüglich. Mit 4,5% Alkohol ebenfalls nur verhältnismäßig alkoholschwach, aber mit seinen säuerlichen und fruchtigen Noten erfrischend. Kein Problem, auch von diesem Bier ein großes Glas zu trinken, auch wenn die vergleichbar starke Trübung mir zumindest optisch nicht behagt.

Gemütlich verbringe ich so die Zeit bis zum erwartbaren Ende des Films. Das Glas ist noch zu einem Drittel gefüllt, und ich stehe vor der Entscheidung: Schnell austrinken oder weiter genießen, letzteres mit dem Risiko, dass ich mich am nächsten Film auch gleich wieder festkucke.

Die Vernunft siegt. Ich trinke aus. Zwei große und erfrischende Züge, und das Glas ist leer. Heute definitiv die bessere Entscheidung. Obwohl: Die ersten Szenen des nächsten Films, ebenfalls skurriler Humor, sind recht vielversprechend. Vielleicht soll ich doch noch eins … ?

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Nachtrag 19. März 2016: Erneut ist ein Jahr vergangen. Blutrot leuchten die Schilder an den Taps und laden zum Verkosten ein.

blutrot leuchten die Schilder an den Taps

Aber irgendwie mag der Funke diesmal nicht überspringen. Die Auswahl der Biere ist exotisch – kleine und unbekannte Newcomer der polnischen Craft-Szene sind dabei. Aber, vielleicht ist der eine oder andere zu Recht klein und unbekannt, denn exotische Biere mit extremen Zutaten zu brauen ist kein Selbstzweck. Es sollte schon noch schmecken. Der amerikanische Ansatz – gut ist, was extrem ist – ist albern, und schade ist es, wenn aufstrebende polnische Kleinbrauereien diesem Ansatz folgen. Ein Sauer-Ale mit Rauchmalz und extrem fruchtiger Hopfung? Völlig unharmonisch und untrinkbar. Nur hergestellt, damit man sich brüsten kann, etwas getan zu haben, was – leider völlig zu Recht – noch niemand anderes getan hat …

Tja, und wenn dann am Hahn des Český Film die trinkbaren Biere fehlen, die diese Exoten ausbalancieren können, dann ist es nicht ganz so schön, wie es sein könnte. Tolle Atmosphäre, tolle Filme, aber heute nicht so wirklich tolle Biere. Auf ein Neues im nächsten Jahr also?

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Nachtrag 12. und 14. März 2015: Ein Jahr später sind wir hier erneut eingekehrt, diesmal im Rahmen zweier Hausbrauerveranstaltungen. Beide Male war das Český Film bis zum Bersten voll. Die Bierauswahl, wie schon im Vorjahr spannend und lecker. Im Laufe beider Abende wechselte mehrfach die Belegung eines oder mehrerer Zapfhähne, so dass auch die Stammgäste immer wieder in den Genuss eines neuen Biers kommen können.

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Lange Zeit hinkte Stettin ein wenig hinterher – in ganz Polen war die Craftbeer-Revolution schon ausgerufen worden, aber in der Hauptstadt Westpommerns gab es unverändert noch kein Multitap, also keine Gastwirtschaft, die sich darauf spezialisiert hatte, einen repräsentativen Querschnitt der neuen Biere vom Fass anzubieten. Zwar hatte es den einen oder anderen mehr oder weniger lustlosen Vorstoß in diese Richtung gegeben, aber letztlich hatte es sich dabei immer nur um Eintagsfliegen oder Blender gehandelt.

Mit dem Český Film ist dies nun anders geworden. Zwar kann auch diese Bar nicht mit den 57 Zapfhähnen eines PiwPaw in Warschau oder den 30 Zapfhähnen des Omerta in Krakau konkurrieren, aber ein Anfang ist gemacht. Und das noch dazu in einem hervorragenden Ambiente.

Bis zu sechs leckere Craftbiere werden im Český Film derzeit parallel angeboten, dazu ein Kühlschrank voller interessanter Craftbiere in Flaschen aus aller Welt. Aber, und das ist der eigentliche Clou: Es geht hier nicht nur um Bier, sondern auch um eine ganz spezielle Atmosphäre, in der das Bier getrunken werden kann. Um es mit den eigenen Worten der Betreiber zu sagen: „Wir konnten uns nicht so recht entscheiden, ob wie ein Kino oder ein Pub eröffnen sollten. So ist es beides geworden.“

Kino oder Pub?

Der relativ große Schankraum des Český Film wird beherrscht von bequemen Stuhlreihen und einer mittelgroßen Leinwand, wie sie in Programmkinos häufiger zu finden ist; an der Seite befinden sich zahlreiche gemütliche Couchtische mit passendem Gestühl. Der Besucher kann sich entscheiden, ob er sein Bier lieber mit Blick auf die Leinwand genießt, oder ob er das Gespräch mit seinem Nachbarn bevorzugt. Oder ständig wechselt. Oder von Beginn an beides parallel versucht, so wie wir am 15. März 2014.

Die Atmosphäre ist jedenfalls urgemütlich und die Klientel bunt gemischt.

Auf der Leinwand laufen Filmklassiker, ob es nun das Leben des Brian ist, die Blues Brothers, oder etwas modernere Filme. Und dazu gibt es Biere von Pinta, der AleBrowar, der Pracownia Piwa, um nur einige zu nennen.

Das Pub Český Film ist täglich ab 16:00 Uhr geöffnet, sonnabends und sonntags bereits ab 10:00 Uhr. Parken ist in der Nähe im Einkaufszentrum Kaskada problemlos möglich, noch besser ist es, die Straßenbahn zu nutzen, die nur hundert Meter entfernt hält.

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Český Film
Aleje Jana Pawła II 3
70-413 Szczecin
Polen

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