Esther Isaak:
Die leisen Brauer mag ich so gern

Die leisen Brauer mag ich so gern

Kaum ist unser Thema Diversität, Kreativität und handwerklich Gebrautes, kaum werden unsere Landschaften etwas bunter, die Biere interessanter und köstlicher, da kriechen sie aus ihren Gräben, die Goldgräber, die bisher bestens auf dem Golfplatz untergebracht waren, und unterminieren, nein überfluten, die Branche mit Etiketten auf halbgaren Bieren.

Bar jeder Ahnung von Bier, schreiben sie die gruseligsten Marketinggeschichten, lassen hübsche Etiketten produzieren, geben einer von Pleite bedrohten Kleinbrauerei, meist in Bayern oder Franken, den Auftrag, ein Bier zu brauen, das „halt wie diese Neuen schmecken soll, ein wenig bitterer und soll nach Mango/Maracuja riechen“.

Und dann, dann überfluten sie die Märkte mit infizierten, halbgaren, butterigen Irgendwasbieren, dass unser eins das kalte Grauen erfasst.

Besitzt dann noch jemand die Frechheit, bei Ratebeer offenherzig seine Meinung zum Bier zu äußern, dann wird er mit Sicherheit als Biersommelier beschimpft.

Das ist unsere neue Realität. Menschen, die die Gabe des Schmeckens haben und sie noch einmal geschult haben, werden neuerdings von unseren neuen Goldgräbern beschimpft. Es gibt inzwischen Wettbewerbe, die sich damit brüsten, keinen Biersommelier an Bord zu haben, sondern nur Brauer. Das, meine Herren Möchtegernbrauer ist ein Rückschritt. Das hatten wir bereits über Jahrzehnte. Das Ergebnis muss ich hier nicht darstellen.

Was mich auch, würde ich es hier nicht erwähnen, zum Ersticken bringen könnte, ist die Tatsache, dass neuerdings auf Bierkritik mit der Ausrede brauerseits reagiert wird: Es sei ja auch eher ein Hybrid und damit der kreative Stil des Originals. Merke: Ein Rosinenbrötchen ist nur ein Rosinenbrötchen, wenn es Rosinen hat. Basta.

Würden die Herren mal ein Buch lesen z.B. von einer Biersommeliére, wüssten sie, dass auch dieser Begriff längst belegt ist.

Die neue Craftbierwirklichkeit; und während ich diese Zeilen schreibe, flattert mir die Pressemitteilung zur größten Innovation der Geschichte rein: Das Bier zum Buch: Brauerei Maisel und Cocktailian kreieren India Pale Lager. Was für ein Unsinn! Nichts daran ist neu. Da können wir uns nur mit einem PROTOTYP Lager von dem Biersommelier und Brauer Oliver Wesseloh betrinken.

Früher gingen die Männer gemeinsam ins Bordell und setzten selbiges als Bewirtungskosten von der Steuer ab und die Welt war in Ordnung. Heute wollen sie als Stars gefeiert werden und machen CollaborationSude.

Leider funktionieren die alten Wirtschaftsmethoden mit neuen Etiketten und Begriffen.

Es wird alles gemacht, was die Großen auch machen: Rückvergütungen, Sonderangebote, Mengenrabatte etc. Hauptsache man kann auf Kosten des Verbrauchers ein Star werden.

Denn keiner dieser Glücksritter stellt den Kunden in den Mittelpunkt. Bisher ist er nur das Ziel von Marketingkampagnen, die alles daran setzen, den Genannten zu entmündigen.

Was kann der Konsument machen, um die Spreu vom Weizen zu trennen?

Fragen stellen!

  • Wer hat es gebraut?
  • Wer ist der Markeninhaber?
  • Wo wurde es gebraut?
  • Welchen Bierstil soll es darstellen?
  • Welche Inhaltsstoffe sind angegeben?
  • Schmeckt es mir?

Meine These: Wenn nicht bald Ehrlichkeit mit in den Sud kommt, wird die Bewegung verpuffen wie Fassbrause und Bionade.

Autor: Esther Isaak
wiederveröffentlicht von Bierguerilla
mit freundlicher Genehmigung der Autorin

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