Dick und saftig hängt mir der Hopfengeruch in der Nase. Rund um Wolnzach ist die Hopfenernte in vollem Gange, es wird gezupft, was das Zeug hält, die Hopfendarren laufen, und mit den ersten Strahlen der Morgensonne erwärmt sich die Luft und trägt das Hopfenaroma bis in den letzten Winkel der Region. Ob beim Frühstück im Hotel, beim Spaziergang durch die Stadt oder beim Einkauf im Supermarkt – überall riecht es nach frischem, grünem Hopfen.
Was liegt da näher, als den Vormittag mit einem Besuch im Deutschen Hopfenmuseum Wolnzach abzurunden?
spannende Architektur des 2005 eröffneten Museums
Es sind nur wenige Schritte vom Marktplatz, und schon stehe ich vor dem Gebäude, das in seiner durchaus progressiven Architektur bereits auf den ersten Blick prägende Elemente eines typischen Hallertauer Hopfengartens aufgreift. Das Vordach steht auf Holzpfählen, zwischen denen Drähte gespannt sind. Die Reihe der das Vordach tragenden Pfähle geht nach rechts nahtlos über in einen kleinen Hopfengarten, in dem jetzt, Anfang September, auch kräftig grüne Hopfenranken mehrere Meter in den Himmel ragen. Davor stehen vier Holzfiguren – Hopfenbauern bei der Arbeit im Hopfengarten.
Eintritt durch eine überdimensionale Hopfendolde
Der Rundgang drinnen beginnt in einer überdimensionalen Hopfendolde, die den Eingang zur Ausstellung markiert und in ihrem Inneren ein paar Schaukästen mit ersten Informationen zum Hopfenanbau liefert. Anschließend geht es viele hundert Jahre in der Zeit zurück, in eine Epoche, als Hopfen noch gar nicht zum Brauen verwendet wurde, sondern als beruhigende Arznei gepflückt wurde.
Ob das Leben vor 1000 Jahren wirklich so idyllisch war?
Es folgt eine kleine Bibliothek mit historischen Schriften und Büchern über Hopfen, seinen Anbau und seine Eigenschaften, und natürlich darf hier auch ein Faksimile des sogenannten „Reinheitsgebots“ von 1516 nicht fehlen, wobei man den Gestaltern der Ausstellung zugutehalten muss, dass sie unter dieser Urkunde auch zahlreiche Zutaten zeigen, die nach derzeitigem Lebensmittelrecht in deutschem Bier nicht zugelassen sind, weltweit aber als völlig selbstverständliche Rohstoffe, Zutaten und Gewürze gelten.
das Reinheitsgebot und ein paar der darüber hinausgehenden Zutaten
Mit jedem Schritt durch die Ausstellung nähere ich mich weiter der Neuzeit. Der Anbau wird professioneller, mehr und mehr Technik wird eingesetzt. Ob es Traktoren sind, Spritzen für Schädlingsbekämpfungsmittel oder automatische Hopfenpflückmaschinen – Schritt für Schritt wird Handarbeit durch Maschinen ersetzt oder zumindest ergänzt.
Eine kleine Brücke führt hinüber in die andere Hälfte der Ausstellung, und hier kommen Hopfenprodukte in den Fokus. Extrakte, Arzneien, natürlich das Bier als wichtigstes Endprodukt, Pellets, Ballots, und zwischendrin auch immer die dazugehörigen Reklameschilder, Emailletafeln, Drucke und Plakate.
Hovaletten – Hopfenwirkstoffe gegen Onanie
Schließlich darf auch ein kleines Sudwerk nicht fehlen – eine Hausbrauerei aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts ist hier ausgestellt. Bis 2011 ist sie mit einer Sudlänge von 400 Litern auf einem Hof in der südlichen Hallertau in Betrieb gewesen und hat die große Familie und die in der Saison hier arbeitenden Hopfenpflücker sechzig Jahre lang mit eigenem Bier versorgt.
eine bis vor ein paar Jahren noch betriebene Hausbrauerei
Ähnlich wie diese Brauerei blicken auch ganze Hopfenbauer- und -händlerfamilien auf eine wechselhafte Geschichte mit großen Erfolgen, Wohlstand, aber auch schwierigen Zeiten zurück, und die Ausstellung erinnert beispielhaft an die eine oder andere Dynastie.
Die einzelnen Stationen des Rundgangs nehmen den Besucher gedanklich mit in die jeweilige Epoche, und wer sich darauf einlässt und versucht, den Zeitgeist zu erfassen, wird sehr viele Eindrücke mitnehmen. Rasch verfliegt die Zeit, und ohne dass es langweilig wird, kann man in dieser Ausstellung gut und gerne einen halben Tag verbringen.
eine illuminierte Bierwand
Nach dem Rundgang folgt, wie eigentlich in jedem Museum weltweit, noch ein Blick in den Souvenirshop, und neben vielem Kitsch finden sich hier natürlich auch Spezialitäten aus Hopfen – besondere Biere, Schnäpse, aber auch andere Lebensmittel mit Hopfen wie Schokolade, Senf, Gummibärchen oder Tee – und ein umfangreiches Bücherangebot.
Ein sicher auch außerhalb der Erntesaison sehr lohnendes Ziel, für das man sich als Besucher aber genügend Zeit nehmen sollte.
Das Deutsche Hopfenmuseum Wolnzach ist täglich von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet; montags ist Ruhetag. Es ist zwei Minuten zu Fuß vom Wolnzacher Marktplatz entfernt, drei Minuten mit dem Auto von der Autobahn A93, Abfahrt Wolnzach.
Deutsches Hopfenmuseum Wolnzach
Elsenheimerstraße 2
85 283 Wolnzach
Bayern
Deutschland
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