100 nejlepších malých a středních pivovarů. Die hundert besten kleinen und mittleren Brauereien. Der Titel dieses kleinen Büchleins ist Programm: Auf fast 200 Seiten stellt das Autorentrio Vladimír Jindřich, Luboš Y. Koláček und Dušan Spáčil hundert tschechische Kleinbrauereien vor.
Noch vor wenigen Jahren wäre dies unmöglich gewesen, war doch auch Tschechien vom massiven Rückgang des Brauereiwesens betroffen, wie er seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts überall in Europa zu verzeichnen war. Immer weniger Brauereien brauten immer mehr Bier; die Produktion konzentrierte sich auf große Bierfabriken, das Endprodukt Bier wurde immer seelenloser und charakterärmer, wurde zu einem beliebigen Austauschprodukt, das sich nur noch in Verpackung und Werbung, aber nicht mehr im Geschmack unterschied.
Seit wenigen Jahren entstehen als Gegenbewegung überall in Europa, und somit auch in Tschechien, wieder zahlreiche kleine Brauereien. Sei es, dass Hobbybrauer in ihren Kellern und Garagen werkeln, aus ihrem Freizeitequipment Schritt für Schritt eine semi-professionelle Anlage konstruieren und sich dann auf den kommerziellen Markt wagen, sei es, dass Restaurantbetreiber kräftig investieren und ihren Gasthof mit einem eigenen Sudwerk und eigenen Bieren aufwerten, sei es, dass alte und längst stillgelegte Regionalbrauereien wiederbelebt werden.
Aus wenigen Dutzend verbliebenen tschechischen Brauereien sind mittlerweile wieder über 400 geworden, und dann lohnt sich natürlich auch das Unterfangen, von diesen die besten 100 auszuwählen und vorzustellen.
Nach einem kurzen Vorwort des Vorsitzenden des Verbands der Bierfreunde Sdružení Přátel Piva (SPP), Tomáš Erlich, werden in drei großen Kapiteln (Prag und Umgebung; Mähren und Schlesien; Pilsen, Südböhmen und der Rest) auf jeweils einer Doppelseite die Brauereien vorgestellt. Links oben der Name der Brauerei, rechts daneben die Adresse einschließlich Telefonnummer und eMail, daneben das Brauereilogo. Die URL der Website der jeweiligen Brauerei findet sich seitlich um 90° gedreht neben den Text gedruckt. Es folgt ein kurzer, erläuternder Text, oft garniert mit ein paar netten Anekdoten oder Hintergrundinformationen zur jeweiligen Brauerei; es gibt immer auch ein paar Bilder, und zum Abschluss folgt ein grün unterlegter Textblock, der die in der jeweiligen Brauerei hergestellten Biere näher beschreibt.
Nett gemacht – man findet auf einen Blick alles Wichtige, was man benötigt. Das Ganze ist durchgängig farbig gedruckt, auf weißem, mattem und einfachem Papier, klassisch gebunden mit Kartoneinband und Schutzumschlag, beide in Hochglanz.
Ein nettes kleines Nachschlagewerk und eine sehr schöne Anregung, die eine oder andere Brauerei auch einmal vor Ort zu besuchen.
Aber halt – da war doch etwas? Der Mathematiker in mir stutzt für einen Moment. Die hundert besten Brauereien, jede auf einer Doppelseite beschrieben, aber das Buch hat nur 192 Seiten? Da kann etwas nicht stimmen!
In der Tat: Nicht alle Brauereien haben wirklich eine eigene Doppelseite bekommen. Am Ende jedes Kapitels kommt noch ein kurzer Abschnitt A které další pivovary by Vás měly zajímat? Und welche anderen Brauereien sollten Sie noch interessieren? Hier sind zu jeder der drei Regionen noch ein paar Brauereien mit Namen, ein oder zwei kurzen Sätzen und dem jeweils besten Bier aufgelistet – wer mehr Informationen will, ist auf eine eigene Recherche im Internet angewiesen. Waren dies Brauereien, bei denen die Autoren keinen Besichtigungstermin bekommen haben? Oder lief den Autoren die Zeit davon? Drohte der Redaktionsschluss, und es war keine Zeit für eine ausführlichere Beschreibung? Ich weiß es nicht, aber durch diesen kleinen Kunstgriff sind natürlich tatsächlich 100 Brauereien zusammengekommen und der Anspruch des Buchtitels wird zumindest formal erfüllt. Ein kleines Geschmäckle aber bleibt…
Zumal offensichtlich auch noch Zeit und Platz blieben, um auf einer Doppelseite den Verband der Bierfreunde SPP und die von ihm verliehenen Auszeichnungen vorzustellen und dann auf weiteren zwölf Seiten etwas ermüdend die vom SPP ausgezeichneten Brauereien und Biere der Jahre 2011 bis 2014 aufzulisten. Das Ganze auch in recht großen Lettern, raumgreifend, und es drängt sich ein leichter Verdacht der Seitenschinderei auf.
Das ist ein bisschen ärgerlich, gleichwohl kann ich das Büchlein als eine Art Bier-Reiseführer durch die Tschechische Republik empfehlen. Aber Obacht: Es ist natürlich, aus dem Kontext dürfte es schon klar geworden sein, durchgängig auf Tschechisch geschrieben. Wem slawische Sprachen ein Buch mit sieben Siegeln sind, der dürfte somit nur mit den Adressangaben und Bildern zurecht kommen.
Nachtrag 27. August 2017: Kaum hatte ich meine kurze Rezension veröffentlicht, erreichten mich schon die ersten Reaktionen von Bierliebhabern, die mit diesem Büchlein offensichtlich überhaupt nicht zufrieden waren. Und zwar aus gutem Grund – offensichtlich sind es nämlich nicht die 100 besten Brauereien Tschechiens, die hier Aufnahme gefunden haben, sondern die 100 Brauereien, die sich bereit erklärt haben, für die Aufnahme in dieses Buch Geld zu bezahlen. Ich kann es leider, mangels Sprachkenntnissen, nicht wirklich nachprüfen und verifizieren, sondern bin auf die unzufriedenen Reaktionen als Sekundärquellen angewiesen. Sollte es aber stimmen, dann wäre dies in der Tat nicht schön, sondern würde dieses Büchlein zwar nicht wertlos machen, aber doch den Spaß an der Lektüre ganz erheblich reduzieren.
Vladimír Jindřich, Luboš Y Koláček, Dušan Spáčil
100 nejlepších malých a středních pivovarů
Nakladelství BONDY s.r.o.
Praha, 2015
ISBN 978-80-88073-09-3
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