Legenda Sörfőzde Pub
Budapest
HUN

Legenda – der Name ist Programm. Behaupten jedenfalls die Bierfans aus Ungarn und die, die schon einmal in Ungarn waren und sich dort durch die Welt der neuen Biere getrunken haben. Legenda – die Legende unter den neuen ungarischen Brauereien.

Einerseits schraubt das die Erwartungen natürlich enorm hoch, andererseits weiß ich auch, dass zumindest die Flaschenbiere der Brauerei Legenda Sörfőzde in der Tat spannend und abwechslungsreich sind – hat mir doch ein ungarischer Arbeitskollege von seinen Heimatreisen immer mal wieder ein paar Kostproben mitgebracht.

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das Legenda Sörfőzde Pub

Jetzt stehe ich also mit meinen Erwartungen und meiner holden Ehefrau, nun, zwar nicht direkt vor der Brauerei, aber immerhin vor dem brauereieigenen Legenda Sörfőzde Pub in der Kiraly-Straße, mitten in Budapest, und übereinstimmend sind meine bessere Hälfte und ich der Meinung: Noch einen zweiten Patzer sollte sich Budapest an unserem ersten Abend besser nicht erlauben. Die Enttäuschung eben im Rizmajer Sörház – Blaha, wo der Funke einfach nicht überspringen wollte, ist noch zu frisch in Erinnerung.

Wir drücken die Tür auf und blicken zunächst auf ein paar Malzsäcke von Weyermann, die als Trennwände zwischen dem Eingangsbereich und den ersten Sitzgruppen dienen. Darüber hängt eine schwarze Tafel, eng beschrieben mit für uns – leider! – unentzifferbaren Hinweisen auf das Bierangebot. Und direkt vor uns: Die Theke.

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Malzsäcke und Biertafel

Ein kunterbuntes Durcheinander. Eine Theke, wie sie entsteht, wenn man ohne durchdesigntes Konzept, ohne echten Plan, die Unordnung einfach wachsen lässt. Kein Dreck, kein Chaos, nein, das nicht, sondern einfach nur eine gewachsene Unordnung. Hier ein kleines Hinweisschild, dort ein paar Flaschen. Daneben eine Dekoration aus Sachen, die ein Gast vielleicht irgendwann einmal hiergelassen hat. Als Erinnerung an einen besonders tollen Kneipenbesuch, möglicherweise. Zwischen vielen handgeschriebenen und nur zum Teil laminierten Zetteln findet auch noch ein kleiner bunter Weihnachtsbaum seinen Platz neben den Zapfhähnen, und dort, wo die Barfrau ihr kleines Reich verlassen und gegebenenfalls die Tische abräumen gehen kann, stehen auf der Theke noch ein paar Körbe mit Knabbereien. Erdnüsse, Chips, getrocknete Tintenfischringe. Ein liebenswertes, buntes Durcheinander. Zeugnis davon, dass hier nicht das Design, sondern die alltägliche Kneipenkultur regiert.

Das macht es sympathisch!

Wir suchen uns ein Plätzchen im hinteren Bereich des Schankraums, in einer kleineren Nische, und während es sich meine holde Ehefrau bequem macht, gehe ich an die Theke und besorge uns zwei leckere Biere. Wobei das leichter klingt, als es ist. Zum einen ist die Auswahl ziemlich groß, und zum anderen tragen die Biere teilweise wunderbare Fantasienamen, die aber wenig Rückschlüsse auf ihren Bierstil oder ihren Geschmack erlauben. Oder wenn, dann entschließt es sich mir zumindest nicht auf Anhieb – Ungarisch spreche ich nämlich nicht.

Die freundliche Barfrau kommt aber mit Englisch ganz gut zurecht, und gemeinsam stottern wir uns durch die Bierliste. Nach spannender Diskussion ende ich mit einem Kojo no Tsuki und einem Black Jack.

Ersteres ist ein American Pale Ale, das unter Zugabe einer japanischen Zitronensorte eingebraut wurde. Lediglich 4,5% stark, mit einem spannenden, zitrusbetonten Aroma, aber leider ein wenig rau und tendenziell eher kratzig in seiner Bittere. Trotzdem ein durchaus leckeres Bier.

Deutlich besser das Black Jack, ein Black IPA, also ein schwarzes India Pale Ale. Der lebende Widerspruch in der Stilbezeichnung, denn ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass ein Bier nur entweder black, schwarz, oder pale, bleich, sein kann, aber nicht beides. Aber egal. Wichtig ist, dass es schmeckt. Ein feines, hopfenbetontes und herb-fruchtiges Aroma, im Mund dann ganz leichte Röstaromen, die die Bittere des Hopfens schön ergänzen. 8,2% Alkohol machen es nicht gerade zu einem erfrischenden Durstlöscher, aber definitiv zu einem feinen Genussbier.

Ein schöner Auftakt also, und die warme einladende Eckkneipen-Atmosphäre dieser kleinen Bar trägt das Ihrige dazu bei, dass wir noch sitzen bleiben wollen.

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einladende Eckkneipen-Atmosphäre

Ich gehe also noch einmal an die Theke und hole zwei weitere Biere, das Kelet Indiai Társaság und das TriplaX. Das erste ist ein klassisches India Pale Ale, also im britischen Stil gebraut, mit britischen Hopfen, die ihm eher harzige, erdige Aromen verleihen als fruchtige. Die Hopfenbittere ist prägnanter, gleichwohl dominiert sie nicht das gesamte Geschmackserlebnis, da das Bier auch noch einen recht kräftigen Malzkörper hat. Ein schönes Bier. 6,5% Alkohol. Eigentlich ja recht stark …

… eigentlich!

Denn das TriplaX stellt es mit Leichtigkeit in den Schatten. Denn dieses Apátsági Trappista Világossör, das helle Trappistenbier, wartet mit sage und schreibe 12,0% Alkohol auf. Wir befürchten das Schlimmste – spritigen, alkoholischen Geschmack, eine untrinkbare Schärfe, Geruch nach Lösungsmitteln. Aber weit gefehlt. Sauber gebraut, feine phenolische Komponenten, wie man sie in einem belgischen Abteibier erwartet, ein runder, saftiger Malzkörper und eine komplexe Fruchtigkeit mit Noten roter und schwarzer Trockenfrüchte. Der Alkoholgehalt ist spürbar, aber nicht in seiner Schärfe, sondern dadurch, dass er wärmt. Schon nach wenigen Schlucken röten sich die Wangen. Ein schönes Biererlebnis für einen kalten Winterabend. Wer solch ein Bier hat, der braucht weder Punsch noch Glühwein!

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die Wandbemalung animiert zum längeren Verweilen

Noch einige Biere mehr hätten wir hier verkosten können, aber nach dem TriplaX trauen wir uns nicht mehr so recht. Was jetzt noch kommt, kann damit in Stärke und Komplexität wohl nicht konkurrieren. Ein Weilchen sitzen wir noch, genießen die gemütliche Eckkneipenatmosphäre, die eine Bierbar zum zweiten Wohnzimmer machen kann, bevor wir ohne Hast wieder aufbrechen und uns wieder die kalte Dezemberluft um die Nase wehen lassen.

Eine nette Bierbar, nicht weit vom Zentrum. Eine empfehlenswerte Adresse.

Das Legenda Sörfőzde Pub in der Király-Straße ist täglich ab 12:00 Uhr durchgehend geöffnet; sonntags ist Ruhetag. Zu erreichen ist es recht problemlos mit der Straßenbahn, die Linien 4 und 6 halten an der Kreuzung Erzsébet krt. und Király u., nur etwa 150 m entfernt.

Bilder

Legenda Sörfőzde Pub
Király u 78.
1068 Budapest
Ungarn

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