Cervezas de todo el mundo – Biere aus aller Welt. Im Untertitel der Vermerk Enciclopedia práctica – praktische Enzyklopädie. Dazu ein recht handliches Format, über 650 Seiten dick. Das Buch lacht mich in der Bücherei in Valencia an, und es ist keine lange Überlegung nötig, dass ich es kaufe. Und den Kauf recht bald verfluche, weil der Klotz im Rucksack recht schwer und der Tag noch sehr lang ist. Viele Stunden schleppe ich das Buch bei herrlichem Sommerwetter durch die Stadt…
Viele, viele Monate später erst finde ich die Zeit, das Buch zu lesen. Nach einem kurzen Vorwort von Alberto Benavides, dem Direktor des spanischen Magazins Bar & Beer, kommt die Einleitung mit dem unvermeidlichen Rückblick auf die Geschichte des Biers. Ebenso unvermeidlich die kurze Beschreibung der wichtigsten Bierländer der Welt, und es folgt auch noch eine Doppelseite über die Welt der Sammler, der Bierwerbemittelsammler. Alles sehr kurz und knapp.
Genauso kurz und knapp die paar Seiten über die Zutaten, aus denen Bier hergestellt wird. Wasser, Hefe, Malz und Hopfen und … ein kurzer Abschnitt über andere natürliche Aromen. Es ist schließlich ein spanisches Buch und muss sich nicht mit den oftmals unlogischen Interpretationen des sogenannten „Reinheitsgebots“ herumschlagen.
Auch der Produktionsprozess mit einem kleinen Ausblick auf das häusliche Bierbrauen wird auf sehr wenigen Seiten abgehandelt – gerade genug, um einen groben Überblick über die Phasen der Würzebereitung und Gärung zu bekommen, nicht genug allerdings, um zu verstehen.
Ein wenig länger dann der Abschnitt, in dem die Bierstile der Welt vorgestellt werden. Jeder einzelne nur mit ein oder zwei Sätzen, aber die Menge der mittlerweile definierten Stile macht’s: Dieser Abschnitt ist der erste, der mehr als nur zwei, drei Seiten umfasst. Sogar eine Seite über den Alterungsprozess von Bieren und das gezielte Altern, also das bis zu mehreren Jahren währende, bewusste Lagern im Keller findet hier ihren Platz. Das ist mal ein Aspekt, den man in Bierbüchern viel zu selten findet.
Recht schön, weil ordentlich strukturiert, dann der Abschnitt über die richtige Verkostung – die visuelle, olfaktorische und geschmackliche Bewertung des Biers. Es folgen nun noch ein paar Seiten mit Empfehlungen, welche Bierstile man aus welchen Gläsern trinkt, und ein paar über Kochen mit Bier. Ein paar simple Rezepte, in denen Bier verwendet wird – mehr nicht. Ein Kapitel über Bier & Food Pairing wäre sicherlich angebrachter und bei weitem interessanter gewesen.
Nun denn, rund sechzig Seiten, die ganz interessant zu lesen sind, aber keine wirklich neuen Erkenntnisse bringen. Nichts, was man nicht andernorts schon gelesen hätte. Aber grundsätzlich schon in Ordnung.
Jetzt liegen aber noch fast sechshundert Seiten vor mir, und da folgt nur noch ein Katalog der Biere der Welt. Alphabetisch sortiert, von Abbatiale St. Amand bis Zipfer. Nicht nach Regionen, nicht nach Stilen, nicht nach Ländern, sondern alle Biere der Welt nach dem Alphabet. Und das noch nicht einmal konsistent, denn nicht immer ist es der Name des Biers, der vorne steht; manchmal haben sich auch Teile des Brauereinamens in die Bierbezeichnung gemogelt und beeinflussen dann die Positionierung des Biers. Wer also ein bestimmtes Bier suchen möchte, um dessen „technische Daten“ nachzuschlagen, wird oftmals ein wenig blättern müssen. Das nach Ländern sortierte Verzeichnis ganz am Ende des Buchs ist dabei wenigstens ein bisschen hilfreich.
Aber was sind es für Daten, die hier verzeichnet sind? Lohnt es sich überhaupt, die einzelnen Biere nachzuschlagen?
Die meisten Biere bekommen eine Doppelseite. Rechts ein Farbfoto, links eine Tabelle, bestehend aus Biername, Brauereiname, Herkunftsland, Bierstil, Farbe, Schaum, Spundung, Aroma, Geschmack, Körper, Nachgeschmack, Alkoholgehalt, empfohlene Schanktemperatur und empfohlenes Glas. Alles sehr kurz, alles sehr trocken. Die Tabelle liest sich wirklich wie eine Liste von technischen Daten, wenig zum Trinken anregend, eher als Grundlage um ein Quartettspiel daraus zu machen.
Ist die Auswahl der Biere denn dann wenigstens typisch? Ich habe den Eindruck, dass eher nicht. Eher scheint es eine Liste der Biere zu sein, die die Autoren getrunken haben, nicht eine derer, die repräsentativ für die Biere der Welt stehen. Wie sonst wäre es zu erklären, dass von vielen weltberühmten Brauereien lediglich jeweils ein einziges Bier in das Buch Eingang findet, die winzige und unbekannte italienische Brauerei Birrificio L’Orso Verde aber mit fünf verschiedenen Bieren vertreten ist?
Hinzu kommen einige handwerkliche Fehler. Dass das Schlenkerla-Rauchbier als Schlenferla betitelt wird, kommt in den besten Familien vor – das in alten Lettern gesetzte k kann man schon mal mit einem f verwechseln. Andererseits: Das Bier ist weltweit bekannt genug, als dass den Autoren ein solcher Anfängerfehler nicht unterlaufen sollte. Und auch, dass die deutschen Umlaute ä, ö und ü ab und an berücksichtigt werden, in vielen Fällen dann aber wieder nicht (Lowenbrau), ist ärgerlich, ebenso wie der umgekehrte Fall, als ein verziertes o zum ø wird und das Bier plötzlich Krušøvice statt Krušovice heißt. Wenn man sich schon bemüht, die Umlaute korrekt wiederzugeben, dann aber doch bitte konsequent, und nicht nur nach dem Zufallsprinzip. Sonst wäre es wirklich besser, weil konsequent, gewesen, auf Umlaute zu verzichten…
Als letzter Kritikpunkt bleiben dann noch die Biere, die ohne Bild erfasst worden sind. Nur eine trockene Tabelle von dürren technischen Daten – soll das zum Trinken eines Biers einladen? Den Bierliebhaber begeistern? Oder nur Seiten füllen und den Nachweis erbringen, dass die Autoren wirklich recht viele verschiedene Biere verkostet, wenn auch nicht immer fotografiert haben?
In der Summe ist es kein wirklich gutes Bierbuch. Teuer war es zum Glück nicht, es lag auf dem Grabbeltisch, aber eine Kaufempfehlung kann ich trotzdem nicht aussprechen. Es ist wohl mehr der Sammlertrieb, der zum Kauf verleitet.
Simone Pilla & Genny Vinci
Cervezas de todo el mundo
De Vecchi Ediciones S.A.
Barcelona, 2011
ISBN 978-84-315-5151-3
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