Oh, wie mir das manchmal auf den Keks geht…
Zugegeben, Sprachpuristen mögen behaupten, dass es in Ordnung ist, so zu verfahren, aber irgendwie empfinde ich es trotzdem als Rosstäuscherei, und ich ärgere mich immer, wenn ich dadurch enttäuscht werde oder Zeit verliere oder sogar beides…
Worum es geht?
Ich befinde mich mal wieder – so wie eigentlich ständig, in meinem reiselustigen Leben – auf der Fahrt von A, dem Ausgangspunkt, über B, das Zwischenziel, nach C, dem Ziel der Reise. A ist dann meistens mein Wohnort, C mein privat oder beruflich vorgegebenes Reiseziel. Oder umgekehrt. Dann ist A die temporäre Hotel-Unterkunft, und C mein Wohnort. Aber B ist eigentlich immer gleich. B ist eine Brauerei als Zwischenziel, die möglichst nahe an der Verbindungsstrecke zwischen A und C liegt, die ohne großen Umweg erreichbar ist, und die mir die Möglichkeit gibt, eine kleine Pause zu machen, etwas zu trinken, etwas zu essen und meinem Hobby zu frönen.
Manchmal wird B spontan definiert, wenn mich der kleine Hunger packt und ich rechts ran fahre, um auf dem Smartphone zu erkunden, wo denn die nächstgelegene, an eine Brauerei angelehnte Verpflegungsmöglichkeit ist. Oft ergeben sich dann ganz spontan sehr schöne Bier-Erlebnisse.
Oder B ist von langer Hand geplant, wenn ich also vorher schon weiß, wo ich um die Mittagszeit sein werde, oder wenn ich eine bestimmte Brauerei „schon immer einmal“ sehen wollte. Dann ist das Bier-Erlebnis nicht ganz so spontan, aber ebenfalls meistens sehr schön.
Manchmal aber, so wie es am 1. Mai 2015 passiert ist und dann dazu geführt hat, dass ich mich innerlich aufgeregt habe – manchmal aber kommt es ganz anders:
Ich befinde mich zwischen A und C, freue mich auf B, und das Navi verkündet freudestrahlend, dass die Fahrtstrecke über B leider mit guten anderthalb Stunden Stau beaufschlagt ist. Es schlägt mir eine Alternativroute vor, oder ich suche sie mir selber, und es geht kreuz und quer durch die Provinz. Und dann kommt der spannende Moment: Aus dem Augenwinkel erhasche ich den Schriftzug „Brauhaus“. Irgendwo scheint da im Unterbewusstsein ständig eine Routine im Hintergrund abzulaufen, die alles, was meine Augen erfassen, auf einige, wenige Schlüsselwörter scannt*. Fast schon automatisch lenke ich das Auto an den Straßenrand, kehre um und suche das Schild. Wo war es doch gleich?
Hier und heute war es in Bad Urach. „Brauhaus“ hatte da gestanden, ich bin mir ganz sicher. Langsam rolle ich die letzten paar hundert Meter wieder zurück. Da, da ist es, das Schild. Einmal außen um den Busbahnhof herum, und dann sehe ich durch die Regenschleier das „Brauhaus“ vor mir – Brauhaus Bad Urach.
Freudestrahlend wirbt es mit Veltins und mit Aktien Landbier Fränkisch Dunkel…
Ein Fake-Brauhaus also. Ich zücke das Smartphone, checke im Internet, und finde meine Vermutung bestätigt. Keine Brauerei, noch nicht einmal eine Bar mit einem beeindruckenden Bierangebot, sondern lediglich eine Kneipe, die mit einer Kupferkesselhaube an der Theke Brauerei-Atmosphäre simuliert, ansonsten aber eher dem Industrie-, dem Fabrikbier frönt.
Meine Güte, wie geht mir das auf den Keks!
Dafür hätte ich jetzt doch nicht umdrehen und zurückfahren müssen. Wo ich durch den Stau doch sowieso schon so viel Zeit vertan habe…
Angesichts des strömenden Regens verlasse ich mich auf die Angaben im Internet, verifiziere die Informationen nicht erst noch persönlich. Nur, um mich zu vergewissern, jetzt durch den Regen laufen, vielleicht noch sich genötigt fühlen, doch ein Veltins zu bestellen? Nein, wirklich nicht.
Ich lasse den Motor wieder an, lasse das „Brauhaus“ „Brauhaus“ sein und rolle weiter, meinem Ziel C entgegen. Vielleicht erlaubt die Stausituation ja doch noch das Erreichen des eigentlichen Zwischenziels B, das ursprünglich einmal geplant war…
Und ja, liebe Sprachpuristen: Ich weiß, ein Brauhaus ist nicht dasselbe, wie eine Brauerei. Gerade im Kölner Raum liebt man es ja auch, jeden Bierausschank gleich Brauhaus zu nennen. Ähnlich wie in Frankreich, wo sich jede Kneipe, die nicht nur Rotwein und Pastis im Angebot hat, sondern auch ein Bier, gleich Brasserie nennt. Und doch fühle ich mich, gelinde gesagt, in die Irre geführt, veräppelt.
Das Brauhaus Bad Urach, soviel sei der Vollständigkeit halber denn doch gesagt, liegt direkt am Busbahnhof von Bad Urach, mithin mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos zu erreichen. Kommt man mit dem Auto, so kann man direkt gegenüber gebührenfrei parken (mit Parkscheibe).
Brauhaus Bad Urach
Beim Tiergarten 18
72 574 Bad Urach
Baden Württemberg
Deutschland
* Eine kleine anekdotenhafte Fußnote sei mir noch gestattet. Bin ich der einzige, dem es ab und an auch mal wie folgt ergeht? Ich stehe irgendwo in einer Innenstadt, die Ampel ist rot, alles ist zu gestaut. Zentimeter um Zentimeter geht es voran. Plötzlich taucht rechts ein Schriftzug auf. Ein großes „B“ ist zu sehen. Ein paar Zentimeter voran, „BR“. Eine Ampelphase später, weitere zwanzig Zentimeter, „BRA“. Noch ein Stückchen, „BRAU“, und mein Herz beginnt zu klopfen. Jetzt, jetzt springt die Ampel auf Grün, ich rolle los, und im Nu sehe ich den ganzen Schriftzug: „BRAU…“, na, „BRAUTMODEN“. Ach! Und der Puls verlangsamt sich schlagartig wieder…
hallo, die Uracher Pseudo- Brauerei hatte schon einen Vorgänger und hieß
ab 1988 Original Bad Uracher SCHÄFER – BRÄU Bad Uracher Bräuhaus
es gab bedruckte Biergläser, erst später erfuht ich, daß der Lohnsud von Quenzer kam .Als diese 2002 aufhörten soll Stuttgarter Hofbräu (Radeberger)
den Kundenstamm übernommen haben. (vielleicht auch den jetzigen Lohnsud ?
Übrigens war der Schäferkarren beschriftet mit SCHÄFER- BRÄU
Grüssle aus Waiblingen
Herzlichen Dank, Bernd, für diese zusätzliche Information! Prima!
Mit bestem Gruß,
VQ