Meet the Brewer – Branimir Melentijević – Kabinet Brewery
Berlin
DEU

Serbien – ein Land direkt vor den Toren der Europäischen Union, und doch wissen wir so wenig darüber. Haben vielleicht negative Assoziationen. Der Krieg vor fast zwanzig Jahren. Verdacht auf Völkermord. Politische Auseinandersetzungen. Juristische Grabenkämpfe.

Und kaum jemand weiß, dass sich in Serbien gerade eine spannende Bierszene entwickelt. In Belgrad findet einmal jährlich ein großes Bierfestival statt, die ersten Craft-Bier-Bars haben geöffnet, und nach und nach werden auch kleine Handwerksbrauereien gegründet, deren leckere und spannende Biere eine tolle Alternative zum großindustriellen Allerweltsgetränk bieten.

Kabinet Brewery

Eine dieser neuen, kleinen Handwerksbrauereien – obwohl, klein ist bei einer Ausschlagmenge von 20 hl pro Sud auch schon wieder relativ – ist die Kabinet Brewery in Nemenikuće, rund 40 km südlich von Belgrad, und ihr Eigentümer und Brauer, Branimir Melentijević, war am 21. Oktober 2015 in Berlin in der Craftbier-Bar Hopfenreich zu Gast.

Vier Fassbiere und ein Flaschenbier hatte er vorab nach Deutschland expedieren lassen – ein spannender Ausschnitt des Portfolios seiner Brauerei, die derzeit ein rundes Dutzend verschiedener Biere produziert.

Leider hatte es aber wohl beim Transport oder der Lagerung der Fässer das eine oder andere kleine Problem gegeben, und so schmeckten nicht alle Biere so, wie sich Branimir selbst das vorgestellt hatte. Er war ein wenig enttäuscht.

Das BrrKaaa American Pale Ale wies einen Hauch von erfrischender, aber, wie er selbst sagte, vom Brauer nicht beabsichtigter, Säure auf und schäumte so extrem, dass sich das Team an der Hopfenreich-Bar schweren Herzens entschließen musste, das Fass wieder abzuklemmen und den Ausschank einzustellen. Es hätte einfach den Barbetrieb im rappelvollen Hopfenreich zu sehr heruntergebremst. Schade, denn die Zitrusaromen waren spannend!

BrrKaaa American Pale Ale

Das zweite Bier hingegen, das Melissa Pale Ale, war absolut in Ordnung. Eine angenehme, ausgewogene Hopfenbittere, nicht zu fruchtig-intensiv, sondern eher harzig, mit warmen Geschmackstönen, konnte durchaus überzeugen. Die Farbe, ein warmes, dunkles Orange, fast schon Rot, war faszinierend, wenn ich auch die Melisse, die hier angeblich mit verbraut worden war, nicht herausschmecken konnte.

Das dritte Bier, das Supernova India Pale Ale, fand ich klasse. Aber, auch hier: Branimir war unzufrieden. Die Aromaexplosion, die fruchtigen, estrigen Hopfennoten, die direkt nach dem Einschenken quasi durch den ganzen Schankraum hätten wabern sollen, seien nur noch in Andeutungen zu spüren, bemängelte er. Zwar immer noch präsent, zwar immer noch harmonisch zur Bittere und zum vollen Malzkörper passend, aber irgendwie und irgendwann zwischen Nemenikuće und Berlin seien die Tüpfelchen auf den „i“s der Aromapalette wohl verloren gegangen. Kritik auf sehr hohem Niveau, dachte ich mir, mäkelig gar, aber Branimir beharrte darauf, auch bei diesem Bier ein wenig unzufrieden zu sein.

die Hopfenreich-Bierkarte

Das vierte Bier, das Porter, enttäuschte allerdings ganz objektiv, da es einen prägnanten Säurestich hatte, und zwar einen deutlich stärkeren, als es das dunkle Malz im Porter und eine mögliche Verwendung von Sauermalz erlaubt hätten. Schade. Da halfen dann auch die Schokoladen- und Mokka-Aromen nicht, den Eindruck nachhaltig zu verbessern.

Ein großer Lichtblick schließlich war zum Glück das fünfte Bier, das Rufaro aus der Flasche. Ein Hanfbier, und es war Branimir gelungen, das Hanfaroma richtig kräftig und dominant in den Sud hinein zu bringen, ohne das Bier unausgewogen schmecken zu lassen. Kräftige Hanfaromen, ein spannender und lange anhaltender Hanfgeschmack – sehr schön!

Branimir und Volker

Branimir ließ sich die gute Laune vom Pech mit seinen Bieren nicht verderben. Er erzählte spannende Geschichten von den Anfängen seiner gerade erst zwei Jahre alten Brauerei, davon, wie er nach einem Afrika-Aufenthalt, bei dem er mit dem Brauen begonnen hat, seinen Ingenieursberuf an den Nagel gehängt und stattdessen die Brauerei gegründet hatte, und davon, wie er schon nach gerade mal anderthalb Jahren im Geschäft den einen oder anderen Sud mit dem „Kultbrauer“ Mikkeller zusammen eingebraut hat. Kuriositätenkabinett, so nennt Branimir seine Brauerei gelegentlich, und es sind in der Tat auch viele Kuriositäten, die er braut. Und zu jedem Bier gibt es ein spezielles Etikett, das von lokalen Künstlern entworfen worden ist.

Und wer nach all diesen Anekdoten immer noch keine Lust verspürt, mal nach Serbien zu fahren und die dortige Brauereiszene zu erkunden, insbesondere dem Kuriositätenkabinett der Kabinet Brewery einen Besuch abzustatten, dem ist wohl nicht zu helfen. Oder er ist ein überzeugter Nicht-Bier-Trinker …

Bilder

Meet the Brewer
Branimir Melentijević – Kabinet Brewery
Hopfenreich – Craft Beer Bar Berlin
Sorauer Straße 31
10 997 Berlin
Berlin
Deutschland

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