Ji Bīru – handwerkliches Bier. So einfach kann man seine Bierbar benennen. Damit ist eigentlich alles gesagt. Da natürlich nicht jeder Bierliebhaber fließend japanisch spricht, wiederholt man den Begriff noch einmal auf Englisch. Craft Beer. Dann fügt man hinzu, dass es sich um eine Bar handelt. Es könnte ja sein, dass einer der Besucher auch nach dem fünften Bier noch nicht bemerkt hat, dass er hier in einer Bar und nicht in, na, sagen wir mal, einer öffentlichen Bedürfnisanstalt gelandet ist. (Obwohl, kleiner Einschub: Der Genuss von gutem Bier stillt ja schon ein gewisses Bedürfnis, zum Beispiel nach gutem Geschmack und feinem Aroma, und öffentlich ist eine Bierbar ja auch, also könnte sie ja im weitesten Sinne auch als öffentliche Bedürfnisanstalt …? Ach, ich schweife ab. Ich schalte zurück ins Studio …)
Ja, und dann gibt es ja noch den interessanten Effekt, dass Bier zwar keinen Bierbauch verursacht (jedenfalls nicht unmittelbar), aber doch den Appetit fördert, und spätestens nach dem zweiten Glas hat man Hunger. Auf etwas Deftiges. (Mittelbar kommt dann davon der Bierbauch, aber ich schweife schon wieder ab …) Ein leckerer Schweinebraten ist dann immer eine gute Idee – und da es Regionen in Japan gibt, die für ihr exzellentes Schweinefleisch (yakiton) berühmt sind, beispielsweise die Saitama Region nördlich von Tokio, dann bietet man halt zum guten Bier auch Schweinefleisch an und nennt sich noch Yakitori.
JiBīru Craft Beer Bar & Yakitori
So, den Namen der Bar haben wir jetzt zusammengepuzzelt. Ji Bīru + Craft Beer + Bar + Yakitori: JiBīru Craft Beer Bar & Yakitori.
Was brauchen wir noch? Eine Örtlichkeit. Beispielsweise das 313@Somerset Handelszentrum mit seiner Outdoor Dining Area. In Deutschland hieße das Biergarten oder so. Direkt am Ausgang der U-Bahn-Station und am Ausgang des Einkaufszentrums gelegen. Hier kommt jeder vorbei. Und hat er oder sie nicht vor dem Einkauf schon Durst, dann doch bestimmt danach.
Eine schöne Leuchtreklame, eine Batterie von Zapfhähnen, Biertische und Stühle, und fertig ist die Craft-Bier-Bar.
Outdoor Dining Area, auf deutsch: Biergarten
Ach halt, eine große, schwarze Kreidetafel muss noch sein, auf der die Biere verzeichnet werden. Ist ja klar. Das Hipstertum hat seine festen Regeln.
Aber, ja wo ist sie denn, die Kreidetafel? Verwirrt stehe ich vor der Theke mit den Zapfhähnen und den vielen Kühlschränken für das Flaschenbier. Keine Kreidetafel? Wirklich nicht? Weder links, noch rechts, noch geradeaus? Ach, wir sind in Singapur. Hier geht alles mit modernster Technik, und so hängt links und rechts neben der Theke jeweils ein großer Flachbildschirm, auf dem in einer Endlosschleife die Bilder und Namen der hier angebotenen Biere gezeigt werden. In HD und höchster Farbbrillanz. Auch nicht schlecht.
Flatscreen statt Kreidetafel
Auf dem Tisch liegt zum Glück ganz klassisch eine Bierkarte, denn sonst stünde ich morgen noch vor dem Bildschirm, ließe mich berieseln und könnte mich nicht entscheiden. Der Speichel liefe mir im Mund zusammen, und immer wieder würde ich denken, halt, da eben, da war doch noch ein besseres Bier, lass mal abwarten, bis das wieder auf dem Bildschirm erscheint, und dann entscheide ich mich, dann aber wirklich!
Sechs Fassbiere stehen in der Karte zur Auswahl, sowie mehrere Seiten voller Flaschenbiere. Und aus den Fassbieren kann man sich einen Tester wählen. Die Entscheidung ist schnell getroffen. Eines der sechs Biere kenne ich bereits, ein anderes wirkt uninteressant – wer möchte in einer Craft-Bier-Bar schon ein leichtes Sapporo Lager trinken?
Tap Beer Tasting Set
Also, auf geht’s, wir verkosten: Das Hitachino Nest White Ale ist lecker und erfrischend, aber könnte einen Hauch mehr Spritzigkeit vertragen. – Das Heimdahl Saison, das, obwohl der Name nicht danach klingt, in Italien gebraut ist, und zwar von BrewFist, schmeckt ausgezeichnet. Die prägnanten, etwas kantigen Noten eines guten Saisonbiers kommen hervorragend heraus, ein selbstbewusstes, kerniges Bier. – Das Hitachino Nest Red Rice Ale ist, wie der Name schon sagt, rötlich und schmeckt ganz und gar nicht wie ein mit Reis gebrautes Dünnbier, sondern hervorragend aromatisch. Der hier genutzte Reis wird angeblich zur Sake-Produktion verwendet und ist speziell dafür gezüchtet, und so hat das Bier auch ein warmes, rundes Sake-Aroma. Oder bilde ich mir das jetzt nur ein, nachdem ich das über den roten Reis gelesen habe? – Den Abschluss bildet das Shiga Kogen IPA der Tamamura Honten Brauerei. Erstaunlich wenig Alkohol für ein IPA, nämlich nur 5,5%, aber erstaunlich viel Malzkörper und Fülle für ein Bier mit nur 5,5%. Sehr schön.
Minamishinsyu Porter
Entspannt lehne ich mich zurück und gönne mir nach dem Tester noch ein „richtiges“ Bier, also eine normale Portionsgröße. Das Minamishinsyu Porter aus der Komagatake Brewery. So viel kann ich vom Etikett entziffern, und auch noch den Alkoholgehalt von 6,0%. Der Rest ist japanisch und entzieht sich meiner Kenntnisnahme. Aber lecker ist es, das Porter. Schön röstig, tiefschwarz, sehr aromatisch. Ein schöner Abschluss für die heutige Verkostung.
Ich sehe mich noch einmal um. Die Tische sind besetzt, aber es ist nicht übervoll. Die Stimmung ist gut, die Menschen haben Spaß am Bier, Spaß miteinander. Am Rande des Biergärtchens strömen Geschäftsleute, Pendler, mit schweren Taschen oder teurem Schmuck behängte Käufer aus dem und in das Einkaufszentrum. Stundenlang könnte man hier sitzen und zuschauen, ein buntes Treiben, eine bunte Welt. Schön!
Die JiBīru Craft Beer Bar & Yakitori, die sich selbst als erste japanische Craft-Bier-Bar außerhalb Japans bezeichnet, ist täglich ab 11:30 Uhr durchgehend geöffnet. Kein Ruhetag. Zu erreichen ist sie problemlos mit der U-Bahn – wenn man an der Station Somerset den richtigen Ausgang nimmt, steht man fast schon direkt vor der Bar.
JiBīru Craft Beer Bar & Yakitori
313 Orchard Rd #01-26
313@Somerset
238895 Singapore
Singapore
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