17th Beerfest Olomouc 2018
Olomouc
CZE

Seit 2001 findet jeden Sommer das Beerfest Olomouc statt, heuer also zum 18. Mal. Deswegen nennt es sich auch 17th Beerfest Olomouc 2018. Und verwirrt damit alle Besucher, die nicht aus Tschechien stammen und daher deren manchmal etwas merkwürdige Nummerierung nicht kennen.

Wie die Organisatoren in ihrer Pressemitteilung glaubhaft versichern, weiß jeder Einheimische, das mit 17th natürlich der 17. Jahrestag, der 17. ročník, gemeint sei, und somit das erste Bierfest seinerzeit vor 17 Jahren die Nummer 0 tragen würde. Zum 1. ročník 2002 sei es also das zweite Bierfest gewesen, und nun eben der 17. ročník, also das 18. Bierfest.

Aha.

Meinetwegen…

Aber so richtig von Jahrestag darf man sowieso nicht sprechen, schließlich findet das Festival mal früher, mal später im Jahr statt. Das 15th Beerfest Olomouc 2016, also das 16., war im September, es wurde am Abend schon recht früh dunkel und romantische Stimmung kam bereits auf, als viele Gäste gerade erst noch in den Bereich der alten königlichen Festung hineinströmten.

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eine lange Schlange am Eingang

Heute, am 25. Mai 2018, scheint es jedoch gar nicht dunkel werden zu wollen. Der Frühling zeigt sich von seiner allerbesten Seite, schon den ganzen Tag scheint die Sonne, nur ab und zu wandern ein paar kleine, weiße Wölkchen über den strahlend blauen Himmel. Um elf Uhr vormittags war der Einlass bereits geöffnet worden, und als wir am frühen Abend nach langem und geduldigem Stehen an der Abendkasse endlich durch das kleine Tor kommen, stellen wir fest, dass der eine oder andere Gast gewaltiges Durchhaltevermögen beweist. Krebsrot gebrannte Schultern, ein hochroter, verschwitzter Kopf und eine imposante Sammlung von geleerten Plastikbechern zeugen von enormem Konsum. Da trifft es sich gut, dass die Veranstalter in diesem Jahr Strohhüte als Souvenir vom Fest anbieten, und manch früher Gast macht den Eindruck, dass er ohne einen solchen Souvenir-Strohhut den Tag in der Tat nicht überstanden hätte.

Während meine holde Ehefrau am großen Grillstand eine ordentliche und solide Grundlage für den Abend zusammenstellt, gehe ich einmal die Stände ab. Einige neue Brauereien sehe ich, der Trend zu lokalen und kleinen Brauereien hat Tschechien mittlerweile voll erfasst. Im Schnitt entsteht jede Woche irgendwo in diesem kleinen Land eine neue Brauerei; die Gesamtzahl geht bald auf die 500 zu.

Im Gegensatz zum nördlichen Nachbarn Polen gehen es die kleinen Newcomer aber geruhsamer und weniger experimentierfreudig an. Überschlägt man sich im Norden mit der Verwendung exotischster Zutaten, so offenbart hier im Süden schon das Brauen eines American Pale Ales oder gar eines India Pale Ales den rechten Abenteurer am Sudkessel.

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ein bunter Reigen kleiner, lokaler Brauereien

Aber dafür sind die Biere hier in Tschechien alle auch recht gut trinkbar. Sind die exotischen polnischen Sude mit Knoblauch, Kaffeebohnen, Mate, Hering oder irgendwelchen tropischen Blüten oftmals nur beim ersten Schluck interessant und spannend, ermüden den Genießer dann aber recht schnell, wenn es heißt, ein ganzes Glas davon trinken zu müssen, so sind die eher konservativen Biere hier in Tschechien üblicherweise gut genug, um auch im Halb-Liter-Krug zu erfreuen.

Nachteil der Geschichte: Weil die Biere so gut trinkbar sind, kommt kein Ausschank auf die Idee, kleinere Gläser als 0,3 anzubieten. Keine Chance also, sich durch das riesige Angebot der geschätzt dreißig bis vierzig Brauereien zu testen.

Wie treffe ich also heute die Auswahl? Gehe ich dorthin, wo die Schlange am kürzesten ist, um möglichst schnell dranzukommen? Oder, ganz im Gegenteil, dorthin, wo sie am längsten ist, weil da wohl das beliebteste Bier auf mich wartet? Gehe ich zu der mich zuckersüß anlächelnden jungen Dame im zu knappen Oberteil, oder riskiere ich besser keine Eifersucht meiner holden Ehefrau und hole mir mein Bier stattdessen beim sonnenbebrillten und lang bebarteten Rockertyp zwei Stände weiter?

Ach, es ist schwierig. Ich kann mich nicht wirklich entscheiden.

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die Entscheidung fällt schwer

Da schallt von der Bierbank in der Mitte des Festivalgeländes eine Stimme: „Nun komm schon, das Essen wird kalt!“

Ach, dann fangen wir doch jetzt einfach mal mit der Brauerei Hradecký Klenot aus Hradec Králové an, vor deren Stand ich gerade stehe. Das K13 APA überrascht. Umschmeicheln zunächst feine, fruchtige Hopfenaromen die Nase und erfreut eine süßliche Malzigkeit die Zunge, so kommt nach dem Schluck eine hammerharte Bitter zum Vorschein. Nicht kratzig, nicht unangenehm, aber auf der IBU-Skala, der Skala der International Bitter Units, irgendwo jenseits des oberen Endes, kurz vor dem Rand der Tabelle. Astronomisch bitter. Aber nicht unsympathisch, immer noch gut trinkbar. Jeder Schluck hinterlässt eine knochentrockene Kehle und fordert zum Weitertrinken auf.

Das zweite Bier der Brauerei, das K16 Bock, überzeugt mit einem kräftigen, malzsüßen Körper. Schwer und massig ist es auf der Zunge, aber ebenfalls nicht unangenehm.

Beide Biere scheinen die Parameter des jeweiligen Stils bis an die Grenzen und darüber hinaus auszuloten, bleiben aber dennoch gut genießbar und zeugen von guten und frischen Rohstoffen und einem Brauer (einer Brauerin?), der weiß, wie man sie einsetzt.

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mit allen Mitteln macht man auf sich aufmerksam

Das Essen ist vertilgt, und ein zweites Mal drehe ich meine Runde, suche nach spannenden Bieren. Es bleibt schwierig, aber der Zufall spült mich dann am Stand der Beerokracie Craft Brewery an, einem kleinen Brauprojekt aus Ostrava, schon kurz vor der polnischen Grenze. Wieder nehme ich gleich zwei Biere mit und erspare mir ein weiteres Anstehen.

Bier Nummer 1, das Clerk 12° Ležák, ist ein feines, sehr, sehr süffiges Alltagsbier. Schöne Hopfennoten, ein feiner Malzkörper, der nicht zu schlank ist, sich aber auch nicht in den Vordergrund spielt, eine recht geringe Spundung – das ist ein echtes Festivalbier, eines für den großen Durst, wenn man vorne vor der Bühne im Takt der Rockmusik mithoppst und kurz vor’m Dehydrieren ist.

Bier Nummer 2, das Dobeerka 16° West Coast IPA, ist schön stilecht gebraut. Viel, viel Hopfen und eine solide Malzsüße, die die Bittere in Schach hält. Die kupferne Farbe strahlt im Licht der tiefstehenden Sonne, und so ist das Bier auch ein Genuss für’s Auge.

Mit den vier Bechern muss es jetzt für heute leider genug sein. So viele weitere Biere könnte es noch geben, aber in der Wärme der Sonne würden sie mir trotz solider Essensgrundlage zu sehr zu Kopfe steigen.

Eine Weile bleiben wir aber noch, genießen die Festivalstimmung, schauen neugierig auf das bunte Sammelsurium von Gästen, wie es an unserem Biertisch vorbeigeht, -fließt, -strömt und -tanzt. Vorne auf der Bühne spielt Desmod schönen, geradlinigen und nicht unmelodischen Rock, und der Gitarrist vermag es, die Zuhörer mit eingängigen Soli in den Bann zu schlagen. Aber es gelingt ihm immer nur so lange, bis der Sänger wieder einsetzt. Einen halben Ton neben der Melodie, eher krächzend als singend, so dass wir angeregt mit unseren Tischnachbarn darüber zu diskutieren beginnen. Traut sich niemand, der Band zu sagen, wie schlecht ihr Sänger ist? Merken sie es nicht von alleine? Oder ist er die Hauptfigur, hat die anderen Instrumentalisten nur angeheuert? Wir amüsieren uns, wie die Menschen vor der Bühne, aber auch an den Bierständen und auf den Bierbänken zur Musik mitwippen, grooven und ihren Spaß haben, und schlagartig bei Beginn des Gesangs sich wieder ihrem Bier widmen.

Ach, genug gelästert. Den Spaß am Bier verdirbt es nicht, und gleich kommt mit MIG 21 sowieso die nächste Band. Neues Spiel, neues Glück…

Impressionen vom 17th Beerfest Olomouc 2018

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