Michael Rudolf & Jürgen Roth
Die 100 besten Biere der Welt

Ich hasse Bestenlisten. Sie sind albern, pubertär und im Allgemeinen falsch. Insbesondere dann, wenn aus einer unüberschaubaren, gewaltigen und nicht zu bewältigenden Grundgesamtheit, die sich niemandem in Gänze erschließt, ja, gar nicht erschließen kann, die besten Elemente herausgesucht und vorgestellt werden. Der Superlativ drückt es aus: Alles andere, was nicht in der Bestenliste enthalten ist, ist schlecht. Zumindest aber schlechter. Punkt.

Michael Rudolf & Jürgen Roth
Die 100 besten Biere der Welt

Den Gipfel des Unfugs erringen Bestenlisten, die zusätzlich noch das Prädikate „aller Zeiten“ tragen, also postulieren, dass auch in Zukunft nichts auf den Markt kommen wird, dass besser ist, als das, was die Bestenliste beinhaltet. „Aller Zeiten“, also Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft …

Warum also setze ich mich an die Maschine und schreibe über ein Buch, dass dem Titel nach nichts anderes als eine Bestenliste ist?

Weil es einfach gut ist, das Buch. Unterhaltsam. Kurzweilig. Anregend.

Die 100 besten Biere der Welt, also. Und auch wenn der Titel nach Bestenliste klingt, ja, sogar eine verspricht, ist es immer noch besser, als wenn es geheißen hätte „Die 100 besten der Biere, die Michael Rudolf und Jürgen Roth bisher getrunken und zu anderen Bieren in Relation gesetzt haben“.

Hundert Doppelseiten, links jeweils eine kurze Übersicht mit technischen Daten: Name des Biers, Name und Adresse der Brauerei, einschließlich Internetadresse. Stammwürze, Alkoholgehalt. Und darunter zehn bis zwanzig Zeilen Text. Und die haben es in sich, die machen aus einer einfachen Bestenliste ein herrliches Buch.

Lässig mit der Sprache spielend, übertreibend, sarkastisch, anmaßend, ironisch. Mit Anspielungen auf alle Facetten des Lebens. Werbesprech überhöhend und entlarvend, manchmal auch einfach nur entwaffnend ehrlich. Hundert Mal reines Lesevergnügen.

Auf der rechten Seite jeweils ein ganzseitiges Foto der Bierflasche. Perfekt ausgeleuchtet, appetitlich in Szene gesetzt vom Fotografen Ivo Schweikhart.

je Bier eine Doppelseite

Die Texte stammen fast alle aus dem Jahr 2006, als Michael Rudolf dieses Buch erstmalig herausgegeben hat. Die meisten Biere sind auch heute noch auf dem Markt, auch nach zehn Jahren sind die Texte also aktuell. Michael Rudolf hat im Jahr nach Erscheinen des Buchs Suizid begangen, das Buch wurde anschließend abverkauft und zunächst nicht mehr neu aufgelegt.

Erst 2014 kam es erneut auf den Markt, leicht überarbeitet, aktualisiert und ergänzt von Jürgen Roth, Freund und Co-Autor von Michael Rudolf. Er sortierte einige, wenige Biere aus und ersetzte sie durch andere, die auch heute noch erhältlich sind. Und er machte in seinem Nachwort zum Buch deutlich, mit welcher widerwärtigen Dreistigkeit deutsche Bierkonzerne versuchen, satirisch-humorvolle Darstellungen, in denen sie vermeintlich nicht gut wegkommen, zu verhindern. Ich zitiere (mit Wonne!):

„Zehn Biere habe ich (…) herausgenommen. Im Falle von Veltins kam erleichternd hinzu, daß die im Sauerland herumfuhrwerkenden Verantwortlichen darauf bestanden, in einer zweiten Auflage einen eigenen Beitrag, also einen waschechten Drecks-PR-Text zu plazieren.“

Für mich persönlich ein weiterer Grund dafür, dass ich Biere aus Großbrauereien meide und deren Geschäftsgebaren anprangere, wo immer möglich.

Aber zurück zum Buch:

Eine schöne kartonierte Ausgabe, hochwertiges Papier, beste Druckqualität. Ein kleines Büchlein zum Blättern, zur unterhaltsamen Lektüre. Und wer bei dieser, der Lektüre, nicht Durst bekommt und zum Kühlschrank geht, sich ein leckeres Bier einschenkt, dem ist nicht zu helfen.

Michael Rudolf & Jürgen Roth
Die 100 besten Biere der Welt
Oktober Verlag
Münster, 2014
ISBN 978-3-938568-90-3

Anmerkung: Das Buch wurde mir von Jürgen Roth bei einer gemeinsamen Lesung unentgeltlich zur Verfügung gestellt, also geschenkt. Ich habe versucht, mich davon nicht beeinflussen zu lassen.

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