Ein ganz normales Wochenende in Prag. Außerhalb der Saison, mitten im Februar. Und doch quillt die Altstadt über vor Touristen. Japaner, Deutsche, Russen, Chinesen, Amerikaner, Polen, Spanier – alle Völker der Welt sind vertreten. Was man kaum sieht, sind Tschechen … Und so stürzt sich denn in der Altstadt auch alles auf die Portemonnaies dieser Welt. Jedes zweite Gebäude beherbergt einen Souvenirshop, die Gebäude dazwischen wahlweise eine Bar, eine Thai-Massage oder ein Bierrestaurant. Dazwischen Straßenkünstler, Gaukler, Musikanten, Taschendiebe … Nepp, wohin man sieht.
Es erstaunt, dass trotzdem am Rand dieses Trubels immer mal wieder eine Oase der Ruhe zu finden ist, in der man einkehren kann, auf ein gutes Bier, eine leckere Kleinigkeit zum Essen, und in der man sogar freundlich bedient wird, ohne das Gefühl zu bekommen, abgezockt zu werden.
die unauffällige Fassade
Eine solche Oase findet sich in der Husova-Straße, mit der Pivovar U Tří Růží, der Brauerei zu den drei Rosen. Ein kleines gelbes Eckhaus, recht unauffällig. Natürlich, im Schaufenster steht auf Tschechisch, Englisch und Russisch, dass man hier sein eigenes Bier braue. Ansonsten aber nur dezente Werbung, eine klassische Aufschrift, ein kleines Wirtshausschild.
Drinnen im Schankraum wird es dann schon ein wenig bunter, aber noch lange nicht aufdringlich. Die große Wand am hinteren Ende des Schankraums ziert eine gewaltige Karikatur, die Heerscharen von begeisterten Biertrinkern zeigt; weitere Karikaturen finden sich in kleinerem Format an allen anderen Wänden. Allein um diese Comics zu betrachten, lohnt es sich, in der Pivovar U Tří Růží einzukehren.
überall im Schankraum Karikaturen und Comics
Das kupferne Sudwerk steht hinter dem Eingang gleich linker Hand, gut zu sehen, aber dennoch ein wenig in die Enge gedrängt. Der Platz ist knapp, und er ist für die Gäste wichtiger als für den Brauer.
Ein Blick über die Theke: Sechs verschiedene Zapfhähne, jeder mit einem anderen Bier bestückt. Natürlich gibt es zunächst einmal das klassische Triplett Hell (Světlý Ležák), Dunkel (Tmavy Ležák) und Weißbier (Weiss), daneben aber auch ein rotes Wiener Lager (Vídeňské Červené), ein Stout (Dark Rose) und als besondere Spezialität ein belgisches Bier (ohne weitere Angaben).
sechs verschiedene Biere werden angeboten
Es ist Mittagszeit, definitiv zu früh, um alle sechs Sorten mit Gewalt verkosten zu wollen, insofern beschränke ich mich auf das Wiener Lager und das Stout – beides sehr ordentliche Biere. Das Wiener Lager leuchtet in der Tat rötlich, sieht sehr appetitlich aus, und wer den – manchmal etwas aufdringlichen – Geschmack des Wiener Malzes zu schätzen weiß, bekommt ihn hier in Reinkultur serviert. Sehr professionell.
Das Stout ist überraschend kräftig, über sechs Prozent Alkohol, tiefdunkel und hat ein schönes, röstiges Aroma. Dazu eine kräftige Bittere im Abgang – ein prima Bier, das allerdings mit einer feinen, kremigen Schaumkrone noch gewinnen könnte, der etwas grobporige Schaum passte nicht ganz zum Bier. Trotzdem, der Brauer, Robert Maňák, kann was!
das Stout „Dark Rose“
Das Essen ist ebenfalls gut. Zu den üblichen Prager Preisen, deutlich teurer als im Umland, aber immer noch wesentlich preiswerter als in den Metropolen Westeuropas, bekommt man schmackhafte und appetitlich angerichtete lokale Gerichte, würzig, deftig, lecker. Sehr schön. Ein Lob an den Küchenchef Martin Procházka.
Die Bedienungen sind freundlich und recht aufmerksam, allerdings immer dann, wenn mal wieder eine größere Touristengruppe sich hierher verirrt und nicht vorreserviert hat, ziemlich unter Druck. Man ist nur zu zweit. Der Zapfer an der Bar und seine wuselige Kollegin zwischen den Tischen.
das Sudwerk
Die unvorhersehbaren „Lastspitzen“ durch Kegelclubs, Junggesellenabschiede, Betriebsausflüge, Hausfrauenverbände und sonstige unangemeldete mittlere und größere Gruppen lassen es auch angeraten erscheinen, vorab zu reservieren. Wir hatten einfach nur Glück, sofort einen Tisch für zwei zu bekommen, haben aber viele andere Besucher gesehen, wie sie sich wieder trollen mussten.
Die Pivovar U Tří Růží ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Reservierung ist anempfohlen. Zu erreichen ist sie problemlos zu Fuß, mitten in der Altstadt, oder per Bus, zwei Minuten von der Haltestelle Mariánské Náměstí, Linie 194.
Pivovar U Tří Růží
Husova 232/10
110 00 Praha
Tschechien
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