Bier…
Käse…
Käse und Bier…
Belgisches Bier und belgischer Käse…
Hm, bei diesen Gedanken läuft mir das Wasser im Mund zusammen.
Schon vor einigen Jahren habe ich mir das Buch 50 Bier & Kaas Combinaties von Ben Vinken und Michel van Tricht gekauft – ein opulenter Bildband, in dem auf jeweils vier Seiten eine Bier- und Käse-Kombination beschrieben und bebildert ist. Immer wenn ich darin blättere, sehne ich mich nach der Zeit zurück, als ich im Süden der Niederlande in Limburg wohnte und jedes Wochenende die Möglichkeit hatte, nach Belgien zu fahren und diese Kombinationen vor Ort zu genießen.
Heute kommen die Kombinationen aber zu mir, beziehungsweise treffen wir uns an einem dritten Ort, nämlich der Marx Halle in Wien. Gleich startet das Craft Bier Fest Wien, aber für einen kleinen Kreis geladener Gäste stehen die Türen schon am frühen Nachmittag offen – Susanne Gosch von VisitFlanders hat uns zum Exklusiven Beer & Cheese Tasting eingeladen. Frederic van Tricht, Käseaffineur und Sohn von Michel, und Conrad Seidl, der Bierpapst, moderieren diese Verkostung; die Direktorin von VisitFlanders, Liesbet Vandebroek, und der belgische Botschafter in Wien, Ghislain d’Hoop, wollen ebenfalls vor Ort sein.
Vor dem großen Stand von VisitFlanders, an dem es neben Bier und Käse auch wunderbare Fleisch- und Wurstspezialitäten von Hendrik Dierendonck, dem Fleischmagier, gibt, stehen die Verkostungsgläser schon aufgereiht. Sechs Biere stehen in Aussicht, dazu fünf Käse und einmal luftgetrockneter, gereifter Schinken.
Auf feinen Schiefertafeln werden die kleinen Kostproben aufgereiht. Aber bevor es losgeht und Frederic und Conrad das Mikrofon übernehmen, gibt es zunächst als kleinen Appetitanreger ein wunderbar zart gebratenes, fein gewürztes Stück Bauchfleisch – Hendrik lässt es sich nicht nehmen, auch seinen Teil zur Verkostung beizutragen.
Dann beginnt eine viel zu kurze Abenteuerreise durch die wunderbaren Aromen und Geschmäcker der belgischen Küche und Bierkultur. Mit kurzen und knappen Worten erläutert Conrad jedes einzelne der sechs Biere und übergibt dann jeweils an Frederik, der zu jedem Käse ein wenig Hintergrundwissen beiträgt. Gemeinsam erläutern sie dann die Kombination und die Wechselwirkung auf der Zunge.
Es beginnt mit einem Bootjes Bier der Antwerpse Brouw Compagnie, besser bekannt als Seefbrouwerij, dazu die hauchdünn geschnittenen Scheiben des luftgetrockneten Schinkens. Das trockene Rotbier mit feinen, frischen Noten von Ingwer und Koriander greift die Würze des Schinkens elegant auf. Was für ein Auftakt!
Dann geht es mit den Käsesorten Schlag auf Schlag. Zum ersten und zweiten Käse gibt es jeweils ein Bier der Brauerei De Koninck, zunächst das Wild Jo Blond, anschließend das De Koninck APA. Das Wild Jo Blond bietet kräftige, animalische und fast ein wenig ledrige Aromen der Brettanomyces Hefe auf, die auf süßliche und ebenfalls ganz leicht animalische Noten eines milden Ziegenkäses treffen. Selbst meiner holden Ehefrau, die um Ziegenkäse sonst immer einen großen Bogen macht, mundet es – das Bier bettet die Ziegen-Aromen so wunderbar ein, dass sie auf eine ganz andere, viel mildere Weise zur Geltung kommen.
Das De Koninck APA ist ein belgisches Ale und weist eher fruchtige, leicht süßliche Aromen auf, mit einem feinen Ester-Bouquet. Der Käse dazu ist mild, und die kleinen, krümeligen schwarzen Streifen, die wir sehen, entpuppen sich als gemahlene Vanilleschoten. Große Überraschung: Wie die Vanille sich mit den milchsüßen Aromen des milden Käses paaren, und wie diese dann die Ester aus dem Bier in der Nase ergänzen, gefällt sehr.
Bier Nummer vier ist das klassische Duvel aus der Brouwerij Duvel-Moortgat. Nichts Besonderes, nichts Exklusives, aber immerhin das Flaggschiff-Bier, das den Stil der Strong Belgian Ales geprägt hat. Blond, leicht fruchtig, sehr süffig, spritzig und ungemein süffig. So süffig, das schon mancher Volumentrinker, der sonst mit Hellem oder Pils umgeht, angesichts der gut maskierten 8,5% Alkohol überraschend schnell die Ohren angelegt und sich von der Feier abgemeldet hat. Die Spritzigkeit ist es, die dieses Bier zu einem hervorragenden Partner des dazugehörigen Käses macht. Eine Art Gouda, anderthalb Jahre lang gereift. So lange, bis sich im Käse schon deutlich spürbare Kasein-Kristalle gebildet haben. Nur langsam lösen sie sich auf der Zunge auf, geben Salz und intensive Würze frei, die mit einem kleinen Schluck Duvel geradezu explodieren. Ein zweiter Schluck wäscht die Zunge wieder frei, und das Spiel kann sich mit dem nächsten Biss wiederholen. Wie lange? So lange, bis entweder das Bier oder der Käse alle sind. Was leider viel zu schnell geschieht…
Nun kommt ein kräftiger Trappistenkäse, dessen Aroma definitiv das intensivste und kräftigste aller servierten Käse ist. Deutliche Ammoniaknoten, aber in einer opulent-fetten Matrix, so dass sie ihre Schärfe, nicht aber ihre Intensität verlieren. Das Bier dazu ist das Rex, ein fruchtiges, obergäriges Belgian Ale. Fruchtnoten der Hefe, Fruchtnoten vom gestopften Cascade-Hopfen. Extra von den Käseaffineurs Van Tricht entworfen und in der Brouwerij Anders! gebraut, um deren Käse zu begleiten. Ein sehr schönes und komplexes Bier, das aber in Kombination mit gerade diesem Trappistenkäse etwas zu schwach ist. Zu sehr dominiert der Käse, zu wenig kann das Bier seine Trümpfe ausspielen. Nicht dass die Kombination schlecht wäre, aber angesichts der genialen Wechselspiele in den vier Paarungen vorher fällt diese ein wenig ab.
Was aber wieder wett gemacht wird durch die letzte, die sechste Kombination. Ein kräftiger Blauschimmelkäse, der sich selbstbewusst und vollaromatisch auf der Zunge und am Gaumen breit macht und scheinbar keine anderen Geschmäcker neben sich duldet. So ein Käse benötigt einen genauso robusten Partner, und den bekommt er auch, nämlich die Schwarze Kuh aus dem Gusswerk in Salzburg. Das einzige nicht-belgische Bier heute. Ein Imperial Stout. 9,2% Alkohol. Viskos, fast schon ölig. Rund, süß, röstig. Ein fettes Bier, das nichts neben sich duldet. Genau wie der Käse. Und so spielen sich am Gaumen wahre Dramen ab. Eine Schlacht um die Vorherrschaft der intensiven Aromen, Geschmäcker und Texturen. Eine Flasche Schwarze Kuh und ein großes Stück dieses Blauschimmelkäse könnten ein mehrgängiges Menü ersetzen, würden uns stundenlang den Sinnesempfindungen im Mund hinterherschmecken lassen und uns irgendwann erschöpft zurücklassen. Wohlig erschöpft.
Was für ein Paukenschlag zum Abschluss.
Noch einmal bekommen wir ein paar Stücke warmes, zartes Bauchfleisch, das uns erdet und in die Realität zurückholt. Eine wunderbare, aber viel zu kurze Reise durch die Welt der Käse und Biere geht zu Ende. Zum Glück ist in den Flaschen der Schwarzen Kuh noch einiges an „Restbier“ drin, so dass wir den Genuss behutsam ausklingen lassen können und nicht abrupt beenden müssen.
Ein genialer Start in ein nun folgendes zweitägiges Bierfestival, das Craft Bier Fest Wien. Und während wir noch beeindruckt an unserer Holztafel vor dem Stand von VisitFlanders sitzen, öffnen sich hinter uns die Türen zur Marx-Halle. Das Festival beginnt!
Exklusives Beer & Cheese Tasting
Marx Halle
Karl-Farkas-Gasse 19
1030 Wien
Österreich
Anmerkung: Ich wurde zu dieser Verkostung von VisitFlanders eingeladen und habe nichts dafür zu zahlen brauchen. Ich habe mich davon aber nicht beeinflussen lassen. Trotzdem kann das nach neuester Rechtsprechung diese Rezension zur Reklame machen. Ich weise daher darauf hin: Vorsicht, dieser Beitrag enthält Werbung. Werbung für Flandern, seine Käse und seine Biere. Bitte nicht hinfahren, das ist viel zu schön für Euch. Und es wird mir sonst zu voll, wenn ich das nächste Mal dorthin komme. Ich möchte es allein genießen!
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