Das Erbe des Bierzauberers: Der zweite Band von insgesamt vier in jeweils einen realen historischen Kontext eingebetteten Romanen über das Bierbrauen in Mitteleuropa. Der erste Band, Der Bierzauberer, spielt im 13. Jahrhundert und berichtet davon, wie der junge Brauer Niklas von Hahnfurt erlebt (und selbst mitgestaltet), wie der Prozess des Bierbrauens systematisiert und so wiederholbar wie möglich gestaltet wird und wie Hopfen zum typischen Biergewürz wird.
Der zweite Band spielt nun im 15. und 16. Jahrhundert. Die Bierqualität in Mitteleuropa ist sehr unterschiedlich, meistens eher schlecht. Oftmals nur der Not gehorchend, häufig aber auch gezielt, um zusätzliche Rauscheffekte zu erzielen oder die schlechte Qualität ihrer Biere zu überdecken, verwenden die Brauer die seltsamsten Zutaten.
Das eigentlich chancenlose Findelkind Georg Esposito wird entgegen aller Wahrscheinlichkeiten der Zeit zum Brauer am Hofe des Kaisers Friedrich III. in der Wiener Neustadt und zum Vertrauten von dessen Tochter Kunigunde. Die Qualität seiner Biere macht den Kaiser selbst auf ihn aufmerksam, und schließlich wird Georg damit beauftragt, als Bierkieser durch das Reich zu reisen und vor Ort zu erkunden, wie es um die Qualität der Biere bestellt ist und ob es genügend Vorschriften gibt, diese sicherzustellen. Seine Reisen führen ihn über viele Jahre durch ganz Europa, er erlebt Wirren des Krieges, Not und Elend, aber auch Glanz und Ruhm. Und … er, das einstige Findelkind, zeugt schließlich mit der Erzherzogin Kunigunde einen Sohn.
Auf seiner letzten Reise wird er von einem Widersacher, der ihm schon seit Jahren nach dem Leben trachtete, brutal ermordet.
Dem Autor gelingt es, Georgs Karriere als Beauftragter des Kaisers fesselnd, fast schon im Stil eines Kriminalromans zu beschreiben und gleichzeitig aufzuzeigen, wie Georg eine Entwicklung im Reich in Gang setzte, an dessen Ende, 25 Jahre nach seinem grausamen Tod, ausgerechnet sein Sohn, nämlich Herzog Wilhelm IV. von Bayern, Folge des Seitensprungs Kunigundes mit dem einfachen Bierkieser, am 23. April 1516 eine Regelung der Bierpreise und der Bierherstellung und der für letzteres erlaubten Zutaten erlässt: Das heute unter der Bezeichnung „Reinheitsgebot“ bekannte Gesetz, wie das Bier im Sommer und Winter auf dem Land ausgeschenkt und gebraut werden soll.
Die Handlung des Romans ist Fiktion, aber viele der handelnden Personen hat es tatsächlich gegeben, und Günther Thömmes lässt sie den Rahmen für die spannenden und mitreißenden Erlebnisse des Bierkiesers Georg bilden. In einem kurzen Abschnitt am Ende des Buchs stellt er die wichtigsten Protagonisten mit den bekannten und belegten Informationen, die es zu ihnen gibt, noch einmal vor, um deutlich zu machen, wo die Fakten im Roman enden und die Fiktion beginnt.
Es hätte sich so zutragen können, ist sein Fazit. Und das des Lesers nach über 400 Seiten kurzweiligen Lesevergnügens auch.
Günther Thömmes
Das Erbe des Bierzauberers
Gmeiner-Verlag GmbH
Meßkirch, 2009
ISBN 978-3-89977-788-8
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