Haus- und Hobbybrauertage 2007
Cunewalde

Von Nassau in die Lausitz und zurück
oder
„Test the West“ und „Kost the Ost“

Im Jahr 2007 führten uns die Haus- und Hobbybrauertage in die Lausitz, nach Cunewalde. Den folgenden Text habe ich für die Vereinszeitung des Vereins der Haus- und Hobbybrauer in Deutschland e.V., den „Schalander“, geschrieben:

„Cunewalde? Wo liegt das denn?“ wird sich im August letzten Jahres so mancher gefragt haben, als bekannt gegeben wurde, wo 2007 die Haus- und Hobbybrauertage stattfinden sollten. Ein Blick in den Atlas zeigte uns: So ziemlich am entgegen gesetzten Ende der Republik – zumindest von uns aus gesehen, aus Sicht der Hausbrauer Nassauer Land. Was uns aber nicht davon abhielt, trotzdem hinzufahren und Deutschland einmal von West nach Ost und wieder zurück zu durchmessen!

Natürlich wollten wir die Gelegenheit auch nutzen, auf Hin- und Rückweg ein paar zufällig am Wegesrand gelegene Brauereien aufzusuchen und zu testen. Gesagt, getan, pünktlich zum frühest möglichen Beginn der Mittagspause um halb zwölf rollten wir in die Erfurter Innenstadt und liefen zum „Erfurter Brauhaus“. An unseren Hemden und T-Shirts wurden wir sofort als Hausbrauer identifiziert, und der Braumeister ließ es sich nicht nehmen, nachdem er eben schnell noch den Läuterbottich ausgetrebert hatte und wir das gute Bier probiert hatten (insbesondere das Weißbier war ausgezeichnet!), uns seine Brauerei samt Lagerkeller in allen Details zu zeigen. Interessant – na klar, wie immer, aber in diesem Fall auch dahingehend überzeugend, dass wir uns einig waren, schon lange keine so blitzsaubere Brauerei mehr gesehen zu haben.

Die nächste Station legten wir bereits in Chemnitz ein – Karl’s Brauhaus stand auf dem Plan. Ein wenig unattraktiv in einem schmucklosen Betongebäude der 60er Jahre gelegen, innen aber urgemütlich. Eine uralt wirkende Brauanlage, offensichtlich schon lange außer Betrieb. Dachten wir jedenfalls – aber weit gefehlt! Unter der uralten Kupferhaube wird fleißig gewerkelt und gesotten, und der Brauer machte stolz mit einer Leuchtreklame auf seinen 1000. Sud vor wenigen Monaten aufmerksam. Leckeres Bier, preiswertes, rustikal-leckeres Essen. Und eine schlechte Nachricht, die uns mit auf dem Weg gegeben wurde: Die Carlsberg-Brauerei hat Karl’s Brauhaus wegen der angeblichen Ähnlichkeit des Namens verklagt und den Rechtsstreit gewonnen. Bis Ende des Jahres muss alles umbenannt werden. Ein Beispiel, wie der mündige Konsument mal wieder von den großen Konzernen für dumm verkauft wird. Nicht nur die Namen sind deutlich unterschiedlich – auch die Bierqualität. Der Biertrinker muss erst noch geboren werden, der das Industriebräu von Carlsberg mit den aromatischen Bieren aus Chemnitz verwechselt … Schade!

Am frühen Abend rollten wir dann bei bestem Wetter und ebenso guter Laune vor der Blauen Kugel in Cunewalde aus. Die Haus- und Hobbybrauer Cunewalder Tal e.V. hatten alles bestens organisiert, der Saal in der Blauen Kugel war perfekt vorbereitet und einladend eingedeckt, und so erlebten wir bei leckerem örtlichem Bier (und natürlich auch schon dem ersten Selbstgebrauten) und kräftiger Brotzeit eine nahrhafte, interessante und reibungslos ablaufende Jahreshauptversammlung des VHD, bei der der Vorstand problemlos entlastet werden konnte.

Die Sonne schien am nächsten Morgen in die erwartungsgemäß etwas verquollenen Gesichter, und während die Cunewalder ihren Trödel- und Hausbrauermarkt aufbauten, teilte sich der Rest der Teilnehmer in drei Gruppen auf. Ein Teil fuhr mit zwei Bussen nach Görlitz um hier die wunderschön renovierte Altstadt zu erkunden und dann auf der Landeskrone die nicht minder eindrucksvolle Landskronbrauerei zu besichtigen.

Eine weitere Gruppe nutzte die Nähe zur sächsischen Landeshauptstadt Dresden und besichtigte das Elbflorenz – wobei auch hier Bier und Kultur Hand in Hand gingen.

Die dritte Gruppe schließlich, die Verkoster, besichtigten Cunewalde mit seinem Auto- und Technikmuseum und der größten Dorfkirche Deutschlands, ließen sich ein leckeres Schnitzel in der „Kleenen Schänke“ schmecken, um so eine gute Grundlage für den Rest des Nachmittags zu haben, und machten sich dann an die Verkostung von insgesamt 29 Dunkelweizen, Export und Porter. Es war wie jedes Jahr wieder sehr schwierig. Bis auf ein oder zwei Ausreißer waren die Biere von durchweg hoher Qualität, und die Ergebnisse sprachen für sich: Zwischen den ersten Plätzen und den unglücklichen Nicht-Platzierten lagen nur wenige Bewertungspunkte.

Nach der Verkostung konnten wir noch die Gelegenheit nutzen, auf dem Trödel- und Hausbrauermarkt das eine oder andere Schnäppchen zu machen und sowohl das Czorne-Biel-Bräu der Cunewalder als auch das Mönchswalder Klosterbier aus dem Nachbarort zu trinken.

Beim Hausbrauerabend in der Blauen Kugel bogen sich die Tischplatten unter der Last des herrlichen Kalt-Warmen-Büffets. Das Bier floss in Strömen, die Stimmung war prima, und die Siegerehrung geriet zu einer fröhlichen Party. Den Siegern in den drei Kategorien einen herzlichen Glückwunsch, und auch allen anderen vielen Dank für’s Mitmachen.

Nach so viel Feiern folgte am Sonntagvormittag noch etwas für die Bildung. Fachvorträge zu den Themen „Geschichte der Braukunst“, „Erfahrungen mit zylindrokonischen Gärtanks“, „Geschichte der Brauereien in Dresden und Ostsachsen“ und „Brauereisterben in Ostdeutschland nach der Wende“ weiteten unseren Horizont, und wir konnten mal wieder mit Fug und Recht behaupten, dass neben Brauen, Essen und Trinken die Weiterbildung auf den Haus- und Hobbybrauertagen nicht zu kurz kommt.

Nun folgte ein rascher, aber doch etwas wehmütiger Abschied. Schließlich lagen noch einige hundert Kilometer vor uns – die erneut mit Brauereibesuchen unterbrochen und aufgelockert werden sollten.

Im Erfurter Waldkasino genossen wir die warme Spätsommersonne im Biergarten mit Blick über Erfurt bei rustikalem Essen, ordentlichem Hausbräu und riesengroßen Eisbechern, und eine letzte Erfrischungspause legten wir ein im Brauhaus Obermühle in Braunfels, wo nach Schließung der kommerziellen Brauerei im Nachbargebäude eine kleine, aber urige Brauereigaststätte aufgemacht hat, die mit flotten Sprüchen und netter Einrichtung auf sich und auf das hier gebraute Schlawinerbier aufmerksam macht.

An dieser Stelle sei den Cunewalder Brauern von ganzem Herzen gedankt – Ihr habt uns Haus- und Hobbybrauertage mit Herz und Seele organisiert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass auch nur einer dabei war, der sich in dieser warmen und freundlichen Atmosphäre nicht von Freitag Nachmittag bis Sonntag Mittag wohl und rundum versorgt gefühlt hat! Super gemacht, liebe Freunde aus dem „fernen Osten“ – die weite Anreise hat sich gelohnt!

Für die Hausbrauer Nassauer Land:
Volker R. Quante

(Auszug aus dem Schalander Nr. 4 – Dezember 2007)

Soweit also der Bericht aus dem Schalander. Und hier geht es zu den Fotos, die ich während dieser Reise gemacht habe:

Bildergalerie

Damit aber noch nicht genug, denn die Haus- und Hobbybrauertage in Cunewalde erregten auch bei den Presseagenturen ein gewisses Echo. Hier ein Bericht vom ddp vom 13. September 2007:

Kühles Blondes trifft cremiges Dunkles

Cunewalde (ddp-lsc). Viel Zubehör wird eigentlich nicht benötigt. Zwei Einkochkessel, der eine oder andere Topf und eine Windel seien erforderlich, um die Geheimnisse des Bieres zu ergründen, sagt der Vorsitzende der Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer in Deutschland (VHD), Dieter Birk. Ein Kühlschrank wäre auch nicht schlecht – zum Lagern des Frischgebrauten. «Und mit ein bisschen Geduld kann jeder seinen eigenen Gerstensaft kreieren», fügt Birk hinzu. Am Wochenende treffen sich die Vereinsmitglieder zu den 12. Brautagen in Cunewalde im Landkreis Bautzen.

Im Gepäck haben die 120 Teilnehmer des bundesweit größten Treffens dieser Art ihre selbstgebrauten Biere. «Es können drei Sorten – Export, Porter und Weizenbier – eingereicht werden», sagt Birk. Eine Jury wird die rund 50 Hopfen-Malz-Mischungen verkosten und bewerten. Gute Chancen bei diesem Wettstreit um die besten kühlen Blonden und cremigen Dunklen rechnen sich die Ausrichter des Treffens aus, der Verein der Haus- und Hobbybrauer Cunewalder Tal.

Wir feiern in diesem Jahr unser zehnjähriges Bestehen und wollten unsere Braufreunde einmal in unsere Region einladen», sagt der Vereinsvorsitzende Mathias Pech. Die Ostsachsen nahmen vor knapp fünf Jahren erstmals Kontakt mit dem Hobbybrauer-Verband auf. Damals seien sie die ersten Interessierten aus dem Osten Deutschlands gewesen, sagt Pech. Und daran habe sich noch nicht viel verändert. «Die meisten Mitglieder kommen aus Franken und Norddeutschland, einige wenige aus Thüringen. Relativ schwach vertreten sich dagegen das Ruhrgebiet und der Osten», sagt der VHD-Vorsitzende Birk.

Der Chef der Cunewalder Hobbybrauer verweist darauf, dass der Pro-Kopf-Verbrauch von Bier in Sachsen höher ist als in Bayern. „Hier gibt es rund 50, dort über 600 Brauereien», sagt Pech. Ihr Entschluss, eigene Gerstensäfte zu produzieren, entstand am Stammtisch, als sie feststellten, dass immer weniger regionale Biere angeboten werden. «Gerade dieses Getränk hat doch Heimat», sagt der zweite Vorsitzender der Cunewalder Hobbybrauer, Burkhard Weiß.

In der Zwischenzeit haben die 24 braufreudigen Sachsen, zu denen ein Diplombraumeister zählt, schon so manchen Sud angesetzt. Allerdings schmeckte bislang kein Bier wie das andere – mit einer Ausnahme. Gemeinsam mit einer Brauerei in Löbau entwickelten sie nach eigener Rezeptur ihre Marke: das «Czorne-Biel-Bräu». Dieses Bier gibt es bei den meisten Getränkehändlern in Cunewalde, und es wird nach Einschätzung der Vereinsmitglieder gern getrunken.

Selbstverständlich geht es den Vereinsmitgliedern auch um Genuss. «Aber eben nicht nur. Eigentlich sind wir wie ein Modelleisenbahnclub – wir basteln immer an unserer Brauereianlage und würden uns nie etwas Fertiges kaufen», sagt Pech und freut sich schon auf die Zeit nach dem großen Treffen. Dann beginnen die Hobbybrauer nämlich in ihrem Vereinshaus mit dem Bau einer größeren Apparatur.

«Wir wollen der Bevölkerung die Kunst des Bierbrauens nahe bringen. Unsere Treffen dienen außerdem dazu, dass sich die Mitglieder aus allen Regionen einmal persönlich austauschen können», sagt Dieter Birk. Der VHD hat knapp 500 Mitglieder. Einen typischen Hobbybrauer gebe es aber nicht, sagt Birk. Zu den Aktivisten gehören Schüler genauso wie Rentner, Ärzte oder Arbeiter. Sie alle führe eine Gemeinsamkeit zusammen, sagt Birk: «Alle sind es leid, ein Massenprodukt aus dem Supermarkt zu trinken.»

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