Gansbrauerei GmbH & Co.KG
Neumarkt
DEU

Unmittelbar am Südrand der Altstadt von Neumarkt in der Oberpfalz liegt die Gansbrauerei GmbH & Co.KG. Bis ins Jahr 1580 verfolgt sie ihre Wurzeln zurück, das Jahr, in dem das Gasthaus „Zur Güldenen Gans“ das erste Mal erwähnt wird. Ob es sich dabei bereits um einen Brauereibetrieb handelte, steht nicht zweifelsfrei fest, aber da damals viele Wirtshäuser ihr eigenes Bier brauten (speziell in der Oberpfalz oft im Kommunbrauhaus der jeweiligen Stadt), ist die Wahrscheinlichkeit dafür recht hoch. Definitiv fest steht jedoch, dass die Brauerei seit 1866 von der Familie Ehrnsperger und ihren Nachfahren betrieben wird, und das trotz kriegsbedingter Zerstörungen und Änderungen der Geschäftsform durchgängig bis heute.

Die kupfernen Kessel des Sudwerks aus dem Jahr 1955 leuchten durch die großen Panoramascheiben, als ich am Abend des 15. Dezember 2015 hier in Neumarkt vor der Brauerei stehe. Ein milder Dezember-Abend, fast schon frühlingshafte Temperaturen haben mich auf einem kurzen Bummel über den Weihnachtsmarkt begleitet. Statt nach klebrigen Süßigkeiten und Glühwein steht mir der Sinn aber mehr nach einem würzigen Bier, und so bin ich bis zur Ringstraße gelaufen und stehe nun vor der Brauerei.

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die leuchtenden Kupferkessel

Natürlich hat sie geschlossen, es ist schließlich schon Abend, aber direkt nebenan gibt es den Oberen Ganskeller, in dem das Gansbräu ausgeschenkt wird. Überhaupt scheint die Gans die Stadt Neumarkt zu prägen, gibt es doch neben der Gansbrauerei und dem Oberen Ganskeller noch das Gasthaus Mittlere Gans und schließlich noch den Unteren Ganskeller – wie Perlen auf einer Schnur verteilen sich die drei Gans-Wirtschaften entlang der Nord-Süd-Achse Neumarkts.

Heute Abend aber die Obere Gans, direkt neben dem Sudhaus.

Der gemütliche Schankraum ist gut voll; die rustikal-freundliche Bedienung findet noch einen Platz für mich an einem nicht ganz voll besetzten Tisch. „Leckeren Gansbraten haben wir heute“, empfiehlt sie mir, ganz im stimmigen Bild bleibend. Gansbraten also, in der Oberen Gans, dem Ausschank der Gansbrauerei. Und dazu zunächst einmal ein kleines Helles.

Aromatisch und recht würzig schmeckt es, nicht so süßlich nichtssagend, wie viele andere Bayerische Helle – ich bin positiv überrascht. Zur Gans ziehe ich dann allerdings das Dunkle vor, und bin erneut zufrieden: Würzig, malzig, sehr rund und ausgewogen. Ein guter Begleiter zum Gänsebraten mit Rotkraut.

Die Stimmung bei uns am Tisch ist gut – wir amüsieren uns über die freundliche, robuste, aber etwas zerstreute Kellnerin, die es schafft, bei wirklich jeder Bestellung die Biere durcheinander zu bringen. Fröhlich tauschen wir die Gläser hin und her, beziehen den Nachbartisch mit ein, so lange, bis jeder das Bier hat, was er auch wirklich bestellt hat. Eigentlich prima, diese Zerstreutheit, ist sie doch sehr kommunikationsfördernd und verbindet die Gäste hier am Stirnende des Schankraums.

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Gaststätte „Oberer Ganskeller“

Als drittes Bier für heute verkoste ich das Pilsener. Ein leichter metallischer Hauch stört, aber abgesehen davon ist auch dieses Bier ein würdiger Vertreter seines Stils. Und ein letztes Bier für heute, ein naturtrübes Kellerbier. Aber ach, auch hier wieder die Schusseligkeit der Kellnerin. Sie bringt mir erneut ein Pilsener, und weit und breit jetzt kein anderer Gast, der mit mir tauschen möchte, der ebenfalls das falsche Bier hat. Diesmal hat die gute Dame die Bestellung nicht nur durcheinander gewürfelt, sondern sogar falsch aufgenommen. Ach, sei’s drum. Auch das zweite Pils wird gerne getrunken.

Schade heute nur, dass ich völlig vergessen habe, das berühmte Rotbier der Gansbrauerei zu probieren. Vor drei Jahren hätte es beim European Beer Star einen silbernen Stern bekommen, erzählt mir mein Hotelier am nächsten Morgen beim Frühstück. Zu spät. Leider viel zu spät…

Aber auch so war es ein netter Besuch in der Oberen Gans – gutes Essen, gutes Bier und eine schöne Atmosphäre.

Nachtrag 19. Mai 2017: Nach rund anderthalb Jahren habe ich im Rahmen der alljährlich stattfindenden Tour de Bier die Möglichkeit, die Gansbrauerei GmbH & Co.KG erneut zu besuchen und diesmal auch zu besichtigen. Üblicherweise gibt es hier keine Touren durch das Sudhaus, aber angesichts unserer fachkundigen und begeisterten Gruppe macht die Brauerei eine Ausnahme, und es öffnet sich das große Rolltor, das den Weg zum Sudwerk freigibt.

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die kupfernen Kessel des Sudwerks aus dem Jahr 1955

Während sich Herr Ludwig Lorenz, der uns durch die Brauerei führt, auf dem Weg zum Tor noch eher dumme Fragen gefallen lassen muss („Und Sie sind also der Brauer?“ – „Ja, was glaubt denn Ihr? Vielleicht der Busfahrer?“), wird es angesichts der schönen alten Kupferkessel dann doch rasch fachmännischer. In fast zwei Stunden lernen wir in äußerst unterhaltsamer Weise alle Schritte der Produktion kennen, dürfen unsere Nase überall reinstecken („Ein guter Brauer steckt seinen Zinken überall rein. Meistens riecht man schon, wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist!“), alles anschauen, alles anfassen.

Auch wenn dann gelegentlich die Maske fällt und deutlich wird, dass sich unter der wunderschön nostalgischen Kupferhaube doch Edelstahl und neueste Technik der Firma Steinecker verbergen und auch hier bereits energiesparende Schonkochverfahren („Stromboli“) angewandt werden. Aber dennoch: Es bleibt beim alten, überlieferten Produktionsprozess. Jeder Sud wird im Dekoktionsverfahren eingebraut, es wird also ganz klassisch ein Teil der Maische entnommen und aufgekocht, um so die Stärke besser aufzuschließen und andere Aromastoffe aus dem Malz freizusetzen.

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zeitgemäße Technik hinter nostalgischer Fassade

Der Aufwand beim Brauen ist groß, aber hoher Personaleinsatz und eben dieser Aufwand führen dazu, dass die Biere der Gansbrauerei GmbH & Co.KG als die handwerklich besten der Stadt gelten, und wenn man Herrn Lorenz lauscht, dann bekommt man den Eindruck, dass er die Mühen, die der Brauprozess mit sich bringt, nicht nur nicht scheut, sondern sogar genießt. Angesichts einer Fachdiskussion über Grünschlauchen versus Ausgären und Speisegabe lässt sich einer von uns Hausbrauern zu der leichtfertigen Aussage hinreißen, das ständig notwendige Ausspindeln beim Grünschlauchen sei nervig und anstrengend, und wird sogleich freundschaftlich, aber entschieden abgewatscht: „Zu anstrengend? Ja, was glaubst denn Du? Brauen ist Arbeit. Wenn’s Dir zu viel ist, dann lass es halt sein! Zwingt Dich doch keiner, Du kannst Dein Bier doch auch hier kaufen, dann hast Du gar keine Arbeit.“

Die zwei Stunden vergehen wie im Flug. Jeden einzelnen Produktionsschritt hat Herr Lorenz humorvoll begleitet, und auch wenn er von Beginn an lamentiert, dass er wegen eines Anschlusstermins gar keine Zeit habe und wir spätestens nach einer Stunde fertig sein müssen, stellt er sich allen Fragen. Diskutiert mit uns die Wasserhärte, die Hopfensorten, den Malzeinsatz. Erklärt, dass er nur untergärig braue, stellt uns jede Biersorte mit ihrer Charakteristik dar, lässt uns natürlich alle Sorten auch probieren und stellt uns gleich zu Beginn drei volle Bierkästen auf die Rampe – „Öffner habt Ihr ja hoffentlich selber, oder?“

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die alten Lagertanks

Eine Brauereibesichtigung, die sich deutlich von anderen unterscheidet. Keine Routine, keine schon hundert Mal abgenudelten Sprüche, keine Multimedia-Schau, sondern echte Eindrücke aus dem Alltag des Brauers, aber eines Brauers, der – ob ihm das so bewusst ist? – ein begnadeter Selbstdarsteller ist. Seine pantomimische Vorführung, wie breit der Geschmack eines Bieres werden kann, das nur im Infusionsverfahren hergestellt wird, und wie es dann im Hals kratzt, stellt viele „Stand-up Comedians“ im Privatfernsehen in den Schatten. Wir sind begeistert.

Im Anschluss bietet uns der Obere Ganskeller dann noch die Möglichkeit, die anderen Biersorten in Ruhe und aus dem Fass zu verkosten und dazu lecker zu essen.

Die Gansbrauerei GmbH & Co.KG hat ihren Rampenverkauf montags bis donnerstags von 07:00 bis 17:00 Uhr geöffnet, freitags von 07:00 bis 15:00 Uhr. In den Sommermonaten ist zusätzlich noch sonnabends von 09:00 bis 11:00 Uhr geöffnet. Der Brauereiausschank Oberer Ganskeller direkt nebenan ist täglich von 09:30 bis 23:55 Uhr geöffnet; sonntags nur bis 22:00 Uhr; kein Ruhetag. Durch die Lage direkt am Rand der Altstadt sind Brauerei und Ausschank problemlos mit dem Stadtbus zu erreichen; auch Parkplätze gibt es in unmittelbarer Umgebung.

Bilder

Gansbrauerei GmbH & Co.KG
Ringstraße 4
92 318 Neumarkt
Bayern
Deutschland

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2 Kommentare

  1. Servus,

    ein sehr herzlich geschriebener Artikel zu unserer schönen Brauereiführung. War sehr lustig mit Euch, mußte
    aber kräftig lachen. Ich heiße nicht Ludwig sondern Armin Lorenz.

    Also mutig weiterbrauen
    bleibts alle gesund

    Euer Armin von der Gansbrauerei

    • Oh, oh! Wie konnte das passieren? Das muss wohl am herrlichen Gansbräu gelegen haben. Etwas zu viel davon erwischt, und schon ist das Gedächtnis beeinträchtigt.

      Danke für den freundlichen Hinweis, und ich werde dann mal überall „Ludwig“ durch „Lorenz“ ersetzen.

      Fröhliche Grüße in die Gansbrauerei,

      Volker

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