Als am 17. März 2013 im alten Straßenbahndepot, der Stara Zajezdnia, in Krakau eine Gasthausbrauerei eröffnete, waren die Hoffnungen groß. Wie lange hatte es in Krakau nur eine einzige Gasthausbrauerei gegeben, die C.K.Browar, und die noch dazu mit recht langweiligem Bier… Gespannt hatte man in den Monaten vorher verfolgt, wie das Depot renoviert und behutsam umgebaut worden war, wie die wunderschöne Halle zwar in ihrem Inneren komplett erneuert wurde, die Fassade und das Tragwerk jedoch als Denkmal erhalten blieben. Ein riesiger Festsaal ist so entstanden, geeignet für Versammlungen, Kongresse, Firmen- oder Familienfeiern, Konzerte…
Vor dem Depot, in dem kleinen Verwaltungsgebäude, entstand ein Ausschank mit Restaurantbetrieb; ausgeführt wie die große Halle in Fachwerk mit Ziegelfüllung, und so im Retro-Industriestil ansprechend und gemütlich.
Hinter der Stara Zajezdnia steht die Kette Hotele DeSilva, ein halbes Dutzend guter bis sehr guter Hotels in Polen, und so war von Anfang an klar, dass die Gasthausbrauerei sehr professionell aufgezogen würde.
Betritt man mit diesen großen Hoffnungen das kleine Restaurant vor dem Depot, so wird man unweigerlich bestätigt und enttäuscht zugleich – zumindest erging es mir am 3. Dezember 2014 so. Bestätigt, denn die Atmosphäre ist sehr schön, die Bedienungen außerordentlich freundlich und aufmerksam und das Essen für einen sehr fairen Preis ausgezeichnet. Enttäuscht aber auch, denn die Bierauswahl ist zwar auf den ersten Blick groß, aber auf den zweiten Blick zeigt sich Langeweile.
Langeweile in den Bierstilen, denn neben Hellem, Dunklem und Weizen gibt es lediglich die in Polen so beliebten Biere mit süßlichen, fruchtigen Aromen – während meines Besuchs Ingwer, Honig und Pflaume. Keine spannenden Biererlebnisse, also. Und Langeweile schließlich auch bei der Interpretation der klassischen Stile. Das Helle glatt und unauffällig, schwach gehopft, mild, etwas süßlich. Das Dunkle leider gerade aus. Das Weizen spritzig zwar, aber ohne kräftige Bananennoten, ohne Körper, ein Allen-wohl-und-niemand-weh-Bier. Die aromatisierten Biere zwar ohne größere Geschmacksfehler, aber auch ohne Mut. Zarte Ingwer-Noten, ohne Schärfe; dafür der Honig recht dominant und süßlich; das Pflaumen-Bier rund und glatt. Nur keine Experimente. Hätte nur noch gefehlt, die aromatisierten Biere schon von Anfang an mit einem Strohhalm zu servieren.
Es ist zwar nett, dass man die Biere auch auf einem Bierbrett als Tester bestellen kann und dann von jeder Sorte etwa 200 ml bekommt, aber es bleibt ein unbefriedigendes Gefühl. Mehr Mut, mehr Abwechslung, mehr Innovation, möchte man dem Brauer zurufen.
Die große Halle ist nicht für regulären Restaurantbetrieb geöffnet, sondern nur für Veranstaltungen. Wenn man Glück hat und kurz vor einer Veranstaltung kommt, dann kann man in die Halle hinein gehen und das dort stehende Sudwerk betrachten. Ein klassisches Zwei-Geräte-Werk, schön kupferverkleidet, aber in der gewaltigen Halle ein wenig verloren am Rande stehend. Wieviel besser käme es im Restaurantbereich zur Geltung… Die Gär- und Lagertanks hinter der langen Theke, durch kleine Sichtfenster im Fachwerk zu sehen, aber ebenfalls nicht wirklich zur Geltung kommend.
In Summe eine Brauerei, in die man eher der schönen Restaurantatmosphäre und des guten Essens wegen einkehrt; das Bier und das Sudwerk sind lediglich eine Dreingabe. Schade. Und insofern fühlten sich viele Krakauer nach dem 17. März 2013 auch eher enttäuscht von ihrer zweiten Gasthausbrauerei.
Die Stara Zajezdnia ist täglich ab 15:00 Uhr geöffnet, sonnabends und sonntags bereits ab 12:00 Uhr. Sie liegt am Südrand der Altstadt des Krakauer Stadtteils Kazimierz, nur etwa 150 m von der alten Synagoge entfernt und ist somit problemlos mit allen innerstädtischen Verkehrsmitteln zu erreichen.
Stara Zajezdnia Kraków by DeSilva
ulica Świętego Wawrzyńca 12
31-060 Kraków
Polen
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