Manchmal kann der erste Eindruck aus dem Internet dann doch ein wenig täuschen.
Waren wir eben noch durch Kroměříž gebummelt, haben den schönen Marktplatz und die wunderhübschen Fassaden der Bürgerhäuser rund um den Markt bewundert, die letzten Sonnenstrahlen des Tages genossen und es uns einfach nur gut gehen lassen, so sind wir jetzt auf dem Weg zum Restaurace U Lva, dem Restaurant Zum Löwen, etwa 800 m vom historischen Marktplatz entfernt.
Eine ordentliche, solide Reihe von Zapfhähnen soll es dort geben, versprachen die Bilder im Internet, die ich bei einer schnellen Suche nach Bier in Kroměříž auf meinem schlauen Telefon gefunden habe.
Und in der Tat: Als wir den zwar schmucklosen – aber das hat in Tschechien absolut nichts zu sagen, oftmals sind es die schmucklosesten Gebäude, die dann die besten Bierbars beherbergen – Bau betreten, sehen wir gleich auf den ersten Blick an der hinteren Wand die Theke mit einer schönen Batterie von einem Dutzend Zapfhähnen.
Beim Näherkommen macht sich aber Ernüchterung breit. Einige der Zapfhähne sind abgeklemmt, es ist kein Fass angeschlossen. Sie werden nicht „bespielt“, wie ich eigentlich sagen müsste, um mit der Hipster-Mode zu gehen, und statt eines Dutzend verschiedener Biere gibt es derer nur fünf. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, so sind zwei dieser fünf auch noch, nun ja, vielleicht keine schlechten Biere, aber doch immerhin Allerweltsprodukte – Radegast und Pilsner Urquell. Gute Biere, gewiss, aber hier, in Tschechien, gibt es sie an jeder Straßenecke, in jedem Kiosk, in jedem Supermarkt, nix Besonderes also.
Bleiben also nur noch drei Biere als echte Auswahl übrig – ein Zwölfer von Maxmilian, einer kleinen Brauerei vor den Toren Kroměřížs, und zwei etwas leichtere Elfer, eines ebenfalls von Maxmilian, das andere von Rychtář.
Ein Maxmilian darf es dann also sein, das Zwölfer, ein Halbdunkles. Ein unauffälliges Zischbier. Süffig, leicht malzig, nicht zu hoch gespundet – ein typisches Bier der Region für den großen Durst.
Letzterer ist in der Kneipe reichlich vorhanden, denn auf dem großen Flachbildschirm läuft live die Fußballübertragung Pilsen gegen Prag. Es ist voll, es ist laut, es ist bunt. Bei jedem Eckstoß, Foul oder gar Tor herrscht ohrenbetäubender Lärm. Für uns, die wir mit Fußball nichts, und mit einem innertschechischen Match schon gleich überhaupt nichts im Sinn haben, nichts, was uns begeistern könnte. Stören tut’s zwar auch nicht wirklich, wir lassen den Fußballfans gerne ihren Spaß, aber nichts, das uns mitreißen könnte.
Wir belassen es heute also bei einem einzigen Bier. Was sich wie die Versprechung eines kleinen, bierigen Goldkörnchens las, hat sich in der grausamen Realität als ganz normale, uninteressante tschechische Vorstadtkneipe entpuppt. Witzig, wenn man hier wohnt und die Nachbarn trifft, völlig belanglos, wenn man von außerhalb kommt.
Pech gehabt.
Wer sich’s trotzdem mal näher ansehen möchte, bitte sehr:
Das Restaurace U Lva ist täglich ab 10:30 Uhr durchgehend geöffnet. An bis zu zwölf Zapfhähnen wird Bier ausgeschenkt, nicht zwingend aber zwölf verschiedene Marken. Die Speisekarte verspricht solide, tschechische Hausmannskost. Parkplätze gibt es direkt vor der Tür; bis zum Bahnhof Kroměříž ist es rund ein Kilometer Fußweg.
Restaurace U Lva
Velehradská 4248/24a
767 01 Kroměříž
Tschechien
Be the first to comment