Brasserie de la Lanterne
Strasbourg
FRA

„Unter gleichermaßen deutschem und französischem Einfluss bietet Straßburg eine wunderbare Bierkultur, in der deutsche Qualität und französisches Genießertum zueinanderfinden.“ So und ähnlich habe ich es im Internet gelesen, und mehr als einmal wurde in diesem Zusammenhang die 1998 gegründete Mikrobrauerei Brasserie de la Lanterne erwähnt.

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Brasserie de la Lanterne

So liefen wir nach einem ausgiebigen Bummel über den völlig überfüllten und in all seinem Kitsch trotzdem beeindruckenden Weihnachtsmarkt in der Altstadt zielgerichtet in die Laternengasse, um in dieser kleinen Brauerei ein oder zwei Bierchen zu trinken und vielleicht auch eine Kleinigkeit zu essen.

Um es vorwegzunehmen: Wir waren durchaus ein wenig enttäuscht, konnte das, was wir vorfanden, doch leider gar nicht mit dem mithalten, was die teils enthusiastischen Bewertungen im Internet versprochen hatten.

Wir gehen durch die schmale Holztür und kommen in einen ziemlich vollen und auf den ersten Blick bereits sehr gemütlich wirkenden Schankraum. Es ist warm und feucht, und schlagartig beschlagen unsere Brillengläser. Einen Moment müssen wir warten, bis wir uns orientieren können und mithilfe einer sehr freundlichen Kellnerin im hinteren Bereich des Raums einen kleinen Tisch für zwei Personen finden.

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eine schmale Holztür führt in den Schankraum

Einfaches Holzmobiliar, keine Tischdecken, kein Firlefanz. Dafür aber die Möglichkeit, nach Belieben zusammenzurücken, Tische und Stühle hin- und herzuschieben, wenn noch ein paar Nachbarn oder Bekannte kommen und sich dazu quetschen wollen. Er herrscht ein ständiges Kommen und Gehen, und es wirkt, als würde jeder, der über den Weihnachtsmarkt gebummelt war, hier mal eben auf ein schnelles Bier und ein kurzes Treffen mit Freunden hereinschneien.

An der vom Eingang aus gesehen rechten Wand stehen drei kupferverkleidete Tanks, die zu dem 5-hl-Sudwerk gehören, in dem das hier ausgeschenkte Bier hergestellt wird. Kreidetafeln an den Tanks informieren uns über die angebotenen Biere, aber auch über zahlreiche Desserts.

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drei kupferverkleidete Tanks stehen an der Wand

Ein Blick in die Karte zeigt uns, dass es nicht nur viele Desserts, sondern auch sonst zahlreiche Gerichte gibt – vorwiegend lokale Küche. Schön! Freudestrahlend bestellen wir bei der Kellnerin, die uns eben auch den Tisch zugewiesen hat, zwei Biere und haben zu den Speisen die eine oder andere Frage. „Es gibt heute nur Flammkuchen, sonst nix“, bescheidet uns die junge Dame freundlich. „Keine anderen Hauptgerichte? Keine Desserts? Keine Spezialitäten?“ Wir können es kaum glauben. „Nein, leider gar nichts. Ich hole Euch jetzt mal schnell die beiden Biere, und dann könnt Ihr überlegen, ob Ihr Flammkuchen nehmt, und wenn ja, welche. Okay?“

Es dauert nicht lang, bis sie mit den Bieren wieder vor uns steht. Wir haben uns, ein wenig enttäuscht, überlegt, auf das Essen zu verzichten und vielleicht lieber nachher noch woanders hinzugehen. Aber ein paar Biere wollen wir schon probieren. „Ist okay, kein Problem“, erwidert die junge Dame und hat zumindest kein Problem damit, dass wir keine große Zeche machen werden.

„Komisch. Der Laden ist voll, aber es gibt nichts zu essen“, wundert sich meine holde Ehefrau. „Dann hätte man doch wenigstens die Tafel mit den Dessertvorschlägen abhängen oder auswischen können. Und die Speisekarte bräuchte man dann auch nicht auszulegen. Da fühle ich mich ein bisschen veräppelt!“ Aber immerhin sei unsere Kellnerin wirklich nett und aufmerksam, fügt sie aber noch hinzu.

Ich nehme den ersten Schluck von meinem Bier. Fender nennt es sich, hat 5,2% Alkohol und ist ein naturtrübes Bier ohne Stilbezeichnung. Die Trübe ist gleichmäßig, der Schaum reichlich und recht grobporig, und es riecht ein wenig hopfig, aber auch ein wenig dumpf, und ein paar phenolische Noten spüre ich. Auf der Zunge ist es etwas rau und harsch, die phenolischen Noten werden stärker, und nach dem Schluck spüre ich retronasal ein paar Gemüse-Aromen. All diese Eindrücke sind nur dezent, so dass das Bier trinkbar bleibt, aber ein großer Genuss ist es nicht. Es fehlt an Frische, an Ausgewogenheit und vor allem daran, dass das Bier Lust machen würde, mit großen Schlucken weiterzutrinken. Keine Drinkability, keine Durchtrinkbarkeit. Ich bin ein wenig enttäuscht.

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das Bouli

Den gleichen Alkoholgehalt weist auch das Bier meiner Frau auf, das Bouli. Es ist ein Blanche de Noël, sollte also ein Weizenbier sein, gegebenenfalls unter Zugabe von Koriandersamen und Orangenschalen. Ob es als Weihnachtsbier (de Noël) auch weitere Gewürze enthält, dazu schweigt sich die Bierliste aus. Optisch unterscheidet sich das Bier von meinem überhaupt nicht – wenn die Bedienung uns zweimal dasselbe Bier gezapft hätte, am Aussehen hätten wir das nicht gemerkt. Der Geruch ist noch ein bisschen dumpfer als beim Fender, und auch der Geschmack ist noch weniger frisch, regelrecht erdig und muffig. Unter einem Blanche hätten wir uns aber etwas völlig anderes vorgestellt als dieses definitiv nicht zum Weitertrinken anregende Bier.

Ich runzele die Stirn. Zwei Biere, beide Male nicht begeisternd. Da kann die Kellnerin noch so nett sein, die Atmosphäre noch so schön …

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die Atmosphäre ist unkompliziert

„Komm, wir gehen“, schlägt meine Frau vor, doch stur möchte ich wenigstens noch ein weiteres Bier verkosten – wer weiß, vielleicht rettet das den Eindruck. Ich bestelle mir das Rudolph, ein Ambrée de Noël. Benannt nach Rudolph, dem Rentier.

Das Bier ist im weitesten Sinne noch bernsteinfarben, ambrée, aber schon ganz am dunklen Ende des Spektrums. Dunkelbraun, mit üppigem, leicht gelblichem Schaum und einem deutlichen Malzgeruch. Sehr vollmundig und fast schon mastig auf der Zunge, und mit 5,4% etwas stärker als die beiden ersten Biere. Besser als das Blanche ist es allemal, aber wieder fehlt diesem Bier die Frische. Lustlos und geschmacklich dumpf rinnt es über Zunge und Gaumen. Die Kohlensäure entbindet sich schnell, es schäumt im Mund. Dieses übertriebene Bizzeln passt so gar nicht zum erdigen Charakter, und ich fälle mein abschließendes Urteil:

Alle drei Biere kann man trinken, aber mehr auch nicht. Sie verlocken nicht zum Weitertrinken, sind als Begleiter zum Essen vielleicht geeignet, aber nicht zum eigenständigen Genuss. Ob hier altes und überlagertes Malz verwendet wird? Oder die Hefe gestresst ist und beim Anstellen zu wenig belüftet worden ist? Ich weiß es nicht, aber alle drei Biere haben einen dumpfen Charakter.

Schade. Die Atmosphäre hier ist sehr schön, die Menschen nett, es ist quirlig, fröhlich und laut, die Bedienungen drängeln sich lachend zwischen den Tischen hindurch, kümmern sich, und im Endeffekt passt eigentlich alles, außer der Hauptsache in einer Brauerei: Dem Bier.

Die Brasserie de la Lanterne ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; sonntags und montags erst ab 16:00 Uhr. Kein Ruhetag. Zu erreichen ist die kleine Brauerei in einer Minute in ostwärtiger Richtung von der Straßenbahnhaltestelle Langstross / Grand’Rue, Linien A und D.

Bilder

Brasserie de la Lanterne
5 Rue de la Lanterne
67 000 Strasbourg
Frankreich

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