Pivovar Lužiny
Praha
CZE

Lužiny? Eigentlich nichts weiter als ein Stadtteil, eine Satellitensiedlung am Rande Prags. Und das gleichnamige Einkaufzentrum in dieser Satellitensiedlung. Kein riesiges, gewaltiges Erlebniszentrum, in dem man einen eintägigen Urlaub mit der Familie verbringen könnte – nein, diese Sorte Einkaufszentren steht weiter draußen, auf der grünen Wiese. Aber doch eines, in dem man alles bekommt, was man braucht, und das Ganze in einer angenehmen Atmosphäre.

Einschließlich eines guten Biers.

In der dritten Etage findet sich nämlich am Ende der Ladenstraße eine kleine Brauerei, die Pivovar Lužiny.

Schon von weitem macht sie mit ihrem eigenen Design auf sich aufmerksam, setzt sich mit ihren Grün- und Grautönen von den Ladengeschäften schon optisch ein wenig ab.

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merkwürdige Pastelltöne

Das eigentlich nur ganz dezente Pastellgrün der Außenwände wird durch die Wärmeschutzverglasung des Einkaufszentrums, durch das die Sonnenstrahlen ihren Weg suchen, zu einem intensiven Türkis, ein merkwürdiges Farberlebnis. Im Eingang zum Schankraum stehen fünf Quader, Dominosteinen gleich, und verengen den Zugang, machen den Schankraum etwas gemütlicher und dienen gleichzeitig als Werbeträger für die hier gebrauten Biere. Und dahinter sieht man schon die liegenden Ausschanktanks der Brauerei.

Wir gehen an den Dominosteinen vorbei und betreten einen recht großen Schankbereich, der aber so unterteilt ist, dass man die Größe nicht sofort spürt und auch rasch vergisst, dass man mitten in einem Einkaufszentrum sitzt. Der Trubel bleibt draußen.

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Dominosteine

Die jungen und durchweg sehr freundlichen und aufmerksamen Kellner und Kellnerinnen flitzen rasch zwischen den Tischen hindurch – es ist gerade Mittagszeit, und das preiswerte Tagesmenü lockt Mitarbeiter und Kunden der umliegenden Geschäfte und Büros alle zur gleichen Zeit in die Brauerei. Für einen Moment herrscht ein großer Ansturm.

Die junge Dame, die für unseren Tisch zuständig ist, bleibt trotzdem die Ruhe selbst. Geduldig wartet sie, bis wir uns durch die tschechischsprachige Speisekarte gekämpft haben und unser Essen und – natürlich! – das Bier bestellt haben. Während sie dann an der Theke mein Bier zapft, haben wir einen kleinen Moment der Ruhe und können uns umsehen. Sowohl die Theke als auch die Wände des Schankraums sind mit einer stilisierten Skyline verziert. Ob sie in der Tat die Silhouette des Satelliten-Stadtteils Lužiny mit seinen Plattenbetonbauten abbildet, oder ob es eher eine künstlerisch freie Gestaltung ist, bleibt jedoch offen.

Jetzt kommt aber mein Bier, das Jantarové, also das Bernstein. Die Farbe stimmt, kräftig bernsteinfarben steht das Bier im robusten Glaskrug, darüber eine feste Schaumdecke und ein kerniger, kräftiger Geruch. Am Hopfen wurde offensichtlich nicht gespart. Ein erster Schluck: Ja, in der Tat. Das Bier ist kräftig gehopft, mit einer kernigen Bittere. Leider aber auch ein wenig kratzig, nach dem Schluck bleibt die Bittere etwas zu lang am Gaumen haften und wirkt ein wenig rau. Trotzdem kein schlechtes Bier, und zum deftigen Mittagstisch ist das Glas auch blitzschnell geleert.

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Blick auf die liegenden Ausschanktanks

Während meine holde Ehefrau sich auf einen starken Kaffee freut, gönne ich mir – gewissermaßen als Nachtisch – noch ein zweites Bier, und zwar das Lukas, ein Single Ale. Angeblich wird es jedes Jahr im September gebraut, und zwar nur mit frischem, grünem Saazer Hopfen, der noch nicht getrocknet wurde. 5,4% Alkohol hat es und einen feinen, intensiven Geruch – grasig, heuartig, ein paar Kräuter. Auf der Zunge dann durchaus kräftig bitter, aber mit einem vollen und frischen Aroma und – vor allem! – ganz weich. Die Bittere ist bei weitem nicht so kratzig und nachhängend wie beim Jantarové, ganz im Gegenteil. Die Hopfenaromen umschmeicheln den Gaumen, und die Bittere bleibt gerade so lange haften, dass sie Durst auf den nächsten Schluck macht.

Serviert wird das Lukas im Verkostungsglas, im TeKu-Pokal. Einerseits sehr sinnvoll, denn so kommen die feinen und kräuterig-grasigen Hopfenaromen, die dieses Bier zu einem besonderen machen, erst so richtig zur Geltung. Andererseits – wenn schon jeder kleine Schluck so richtig Appetit auf den nächsten macht, dann wäre ein großer Krug oder ein Willibecher auch nicht schlecht. Dann könnte man einen kräftigen Zug nehmen.

Eine sehr schöne Kombination aus vielfältiger und spannender Aromatik, die es wert ist, ganz langsam verkostet zu werden, und ausgeprägter Süffigkeit oder, wie es neuerdings heißt, Drinkability. Gerne also ein Halbliterglas, rasch gefolgt von einem zweiten oder gar dritten.

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Lukas, das Single Ale

Schade, dass man diese Balance zwischen Degustationsbier und Durstlöscher so selten findet. Wie oft sind die Degustationsbiere zu heftig, ermüden rasch und hinterlassen einen bereits nach wenigen Schlucken ob der Macht der Sinneseindrücke erschöpften Verkoster, und wie oft sind im Gegenzug die Trinkbiere einfach nur langweilig, verdienen nicht mehr, als nebenbei ohne weitere Aufmerksamkeit weggetrunken, ja, geradezu weggesoffen zu werden. Warum nicht öfter einmal ein schönes Gleichgewicht wie hier? Ein Lob an den Brauer Michal Novotný und seine junge Kollegin Adéla Smetáková.

Für heute gehe ich also durchaus zufrieden wieder zurück zum Auto. Die Brauerei selbst habe ich zwar nicht zu sehen bekommen, lediglich den Restaurantbereich, die Bierbar, den Biergarten und die Ausschanktanks, aber dafür habe ich ein richtig schönes Bier genießen dürfen. Während meine Frau ab jetzt das Steuer übernimmt, darf ich auf dem Beifahrersitz die Augen schließen, noch ein wenig zurückdenken, an die feinen Aromen des grünen Saazer Hopfens, an den frischen Geschmack des Lukas Single Ale und an die nette junge Kellnerin mit ihrem bezaubernden Lächeln…

Die Pivovar Lužiny ist täglich von 10:30 bis 23:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Bei gutem Wetter ist auch Biergartenbetrieb mit Selbstbedienung vor der Bierbar. Mit der Metro, Linie B (die gelbe), erreicht man das Einkaufszentrum nebst Brauerei problemlos; die Haltestelle Lužiny ist direkt vor dem Eingang zur Ladenstraße.

Bilder

Pivovar Lužiny
Archeologická 2256/1
155 00 Praha
Tschechien

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