Horst Dornbusch
Die Biersorten der Brauwelt

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Horst Dornbusch
Die Biersorten der Brauwelt

117 Bierbeschreibungen und Rezepte, wie ein für den jeweiligen Stil typisches Bier in kleinem Maßstab (1 hl oder 20 l) nachgebraut werden kann – das ist schon eine Ansage.

In mühevoller Detailarbeit hat Horst Dornbusch die Bierwelt analysiert und insgesamt genau 117 verschiedene Biere identifiziert, die es wert sind, genauer beschrieben zu werden. 117 mal also das perfekte Rezept, um als Hobby- oder Kleinbrauer Erfolg zu haben und vielleicht sogar auf dem Siegertreppchen eines Brauwettbewerbs zu stehen?

Wohl eher nicht, dazu ist das Endprodukt Bier, erstens, doch zu sehr von Parametern abhängig, die sich nicht in einem Rezept festhalten lassen, schließlich ist doch jedes Sudhaus, jede Hobbyanlage, jeder Kochtopf anders konstruiert. Und, zweitens, ist die Bierwelt im Fluss. Ein India Pale Ale, das noch vor fünfzehn Jahren als extrem bitter empfunden worden wäre, ist mit unveränderten Bittereinheiten heute irgendwo im Mittelfeld angesiedelt – die Verbraucherwartungen haben sich, ebenso wie die Richtlinien, anhand derer die Jurymitglieder im Wettbewerb bewerten, langsam, aber stetig weiterentwickelt.

Und so stellt Horst Dornbusch in seinem ersten Kapitel schon selbst fest: „… dass die meisten Biersorten über Jahrzehnte, wenn nicht über Jahrhunderte gewachsen sind und selbst heute noch im Fluss zu sein scheinen. (…) Im Endeffekt bleibt (…) ein großer Spielraum für subjektive, kreative Entropie.“

Sorgfältig abwägend, immer wieder um inhaltliche Balance bemüht, beschwört der Autor hier die Notwendigkeit, Bierstile zu definieren, um etwas Struktur in das bunte und sich stets weiter entwickelnde Bierangebot zu bringen und dem Verbraucher zu helfen, seinen Erwartungen gerecht zu werden, bei gleichzeitiger Erkenntnis, dass sich eben diese eben auch nicht dauerhaft statisch festhalten lässt. Alle Bierbeschreibungen und Rezepte können daher nur Anhalte sein, keine auf ewig festgeschriebenen exakten Maßstäbe.

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Kapitel 2: „Das Reinheitsgebot contra internationale und historische Biere“

Das zweite Kapitel, „Das Reinheitsgebot contra internationale und historische Biere“, versucht, den Blick über den durch das Reinheitsgebot jahrhundertelang eingeengten Horizont hinaus zu lenken und diesen zu weiten. Ein Balanceakt auch hier, versteht Dornbusch doch einerseits die Marktmacht des Reinheitsgebots anzuerkennen, ohne andererseits und gleichzeitig Biere, die jenseits dieser Einschränkungen entstanden sind, herabzuwürdigen.

Ich habe mich also schon festgelesen, bevor der Hauptteil des Buches begonnen hat. Den Vorbemerkungen des Autors zur ersten und zur zweiten Auflage folgt ein Vorwort der grauen Eminenz des Brauwesens überhaupt, von Ludwig Narziß, dem Professor Emeritus der TU München-Weihenstephan, dann eines von Karl Schiffner, dem 2014 amtierenden Biersommelier-Weltmeister (beide Vorworte enthalten bereits viele interessante und lesenswerte Anmerkungen und Erwägungen), und dann sind wir im ersten Kapitel: „Biersorten sind schwankende Gestalten!“

Ein kleiner geschichtlicher Rückblick folgt noch unter der Überschrift „Braukulturen, Brauverfahren und Sudhauskonfigurationen“, dann ein kurzer Einschub „Historische Brauliteratur“, und dann kommt auf Seite 37 der Hauptteil, die 117 Rezepte. „Rezepturen“ nennt sich dieses Kapitel, und der Haarspalter mag anmerken, dass eine Rezeptur eigentlich der Raum in einer Apotheke ist, in der Arzneimittel nach vorgegebenen Rezepten hergestellt werden, aber die Umgangssprache hat diese Fachlichkeit schon längst hinter sich gelassen und benutzt beide Begriffe deckungsgleich nebeneinander. 117 Rezepturen, also.

Jede beginnt mit dem Namen des jeweiligen Biers, alphabetisch geordnet von Adambier bis Zwickelbier. Es folgen das Ursprungsland dieses Biers, eine sehr kurze Beschreibung, um was für ein Bier es sich handelt, andere Namen für das gleiche Bier und verwandte Bierstile. Nach den „technischen Daten“, also Stammwürze, Restextrakt, Bittereinheiten, Farbe und Alkoholgehalt, wie sie für das jeweilige Bier typisch sind, folgt eine Zutatenliste und dann die Brauanleitung, wie aus diesen Zutaten das fertige Bier entstehen kann.

Würde sich der Hauptteil des Buches nun auf genau diese Informationen zu jedem Bier beschränken, so wäre es ein reines Nachschlagewerk, das der Leser oder die Leserin nur zur Hand nimmt, wenn es um die Realisierung eines der Rezepte geht. Jedes Rezept wird aber glücklicherweise von einem kleinen Abschnitt gefolgt, der unter der Überschrift „Sortenbeschreibung“ Wissenswertes und manchmal auch Anekdotisches zum jeweiligen Bier enthält und das Buch damit lesenswert und lesbar macht. Man kann also in der Tat alle 117 Bierbeschreibungen hintereinander weg lesen, ohne sich zu langweilen und sich nur im Zahlensalat zu verheddern.

Sehr gelungen.

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117 mal eine Kombination aus „technischen Daten“ und Hintergrundinformationen

Insgesamt eine runde Sache, und nur ganz wenige Unstimmigkeiten fallen bei der Lektüre auf. So wird beispielsweise das Icebeer auf Seite 139 beschrieben als ein Lagerbier, dem durch Ausfrieren etwas Wasser, ein paar Eiweiße und einige Hopfenharze entzogen werden, um ein weicheres, milderes Bier zu erzeugen. Der Alkoholgehalt steigt bei diesem behutsamen Verfahren um vielleicht 0,5%. In der Tabelle mit den Bierdaten hingegen ist eine Steigerung des Alkoholgehalts von 5,6% auf über 9,0% angegeben – was nur bei der Produktion von Eisbock der Fall wäre, wenn also durch starkes Einfrieren richtig viel Wasser aus dem Ausgangsbier entfernt wird.

Ebenso nur ein kleiner Lapsus auf Seite 161, wo Kölsch als ein „untergäriges, rheinisches Bier“ bezeichnet wird. Vermutlich einfach nur ein Flüchtigkeitsfehler, der niemandem im Lektorat aufgefallen ist.

Trotzdem aber meine Empfehlung. Viel Information und durchaus auch einiges an Lesevergnügen auf rund 300 Seiten für 24,90 EUR.

Horst Dornbusch
Die Biersorten der Brauwelt
Fachverlag Hans Carl GmbH
Nürnberg, 2014
ISBN 978-3-418-00126-5

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