Die Lahnsteiner Brauerei lud am 10. April 2014 zum Jubiläums-Seminar ein – wer hätte vor vier Jahen gedacht, dass es einmal eine 30. Auflage des Lahnsteiner Bierseminars geben würde…
An der wieder deutlich höheren Teilnehmerzahl von über dreißig Personen wurde klar erkennbar, dass sich die Fastenzeit langsam dem Ende zuneigt. Die Nachwehen der Karnevalszeit sind auch am Rhein definitiv vorbei, der Kater auskuriert und der Appetit auf ein leckeres Bier samt interessanten Erläuterungen wächst wieder.
Insofern war dies auch eine schöne Kulisse für eine besondere Ehrung: Seminarleiter und Brauereichef Markus Fohr überreichte einem seiner Mitarbeiter, dem regelmäßigem Seminarteilnehmer Frank Michel, das in der Vorwoche erst erworbene Zertifikat als Bierbotschafter der IHK Koblenz. Michel ließ es sich nicht nehmen, mit den Seminarteilnehmern seine Erfahrungen aus dem Lehrgang kurz zu teilen und später im Verlauf des Seminars auch selber ein Bier zu präsentieren.
Ausschließlich Biere aus deutschen Brauereien standen im Fokus, als das eigentliche Seminar begann – allerdings nicht notwendigerweise auch deutsche Bierstile. Ja noch nicht einmal das sogenannte Deutsche Reinheitsgebot musste beachtet werden.
Bereits der Auftakt, ein kurzer Reigen von vier hauseigenen Bieren der Lahnsteiner Brauerei, machte letzteres deutlich. Waren das Alt und das Zwickel definitiv noch deutsche Bierstile ausschließlich mit den Zutaten Malz, Hopfen, Hefe und Wasser gebraut, wich das Gruitbier schon das erste Mal vom Pfad der Reinheitsgebot-Tugend ab, war es doch mit einer Gewürzmischung („Gruit“) aromatisiert, wie sie in den Jahrhunderten vor dem Siegeszug des Hopfens beim Bierbrauen üblich war – eine vielschichtige und aromatische Mischung unterschiedlicher Kräuter und Beeren. Und auch das Honigbier, das als vierte Lahnsteiner Kostprobe süß und vollmundig daherkam, war zwar lecker, aber nicht reinheitsgebotskonform.
Und das war auch gut so! Biere jenseits des Reinheitsgebots müssen ja nicht gleich industrielle Chemiebiere sein, sondern können sich als Produkte einer kleinen Regionalbrauerei gut und gerne auf natürliche und biologisch wertvolle Zutaten beschränken, die den Geschmack des Biers unterstreichen, verstärken oder erweitern. Kräuter, Gewürze, Beeren, Honig – wunderbare, gesunde Rohstoffe, der Bekömmlichkeit des Getränks zuträglich und ganz einfach lecker.
Für einen kurzen Moment wurde es mit einem Export-Bier der Camba Bavaria Brauerei aus Truchtlaching und einem Kupfer des Willinger Brauhaus dann aber doch sehr konservativ. Beide Biere weich und aromatisch, aber letztendlich ohne Experimente. Und ohne es negativ zu meinen: Beide Biere rissen niemanden vom Hocker. Gute, solide Alltagskost.
Mit dem Coffee Porter der Camba Bavaria änderte sich das wieder. Ein pechschwarzes Bier, gar nicht alkohol-, dafür aber geschmacksstark, mit intensiven Kaffeenoten und einer kräftigen, leicht röstigen und aromatischen Bittere.
Als nächstes ein Bier, das besonders durch sein Etikett auffiel: Das Stefan Dettl Firebeer der Camba Bavaria. Ein psychedelisches Etikett wie aus den sechziger oder siebziger Jahren – Woodstock lässt grüßen. Benannt ist dieses Bier übrigens nach dem Frontmann der bayerischen Band LaBrassBanda, Stefan Dettl, der ganz in der Nähe der Camba wohnt, und nach der feurigen, rubinroten Farbe, daher also Firebeer.
Mit dem Mastrobator Doppelbock (ein Schelm, wer Arges bei diesem Namen denkt) spielte die Camba Bavaria noch ein weiteres, ein letztes Mal für heute auf – kräftig, malzig, mit fast 19% Stammwürze und 8,5% Alkohol ein wahrhaftig mächtiges Bier, das seinem ihm von der Brauerei selbst verliehenen Motto „Schneller am Ziel!“ alle Ehre machte.
Fast hätte man meinen können, nun ginge es nur noch bergab, aber obwohl die technischen Daten in der Tat etwas zurückgefahren wurden („nur“ noch 6,8% Alkohol), vermochte der Schmucker Weizenbock aus dem Jahr 2011 dem Mastrobator geschmacklich locker Paroli bieten. Wuchtige und komplexe Fruchtaromen, die durch die Hefe und die fast dreijährige Lagerung aus dem Bier herausgearbeitet worden waren, begeisterten die Seminarteilnehmer, und auch der Rosé-Bock, ebenfalls aus der Schmucker Brauerei, und ebenfalls aus dem Jahr 2011, überzeugte mit kräftigem Aroma und massigem, gleichwohl gefälligem Körper.
In der Summe ein lehrreiches Seminar, das anhand der insgesamt elf vorgestellten Biere natürlich nur einen kleinen Teil der gesamten Bandbreite deutscher Biere präsentieren konnte – allerdings einen sehr schmackhaften!
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