Fünfunddreißig Minibrauereien, rund hundert Sorten Bier, das versprach die – zugegebenermaßen recht dezente – Werbung für das Festival Minipivovarů, das Festival der Minibrauereien auf dem Messegelände in Brünn. Wie schon einige Male zuvor fand hier eine regionale Nahrungs- und Genussmittelmesse statt, und dieses Jahr wurde sie erstmals mit einem kleinen Bierfestival kombiniert.
17. bis 20. Februar 2016
Die weiße Halle mit ihrem parabelförmigen Glasdach bot eine sehr angenehme Atmosphäre, viel Licht und Raum, und auch wenn im ersten Moment die sauber aufgereihten Stände der kleinen Brauereien noch ein wenig steril wirkten, änderte sich das doch rasch, als die Gäste die Halle zu füllen begannen.
Jede Brauerei hatte gleichviel Platz zugewiesen bekommen: Einen kleinen Stand nur – genug für eine Zapfanlage und einen Tisch mit Werbematerial oder Flaschen daneben. Wahlweise noch ein Kühlschrank dahinter, und vielleicht noch ein paar Werbeaufsteller. Alles aber recht zurückhaltend, nicht übertrieben, nicht penetrant. Die meisten Brauereien boten zwei Biere vom Fass an, einige hatten zusätzlich noch ein buntes Angebot an Flaschen dabei.
das Messegelände in Brno
Der Eintrittspreis erschien im ersten Moment mit umgerechnet 10.- EUR etwas hoch, aber das relativierte sich rasch. Ein Verkostungsglas war enthalten und vor allem: Unbegrenzter Bierkonsum. Wer wollte, hätte sich also für diese zehn Euro gepflegt auslitern können.
Tat aber niemand. Ganz im Gegenteil. Es herrschte eine sehr entspannte und zurückhaltende Atmosphäre, niemand soff mit Gewalt über den Durst hinweg, sondern man probierte, verkostete, diskutierte, notierte, fotografierte. Bierdeckelsammler versuchten, neue Trophäen zu erhaschen; die Bierticker waren auf der Suche nach neuen Bieren, die sie noch nicht verkostet und bei Ratebeer oder Untappd hochgeladen hatten.
Tschechientypisch war das Angebot an Bierstilen noch recht konservativ. Es dominierten die klassischen lokalen Biere Hell, Dunkel und Halbdunkel. Aber vereinzelt gab es auch seltenere Stile zu entdecken: Ob belgisches Tripel, Imperial Stout mit 20° Stammwürze, ein Habanero-Chilli-IPA oder ein Imperial Lager – auch die Liebhaber von exotischen Geschmacks- und Stilrichtungen kamen auf ihre Kosten.
ein elegantes Ambiente für ein Bierfestival
Überraschend, wie viele Neugründungen vertreten waren. Immer wieder kam man im Gespräch mit den netten Menschen an den Zapfhähnen auf die Frage: „Seit wann gibt es denn Eure Brauerei schon?“, und immer wieder lautete die Antwort „Seit letztem Jahr!“ Viel ist also in Bewegung im Land. Kleine Gasthausbrauereien entstehen, aber auch Handwerksbrauereien ohne eigenen Ausschank. Und der eine oder andere ist unverdrossen schon seit gefühlt ewigen Zeiten als Wanderbrauer unterwegs, so wie Honza Kočka mit seinen Nomad-Bieren.
Highlight für mich war heute aber kein exotischer Bierstil, keine wilde Kreation, keine Geschmacksexplosion oder Provokation um ihrer selbst willen. Nein, das beste Bier des Tages war für mich ein ganz normales helles Lager im Pilsner Stil aus der kleinen Brauerei Tišnov, nur wenige Kilometer nördlich von Brno. Ein hinreißendes Hopfenaroma, dezent die Nase umschmeichelnd, und dann ein schlankes, blitzsauberes Bier mit einer ebenso blitzsauberen Bittere. Kräftig und ausdrucksvoll, aber nicht grob und kratzig, sondern frisch und klar. Ein Musterbeispiel, wie man einen altbekannten Bierstil in Perfektion brauen kann.
der Stand der Pivovar Tišnov
Leider gab es auch das eine oder andere Beispiel, wie man ein ganz normales Standardbier verhunzen kann. Das vierzehngrädige Dunkle (Tmavé 14°) der Brauerei Krušnohor oder das Halbdunkle (Polotmavé 14°) der Brauerei Slezký waren solche Kandidaten. Intensiv nach Färbebier schmeckend das eine, leicht säuerlich das andere. Bemerkenswert, mit wie viel Selbstbewusstsein Biere mit solch offensichtlichen Geschmacksfehlern hier trotzdem angeboten wurden.
Festival Minipivovarů
Alles in allem aber ein durchaus gelungenes Bierfestival, und es wäre den Organisatoren des Českomoravský Svaz Minipivovarů o.s., des böhmischen und mährischen Bundes der Minibrauereien, zu wünschen, dass sie dieses kleine Festival auf Dauer hier in Brno etablieren könnten. Vier Tage, von Mittwoch bis Sonnabend konnte man hier – ausschließlich tagsüber, nicht länger als bis 17:00 Uhr – die noch neue Welt der tschechischen Kleinstbrauereien erfahren und erkunden, und das in ordentlicher Atmosphäre, mit guter Infrastruktur und idealer Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Festival Minipivovarů 2016
Výstaviště 405/1
603 00 Brno
Tschechien
Hinterlasse jetzt einen Kommentar