Výtopna Railway Restaurant – Starobrněnská
Brno
CZE

Bist Du ein Bierliebhaber? Na klar, sonst würdest Du diesen Blogbeitrag nicht lesen. Wer tut sich das sonst an und googelt nach Brunnenbräu?

Aber bist Du auch ein Eisenbahnfan? Gehörst Du zu denen, die lieber eine halbe Stunde länger unterwegs sind als mit dem Auto, dafür aber ein besonders komfortables und abwechslungsreiches Reiseerlebnis haben? Die lieber mit einem kleinen Vorortbähnchen fahren, um etwas von der Landschaft sehen und genießen zu können? Und hast Du schon als Kind davon geträumt, im Keller eine große Modelleisenbahn stehen zu haben, und weil das nie geklappt hat, hast Du jetzt eine Jahreskarte für das Miniatur-Wunderland in Hamburg?

Dann wäre das Výtopna Railway Restaurant in Brno vielleicht auch etwas für Dich! Setz‘ Dich einfach im Sommer auf die Terrasse, im Winter in das Restaurant an einen der Tische, bestell bei der jungen und freundlichen Bedienung ein ungefiltertes Mušketýr der Krušovice Brauerei und lehne Dich zurück. Nur wenige Augenblicke später wird ein kleiner Zug an Deinen Tisch fahren und Dir vollautomatisch Dein Bier servieren!

Es ist früher Nachmittag, als wir am 30. August 2017 hier einkehren und uns einen Platz auf der Terrasse suchen. Viele Tische sind nicht besetzt – es ist der ruhige Moment zwischen Mittagessen und Abendbrot. Der Innenhof ist nicht wirklich gemütlich, nur ein schmaler Bereich zwischen zwei Häusern in der Altstadt Brnos. Für einen kastanienbeschatteten bayerischen Biergarten reicht der Platz nicht. Aber man kann sich schön hinsetzen, ist weg vom Trubel der Fußgängerzone und kann sich einen Moment entspannen.

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die Eisenbahn fährt bis in die Küche

Eine Reihe von Holztischen steht hier, und auf jeden führt in der Mitte ein Eisenbahngleis. An der Wand entlang führt die Hauptstrecke, und zwei Abzweigungen gehen in Richtung Küche und Bar. In der Tür zur Bar taucht die junge Kellnerin auf, vor ihr öffnet sich eine Zugbrücke. Ein herannahendes Bähnchen bleibt automatisch stehen, die Kellnerin kann passieren. Hinter ihr schließt sich die Brücke langsam wieder, sie kann zu unserem Tisch kommen und die Bestellung aufnehmen; und das Bähnchen fährt selbständig wieder los.

Wir bestellen uns das ungefilterte Mušketýr. Kein sehr exotisches Bier, aber ein gut trinkbares, leicht herbes Bier. Es ist, obwohl ungefiltert, nur ganz leicht opak – die lange Lagerung lässt das Bier auch ohne Filterung ziemlich klar werden. Und wir sind gespannt, ob es auch ordentlich gezapft serviert wird.

Die Kellnerin verschwindet wieder im Inneren des Restaurants, geduldig wartet sie, bis sich die Zugbrücke geöffnet hat. Bei großem Betrieb braucht sie bestimmt gute Nerven. Die Gäste sind ungeduldig, der Zugverkehr auf der kleinen Bahnstrecke dann recht dicht. Brücke auf, Brücke zu. Jedes Mal ein paar Sekunden warten, obwohl es doch eilig ist…

Wir warten jetzt geduldig auf unser Bähnchen. Wir hören Motorengeräusch, ein Zug nähert sich, unser Enkel macht große Augen, doch … der Zug fährt vorbei und beliefert den Nachbartisch. Oh, eine kleine Enttäuschung. Aber da kommt schon das zweite Bähnchen, und in der Tat, es biegt an unseren Tisch ab, hält vollautomatisch direkt vor unseren Augen. An Bord auf dem Güterwagen: Mein frisch gezapftes Mušketýr und ein Mineralwasser für meine holde Ehefrau, die uns noch heimfahren muss.

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Oh, die Bahn fährt vorbei und an den Nachbartisch!

Lecker schaut’s aus, und lecker schmeckt es auch. Ein solides und sehr süffiges Bier, wenn auch keine exotische Bierspezialität. Groß ist die Bierauswahl hier sowieso nicht, es gibt gerade mal drei Fassbiere und … Heineken aus der Flasche. Puh! An wen auch immer dieses Zugeständnis gerichtet ist. Eigentlich also ein Grenzfall für diesen Bierblog, denn die besondere Biererfahrung liegt hier nur in der Art des Servierens, weniger in der Auswahl oder der Exotik der Biere.

Es ist ein großer Spaß mit den kleinen Bähnchen. Das Essen muss zwar von der Kellnerin gebracht werden, die Teller wären zu groß und würden das System überfordern, aber der Kaffee nach dem Essen kommt wieder mit dem Zug. Zu groß darf die Begeisterung der Gäste aber auch nicht sein. Wer nach Einfahrt des Zuges zunächst beginnt, zu fotografieren oder gar einen kleinen Film zu drehen, darf sich nicht wundern, wenn die Bahn nach kurzem Aufenthalt wieder anfährt und das Bier rasch außer Reichweite gerät. Zügiges Ein- und Ausladen ist also gefragt, die wertvolle Fracht ist rasch zu sichern.

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alle Tische und Plätze sind mit einem eigenen Anschlussgleis erschlossen

Natürlich nehmen die Bähnchen auch das Leergut wieder mit, und irgendwie beschleicht mich der Verdacht, dass es vielleicht doch ganz umsatzfördernd ist: Eigentlich möchte ich ja kein Bier mehr, aber ein kleines bestelle ich mir doch noch, einfach, weil es so nett ist, wenn das Bähnchen vollautomatisch an den Tisch fährt, serviert und hinterher wieder abfährt, ein wenig rangiert und im Inneren des Restaurants verschwindet.

Ein nettes, spielerisches Biererlebnis.

Einziger Nachteil: Die Speisen sind nicht gerade umwerfend. Die Zubereitung ist vom Prinzip her in Ordnung, aber das Fleisch ist nicht wirklich gut. Im auf den Punkt gebratenen Steak waren leider viele Sehnen; im würzigen und scharf angebratenen Burger war das Fleisch grob und sogar etwas knorpelig. Der Koch, so scheint es, könnte besser, es müsste vielleicht eher mal der Metzger gewechselt werden.

Es gibt mittlerweile drei von diesen netten Restaurants, zwei in Prag und eins, das Výtopna Railway Restaurant – Starobrněnská, in Brno. Das in Brno ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. In der warmen Jahreszeit kann man auf der Terrasse sitzen, sonst fahren die Züge die Tische im Inneren des Lokals an. Die gesamte Anlage ist elektronisch gesteuert, die Züge fahren vollautomatisch, alle Plätze im Restaurant und auf der Terrasse sind mit insgesamt 400 m Gleisen erschlossen. Standesgemäß reist man natürlich auch mit der Bahn an, vom Hauptbahnhof Brno sind es dann etwa zehn Minuten durch die schöne Fußgängerzone und über den Zelný Trh, den Kohlmarkt.

Nachtrag 2. September 2018: Als wir mit einer Freundin hier vorbeischauen und uns unser Bier per Bahn servieren lassen wollen, machen wir große Augen und ein enttäuschtes Gesicht: Das Výtopna Railway Restaurant gibt es nicht mehr. Die Räume sind verwaist; die Schienen abgebaut. Schade.

Bilder

Výtopna Railway Restaurant – Starobrněnská
Starobrněnská 339/12
602 00 Brno
Tschechien

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2 Kommentare

    • Hallo, Klaus,

      nach meiner Kenntnis sind die beiden Výtopna-Restaurants in Prag aber unverändert in Betrieb. Vielleicht ist das ja eine Alternative für Dich?

      Mit bestem Gruß,

      VQ

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