Conrad Seidls Bier Guide. Wer von denen, die sich für die österreichische Bierkultur interessieren, kennt dieses Buch nicht? Ach, eine rhetorische Frage, ganz klar, denn der Bier Guide ist das Standard-Werk, wenn es darum geht, durch Österreich zu reisen und gutes Bier zu finden. Und zu trinken, natürlich!
Der Bier Guide 2018 ist die neunzehnte Ausgabe, und noch immer wird es nicht langweilig. Ganz im Gegenteil – die österreichische Bierszene wird von Jahr zu Jahr interessanter und spannender. Immer mehr Brauereien werden gegründet, immer mehr spezialisierte Bierbars entstehen. Wer will, findet in jeder Stadt ein Lokal, in dem er sich durch spannende Bierstile trinken, tolle Biererlebnisse haben und Gleichgesinnte treffen kann.
Aber Conrad geht es in seinem Bier Guide nicht nur darum, Bars und Lokale zu preisen, die eine möglichst große Auswahl bieten – es geht ihm (und seinem Team) eher darum, diejenigen Adressen zu finden, an denen Bier noch richtig zelebriert wird und den ihm zustehenden Stellenwert bekommt. Das kann auch mal ein Lokal sein, in dem es nur ein Fassbier und ganz wenige Flaschenbiersorten gibt. Wenn dieses Fassbier dafür perfekt gezapft und serviert wird, dann mag das für den Bierfreund besser sein, als wenn er in einer vermeintlichen Goldgrube absteigt, in der es zwar zwei Dutzend Biere vom Fass gibt, diese aber, weil der rasche Umsatz fehlt oder die Pflege der Anlage zu wünschen übrig lässt, muffig und alt schmecken.
Von der simplen Erwähnung („immerhin bis in den Bier Guide geschafft“) bis zur Auszeichnung mit maximal fünf Krügeln („international vorbildliches Top-Lokal“) reicht die Skala, und da die Auszeichnung mit fünf Krügeln durchaus restriktiv gehandhabt wird, kann man sich dort dann auf das Urteil verlassen: Hier schmeckt das Bier, und diese Adresse ist auch eine weite Anreise wert.
Nicht immer stimme ich mit Conrads Bewertung völlig überein, hätte an der einen oder anderen Stelle einmal ein Krügel mehr oder eines weniger vergeben, und manchmal werde ich auch das Gefühl nicht los, dass er als prominenter Gast vielleicht auch ab und an eine bessere Behandlung erfährt (die sich dann auch in der Bewertung niederschlagen mag), als Otto Normalbiertrinker, der sich geduldig in die lange Schlange vor der Theke einreihen oder vom Tisch in der abgelegenen Ecke aus um die Aufmerksamkeit der Bedienung kämpfen muss. Aber das macht ja den Reiz eines solchen Buches aus: Man reist zu den angegebenen Adressen und macht sich sein eigenes, völlig subjektives Bild. Jeder Mensch ist anders, isst anders, trinkt anders.
Der Bier Guide ist aber mehr als nur ein nach Bundesländern sortierter Führer durch die Bierlokale des Lands. Ein eigener Abschnitt listet die Brauereien auf, ein weiterer die Biergeschäfte. Noch vor wenigen Jahren hätte sich eine Auflistung der gut sortierten Biergeschäfte verschämt auf einer Seite verstecken könnten, mittlerweile aber gibt es so viele Bottle Shops, dass sich auch deren separate Erfassung lohnt.
Eine Liste der Bier-Innovationen, also der interessantesten Biere des vergangenen Jahres, sowie ein Abschnitt „Die Besten der Besten“ mit den allerbesten Bierlokalen, Biergärten, Mikrobrauereien, Biergeschäften und der Bierinitiative des Jahres gehören schon zur guten Tradition des Bier Guides. Wer einen Wochenendausflug ins Blaue plant und dabei eine allerbeste Adresse sucht, um ein Ziel zu finden, der ist mit diesem Kapitel gut beraten.
Das Buch ist ein Nachschlagewerk. Man liest es eigentlich nicht von vorne nach hinten (von ein paar echten Freaks vielleicht abgesehen…). Man blättert ein wenig herum, und man nimmt es zur Hand, wenn man im Land unterwegs ist. Und doch: Ein Kapitel lohnt die lineare Lektüre, das gründliche Lesen, und das ist das über Biobier. Auf zwölf Seiten wird der Begriff hinterfragt, analysiert, diskutiert. Lesenswert und zum Nachdenken anregend.
In der Summe wieder ein gelungenes Buch. Es steckt viel Arbeit drin, aber bei jeder Österreich-Reise lohnt es sich aufs Neue, von den Früchten dieser Arbeit zu naschen.
Conrad Seidl
Bier Guide 2018
medianet Verlag AG
Wien, 2018
ISBN 978-3-903254-01-5
Anmerkung: Das Buch wurde mir vom Autor persönlich und unentgeltlich überreicht. Ich habe versucht, mich davon bei der Rezension nicht beeinflussen zu lassen – den Bier Guide fand ich schon in den Jahren gut, als ich Conrad noch gar nicht persönlich kannte.
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