„Los, auf geht’s, wir haben noch etwa eine Stunde Zeit, bis das Boot ablegt“, treibe ich unsere Freunde und meine holde Ehefrau an. „Abzüglich fünfzehn Minuten Fußweg bis zum Bootsanleger reicht das, um hier schnell auf ein Bier einzukehren!“
Großen Widerspruch höre ich nicht.
Ich schiebe die Gruppe also vom Strand weg; feinen, weißen Sand hatten wir jetzt genug, er knirscht schon überall, selbst zwischen den Zähnen. Höchste Zeit, ihn fortzuspülen. Drei Minuten Fußweg, in gerader Linie von Virginia Beach’s Neptune Statue weg, und schon stehen wir vor dem Home Republic Brewpub.
Uns begrüßt eine kleine Terrasse, die jetzt, in der sengenden Hitze des Tages leer ist, und darüber ein großes Schild: „Home Republic – Restaurant and Brewery – A Local and Veteran Owned Business“. Joe Curtis, der Eigentümer des Brewpub, hat sich nach seinem Dienst im Marine Corps selbständig gemacht und sich seinen Traum erfüllt: Ein Brewpub nur wenige Schritte vom Strand entfernt, mit guter Küche und einer großen Anzahl spannender Biere. Er stammt von hier, und so kann er auf dem Schild mit zwei Attributen punkten, die in den USA immer gut ankommen: „Local Owned“, also keine gesichtslose Kette, die dahintersteht, sondern ein Kerl aus der Nachbarschaft, und „Veteran Owned“, also betrieben von jemandem, der sich viele Jahre ums Vaterland verdient gemacht hat.
Offensichtlich reichen die beiden Attribute aber nicht, um an einem x-beliebigen Wochentag am frühen Nachmittag das Pub zu füllen, denn nicht nur die Terrasse ist leer, sondern auch der angenehm klimatisierte Schankraum. Als wir ihn betreten und uns neugierig umschauen, sind wir die einzigen Gäste. Dadurch wirkt der langgestreckte Raum natürlich ein bisschen kahl; der flimmernde Fernseher und die Musik im Hintergrund alleine reichen nicht, um Stimmung zu erzeugen – die müssten wir dann schon selber machen…
Wir setzen uns an die Bar und betrachten die Bierliste – sechs Biere sind auf dem laminierten Zettel verzeichnet, den uns das Mädel hinter der Bar in die Hand drückt, aber noch ein paar mehr sind am Hahn. Etwas unübersichtlich gibt die schwarze Tafel hinter der Theke darüber Auskunft.
Na dann: Ohne lange zu überlegen, bestellen wir drei Tasting-Flights, frotzeln noch ein bisschen mit der Bardame, ob sie denn überhaupt genügend kleine Gläschen für so viele verschiedene Bierproben habe, und machen dann große Augen ob der originellen Drahtgestelle, in denen die Flights serviert werden. Robuste Konstruktionen aus schwarzem Stahl halten jeweils vier Gläser und bieten oben noch einen Henkel zum Tragen. Und witzig schaut es auch aus.
Die Biere entpuppen sich als durchaus solide Produkte. Das King Kolsch, ohne Umlaut, dafür aber mit 5,2% Alkohol, trinkt sich rasch und glatt, ohne viel Aufhebens. Zisch und weg. Das Gladiator Session India Pale Ale ist mit 5,0% Alkohol recht leicht für ein IPA, aber dennoch schön hopfig und würzig. Das Juicy Sea Fruit India Pale Ale ist ein NEIPA, der Bierstil, der gerade in Mode ist. Deutlich trüb, fast schon wie der Hefebodensatz aus dem Gärtank, dazu ein fruchtiges, geradezu saftiges Aroma, eine weiche Bitter vom Hopfen, die auf keinen Fall kratzig sein und lange nachhängen darf, und das ganze mit einem soliden Alkoholgehalt vom 7,7%. Gelungen!
Das PB & Oats Stout fällt demgegenüber ein wenig ab, wirkt trotz seiner 6,0% ein wenig wässrig und schmeckt leicht oxidiert. PB steht für Peanut Butter, und vielleicht ist es deren Geschmack, der hier nicht harmoniert. Sehr schön dagegen dann wieder das Blood Orange Sky India Pale Ale, 7,0% Alkohol und viel, viel Frucht.
Das Slightly Sour Ale, 5,4%, ist genau das, was der Name verspricht, nämlich leicht sauer, aber die Säure ist mir persönlich nicht weich genug, nicht so schön kremig wie in manchen belgischen Sauerbieren, insofern bin ich nicht wirklich zufrieden, lasse mich aber vom Galaxy Pale Ale und seiner weichen, fruchtigen Aromatik bei 5,4% wieder versöhnen.
Die Spezialität zum Abschluss bietet auch den geschmacklichen Höhepunkt. Das Salted Caramel Ale fasziniert mit seiner Kombination aus süßem, vollem Karamellgeschmack mit einer leichten Prise Salz. Eine ungewöhnliche Geschmackskombination, und wenn diese beiden Geschmäcker dann auch in eine malzige Biermatrix eingebettet werden, dann kommt die Zunge aus dem Staunen nicht mehr heraus. Gewöhnungsbedürftig, aber sehr ansprechend bei immerhin auch wieder 7,0% Alkohol.
Die Biere entstehen auf einer kleinen Anlage, die am Ende des Raums offen dasteht. Eine Reihe von Töpfen, kleine Gär- und Lagertanks und ein Sammelsurium von Gerätschaften steht und liegt dort einfach herum, dicht an dicht, und es steht zu vermuten, dass, wenn hier gebraut werden soll, erstmal alles auseinandergeschoben und in der hinteren Hälfte des Schankraums verteilt werden muss. Es erinnert noch sehr an eine Hobbybrauerausstattung, wenn auch an einer sehr gute und professionell wirkende.
Wir sind nach wie vor ziemlich allein im Schankraum – lediglich ein weiterer Gast hat sich zu uns gesellt und liest an der Theke die Tageszeitung. Tiefenentspannte Ruhe herrscht. Würde nicht die Bootsfahrt auf uns warten, wir könnten hier, in dieser tiefen Ruhe, noch eine Weile sitzen, ein oder zwei „richtige“ Biere trinken, also in normalen Glasgrößen, vielleicht auch eine Kleinigkeit essen – die Speisekarte lockt mir klassischem Pub-Food, deftig und lecker. Und würde ich hier in der Nähe wohnen, ich käme gerne einmal vorbei, wenn hier gebraut wird, und würde mir dann den Prozess in allen Details anschauen – denn mit diesem Equipment, was hier steht, ist alles noch transparent, das Bier entsteht in echter Handarbeit.
Das Home Republic Brewpub ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; montags und dienstags erst ab 16:00 Uhr. Kein Ruhetag. Zu erreichen ist es in drei Minuten zu Fuß von der Strandpromenade. Einfach direkt an der Neptun-Statue vom Strand weggehen, hinter der übernächsten Kreuzung liegt es auf der rechten Seite.
Home Republic Brewpub
328 Laskin Road
Virginia Beach
VA 23451
USA
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