The Doric Arch
London
GBR

Euston – der große Bahnhof. Durchlaufstelle für alle, die London entfliehen möchten und per Bahn abreisen wollen. Ein bunter Trubel, für sich alleine schon sehenswert. Ganz im Gegensatz zur Architektur des Bahnhofs, allerdings. Die hat gar nichts Sehenswertes mehr an sich – und zwar schon seit rund fünfzig Jahren nicht mehr. Damals hat man den schönen alten Bahnhof abgerissen und zweckmäßig, effizient und hässlich wiederaufgebaut. Eine typische Bausünde der sechziger Jahre.

Insbesondere ging damals das schöne Eingangstor zum Bahnhof verloren, nämlich der Euston Arch, oder auch Doric Arch genannt, eigentlich gar kein richtiges Tor, sondern ein Propyläum, aber auf den Unterschied achten wohl nur Fachleute.

Heute, fünfzig Jahre nach seinem Abriss, trauert man dem Doric Arch nach, und es hat sich sogar eine Initiative gegründet, die die Bruchstücke des alten Tors aus dem Prescott-Channel, in den sie damals achtlos entsorgt worden waren, herausfischt und sie wieder zusammenfügen möchte. Ob’s klappt? Wer weiß.

das Wirtshausschild
„The Doric Arch“

Vorerst muss man sich mit der Erinnerung an das Tor begnügen, und die wird unter anderem vom Wirtshausschild des Pubs The Doric Arch aufrechterhalten. Gegenüber dem neumodischen, hässlichen Bahnhofseingang liegt dieses Pub an einem kleinen Fußgängerdurchlass. Türkisfarbene Fensterrahmen, eine schmucklose Fensterdekoration und ein weiß gefliester Vorraum mit alten Bahnhofsschildern wirken noch nicht wirklich einladend, aber passiert man diesen Vorraum und geht die Treppe in das Obergeschoss hoch, kommt man in ein urgemütliches Pub.

Wohnzimmeratmosphäre wie es sich für ein englisches Pub gehört empfängt den Gast. Bücherregale, Sitzecken, Tische, Stühle, bequeme Sessel und Sofas – für jeden Geschmack findet sich ein Winkel, eine Ecke, um sich hinzusetzen und sein Bier zu genießen.

Ich stelle meinen Koffer ab und schaue auf die Uhr: Noch eine Stunde bis zur Abfahrt – das ist genug für eine gemütliche Pause. Ich schaue die Bar entlang und zähle rund fünfzehn Bierpumpen sowie ein paar Zapfhähne für normale Continental Lagers. Nach kurzem Überlegen entscheide ich mich für das Citra von Oakham Ales und bestelle mir noch ein Sandwich dazu.

Wohnzimmeratmosphäre

Während das Sandwich eher überteuerte Dutzendware ist, schmeckt das Citra Ale hervorragend. Wie der Name schon ahnen lässt, dominiert das intensive Zitrus- und Mango-Aroma des Citra-Hopfens sowohl den Geruch als auch den Geschmack. Trotz der nur 4,2% Alkohol hat das Bier einen recht kräftigen Körper und balanciert so die Bittere des Hopfens sorgfältig aus. Es ist immer wieder überraschend, wie die Engländer so viel Geschmack und Fülle in ihre Biere bekommen, ohne gleichzeitig den Alkoholgehalt gewaltig erhöhen zu müssen. Hut ab!

Die Zeit reicht noch für ein zweites Bier, und angesichts des niedrigen Alkoholgehalts brauche ich auch kein schlechtes Gewissen haben, am Nachmittag schon mein zweites Pint zu trinken. Ich entscheide mich für das Island Records Session IPA – diesmal nicht vom Cask gepumpt, sondern mit Druck aus dem normalen KEG gezapft. Trotzdem ein leckeres Bier. Nicht ganz so fruchtig-zitrusig-stechend wie das Citra, sondern eher rund und ausgewogen in seinen Aromen, etwas harziger die Bittere, dafür aber mit einer stärkeren Spundung und spürbarer Kohlendioxid-Schärfe. Etwas, das nur im direkten Vergleich mit einem Cask-Ale auffällt. Gleichwohl, ein gutes Bier, und erneut viel Geschmack für gerade einmal 4,5% Alkohol.

Dekoration für Pufferküsser und Trainspotter

Es ist noch nicht allzu viel los am frühen Nachmittag. Der eine oder andere Reisende sitzt hier und wartet auf seinen Zug, aber auch Pendler kommen nach der Arbeit auf ein rasches Pint, trinken im Stehen an der Bar und gehen genauso rasch wieder. Alles ist ruhig und entspannt. Halblaute Gespräche, Zeitungsrascheln, von der Bar gelegentlich ein Gläserklirren.

Die gute Stube im sonst so hektischen Bahnhof Euston.

Das Pub The Doric Arch ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend bis 23:00 Uhr (sonntags bis 22:30 Uhr) geöffnet; kein Ruhetag. Als Wohnzimmer des Bahnhofs Euston ist es natürlich am besten per Bahn (Fernzüge) oder der Tube (Victoria-Line und Northern-Line) zu erreichen, zahlreiche Busse und die London Overground halten hier ebenfalls. Das eigene Auto ist in London jedoch nie eine Alternative.

Bilder

The Doric Arch
1 Eversholt Street
Euston Square
London, NW1 1DN
England
Großbritannien

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