Wolfgang Benkhardt
Der Zoigl – Bierkult aus der Oberpfalz

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Der Zoigl – Bierkult aus der Oberpfalz

Der Titel des Buches sagt eigentlich schon alles. Hier geht es um den Zoigl, um das in der Oberpfalz hergestellte Bier aus dem Kommunbrauhaus. Um dieses wunderbar-urwüchsige Getränk, das sich mittlerweile zu einem echten Kult entwickelt hat.

Und darunter zu leiden beginnt.

Aber letzteres ist noch nicht Gegenstand des Buchs, das bereits 2009 erschienen ist, ein paar Jahre bevor der Kult rund um den Zoigl überhandgenommen hat.

Ein fester Einband, seidenmatt beschichtet, die rund 250 Seiten auf hochweißem, leicht glänzenden Papier, durchgängig farbig gedruckt – das Buch liegt schon angenehm in der Hand, noch bevor ich angefangen habe, zu lesen.

Ein kurzes, persönliches Vorwort des Autors, dann eine Übersichtskarte der fünf Zoiglgemeinden, in denen bis heute der Zoigl nach den traditionellen Regeln gebraut und ausgeschenkt wird, und eine Seite mit zehn humorigen Regeln für den Besuch einer Zoiglstube bilden den Auftakt des Buchs. Ein Inhaltsverzeichnis vermisse ich zunächst, werde dann aber auf der letzten Seite des Buchs fündig. Gefällt mir nicht – ein Inhaltsverzeichnis gehört an den Anfang, so dass ich mich als Leser zu Beginn darüber orientieren kann, was mich erwartet.

Die ersten Kapitel, deren Überschriften sich zwar eingängig lesen, aber wenig dazu aussagen, was im Text folgt, beschreiben die Geschichte und die Herstellung des Zoigl, und danach folgen, Kapitel für Kapitel, die Zoiglgemeinden Windischeschenbach, Neuhaus, Falkenberg, Mitterteich und Eslarn. Die Kommunbrauhäuser und die teils zahlreichen Zoiglstuben werden detailliert beschrieben und zwischen die Kapitel immer wieder unterhaltsame Anekdoten aus der Geschichte des Zoigl präsentiert.

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Falkenberg

Für den klassischen Zoigl könnte es damit sein Bewenden haben, aber es gibt rund um das Thema noch mehr zu berichten. Es gibt Zoiglstuben, die den Zoigl nicht selber produzieren und im eigenen Keller vergären, sondern ihn nur ausschenken und bei einem der anderen Zoiglwirte kaufen. Es gibt alte Museumsbrauereien, die nur noch einmal im Jahr in Betrieb genommen werden, und es gibt Zoiglwirte, die ihren Zoigl in „normalen“ Brauhäusern herstellen lassen. Irgendwie wird durch diese vielen Randaktivitäten die Kernmarke Zoigl verwässert, könnte man meinen, doch zu einer umfassenden Darstellung gehören diese Aspekte trotzdem unzweifelhaft dazu.

Abgerundet wird das Buch durch eine alphabetische Liste aller Zoiglstuben, aller Hotels, die Zoigl ausschenken sowie einiger, nur sporadisch geöffneter Zoiglstuben.

Unterhaltsame Lektüre, kompletter Überblick und Nachschlagewerk auf Reisen – das Buch ist alles in einem. Kaufens- und lesenswert!

Nur eines konnte es nicht, das Buch. Es konnte nicht verhindern, dass sich der Kult rund um den Zoigl im Zuge der Craftbier-Revolution zu einem Massenphänomen auswuchs. Welches Bier kann denn „craftiger“ sein als ein traditioneller, im Kommunbrauhaus eingebrauter und daheim im Keller vergorener Zoigl? Und so wird die Region mittlerweile von auswärtigen Bierliebhabern geflutet, bis die Einheimischen schon fast keinen Platz mehr in ihren geliebten Zoiglstuben finden. Die Ursprünglichkeit bleibt dabei auf der Strecke, und insbesondere beim Tag der Kommunbrauer in Neuhaus, jedes Jahr am 3. Oktober gefeiert, sind die Einheimischen deutlich in der Unterzahl.

Wolfgang Benkhardt
Der Zoigl – Bierkult aus der Oberpfalz
Buch & Kunstverlag Oberpfalz
Amberg, 2009
ISBN 978-3-935719-57-5

Nachtrag 4. August 2017: Kurz nach Veröffentlichung dieser Rezension ereilte mich ein Hinweis eines niederländischen Freundes, dass der Tag der Kommunbrauer in Neuhaus in 2017 ausfallen wird. Hoffen wir, dass dies nicht schon eine negative Folge des übertriebenen Kults um den Zoigl ist:

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der Tag der Kommunbrauer in Neuhaus fällt für 2017 aus

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2 Kommentare

  1. Der Witz ist, daß die Oberpfälzer selber nicht begreifen, was eigentlich das Zoiglbier ausmacht. Es ist nicht die Region, auch nicht die Besitzverhältnisse der Brauhäuser, sondern daß das Bier halbfertig die Brauerei verläßt und beim Wirt oder privatem Hausbrauer vollendet wird. Schnittstelle ist das Anstellen der Hefe wie es in der Oberpfalz praktiziert wird oder die Nachgärung des Jungbiers, wie es im Hausbrauerland zwischen Forchheim und der Röhn üblich ist. Dort sind im übrigen die wahren Raritäten zu finden, die aber nur wirklich eingeweihten Spezialisten zugänglich sind.

    • Ja, da gebe ich Dir absolut recht, Gernot.

      Das individuelle Vergären bei unterschiedlichen Bedingungen, jeder hat einen anderen Keller, andere Temperaturen, andere Gärgefässe, erzeugt so viel Individualität beim Zoigl. Selbst wenn ein und derselbe Sud geteilt wird. Das gibt es so bei keiner anderen Form der Bierherstellung. Aber darüber wird tatsächlich oft nicht nachgedacht…

      Und das Jungbierfassen und zuhause ausgären lassen, das muss ich mir unbedingt noch näher anschauen, das ist für mich noch eine Bildungslücke.

      Gruß,

      Volker

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