Ein junger Brite, David Twigg, und eine junge Ukrainerin, Iryna Twigg, die sich in Italien kennen gelernt haben, gründen zusammen mit einer Polin, Paulina Golec, eine Brauerei. Das ist Europa!
Die Browar Twigg ist im Juli 2014 mit dem ersten Sud in Betrieb genommen worden. In einem Industriegebiet im Nordosten Krakaus, in einer riesigen Halle, die noch viel Erweiterungspotential bietet, steht die etwa 25 hl pro Sud produzierende Brauerei noch etwas verloren herum. Auf den drei mit Holz verkleideten Geräten entstehen im klassischen englischen Infusionsmaische-Verfahren derzeit vier verschiedene Biere, die sowohl auf Einweg-KEGs, sogenannte Petainer, als auch auf Casks und auf Flaschen gezogen werden.
Noch etwas improvisiert, noch gar nicht auf Besucher eingestellt, sucht David erst einmal ein geeignetes Gefäß, um mich verkosten zu lassen. Nach ein wenig Herumkramen kommt er mit einer Teetasse aus Glas, den anderen beiden, zufällig zur gleichen Zeit angekommenen, britischen Besuchern drückt er verlegen je eine Porzellantasse in die Hand. „Was anderes habe ich gerade nicht zum Zwickeln, wir bekommen noch nicht so viele Besucher…“
Vorsichtig zapft er einen Schluck des gerade einmal seit ein paar Tagen im Tank gärenden IPAs, der Yakima Queen ab. „Ein American IPA, also eher fruchtig, und nicht so erdig wie die englischen Sorten.“ erklärt er. „Mit Yakima, Amarillo und Simcoe gehopft.“ Ich nehme einen Schluck. Noch recht hefig, und auch die fruchtigen Hopfennoten kommen noch nicht so ganz deutlich heraus, dafür ist das Bier noch zu jung. Aber es ist vielversprechend, rund, ohne Geschmacksfehler. Ein paar Tage noch, und es wird prima!
Im zweiten Gärtank ein Dunkles Mild, May Day. Ebenfalls noch sehr hefig, noch sehr jung. Aber ebenfalls vielversprechend. Feine Hopfenbittere, dezent und gut trinkbar.
Mehr Gärtanks stehen noch nicht im Sudhaus. „Und wo sind dann die anderen Biersorten? Du hast doch vier verschiedene erwähnt?“ frage ich ihn. „Klar. Das Coffee Stout, Black Rob ist im Flaschenfüller. Können wir aber auch probieren.“ lautet die trockene Antwort. Also, zum ersten Mal in meinem Leben bekomme ich ein Bier aus dem Flaschenfüller „gezwickelt“. Ein ganz neues Erlebnis, aus der Zwischenwelt zwischen Jungbier und Flaschengärung. Ein wenig Friemelei ist es, bis das Bier endlich in meiner Tasse ist. Davids Ehefrau Iryna steht lachend daneben und amüsiert sich über seine Verrenkungen. Aber der Aufwand hat sich gelohnt. Ein dezentes Kaffeearoma, ein etwas intensiverer Kaffeegeschmack zeichnen das tiefschwarze Stout aus. Fein!
Mittlerweile ist Paulina dazugekommen, sieht meine Begeisterung, und eigenhändig etikettiert sie mir eine frisch abgefüllte Flasche Black Rob, die sie mir feierlich überreicht: „Für zuhause!“
Die beiden britischen Gäste sind ungeduldig: „Da war doch noch von einem vierten Bier die Rede!“ Aber auch das bekommen wir noch zur Verkostung, allerdings nicht gezwickelt, sondern aus der Flasche: Es ist nämlich schon abgefüllt worden. Aber die Flaschengärung hat noch nicht eingesetzt. Etwas müde und schaumlos dümpelt das Pale Ale Anzus in der Tasse. Geruch und Geschmack sind schon in Ordnung, aber es braucht noch einige Tage in der Flasche, um sich weiter aufzukarbonisieren und an Spritzigkeit zu gewinnen.
Aber alle vier Biere sind in Ordnung, keine Geschmacksfehler, alle gut trinkbar. Da sind wir drei Besucher uns einig. David, Iryna und Paulina strahlen!
Es ist noch ein weiter Weg bis zum Erfolg – gerade ein paar Monate ist die Brauerei erst alt. Erste Fässer sind schon bis Posen, Warschau und Danzig geliefert worden, Gespräche mit weiteren Pubs laufen, und auch in der Region gibt es erste Kontakte mit Abnehmern, die die Biere regelmäßig in ihr Angebot übernehmen wollen.
Die notwendige Begeisterung für das Bier ist da, alle drei sind engagiert und schauen optimistisch nach vorne. Platz für größeren Erfolg ist auch da – die Halle bietet jede Menge Raum für Erweiterungen.
Ich wünsche den Dreien noch viel Glück, nehme mir von jeder Sorte ein paar Flaschen mit. Auf Wiedersehen auf einem der nächsten Bierfeste hier in der Region? Schön wäre es!
Danke für einen netten Besuch und eine freundliche Aufnahme.
Die Brauerei Twigg hat keinen eigenen Ausschank; sie produziert für Wiederverkäufer und Gastronomie, hat aber seit ein paar Tagen auch eine Konzession für den Direktverkauf, Öffnungszeiten auf Anfrage. Man kann vor der Brauerei parken und sein Bier direkt in den Kofferraum laden, aber auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist es machbar. Zwar ist es weit draußen, aber von der Haltestelle Makuszyńskiego der Straßenbahnlinien 122, 138 und 422 sind es nur 300 m zu Fuß.
Browar Twigg sp. z o.o.
ulica Makuszyńskiego 4a
31-752 Kraków
Polen
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