Günther Thömmes
So braut Deutschland – Wo unser Bier entsteht

Das Bierbuch mit den runden Ecken. Gefällig liegt es in der Hand. Taschenbuchformat, aber hochwertiger Einband. Die drei eleganten Biergläser in den deutschen Nationalfarben Schwarz, Rot und Gold in Hochglanz, der Titel So braut Deutschland leicht erhaben gedruckt, schön zu ertasten. Sehr gefällig.

Was stört, ist das Sammelsurium von unterschiedlichen Schriften und Schnitten. Autor und Untertitel in serifenloser Schrift, Buchtitel mit Serifen, aber zur Hälfte kursiv gesetzt, zur Hälfte nicht. Der Titel der Buchreihe ganz oben ebenfalls: Ein Wort in fett und serifenlos, der Rest normal geschnitten, aber mit Serifen. Am linken Rand noch Verlags- und Programmname, ebenfalls in zwei unterschiedlichen Schriften. Das erzeugt Unruhe, das Auge wird vom eigentlich richtig guten Bild abgelenkt.

Und zu allem Überfluss auch noch ein Aufkleber. 500 Jahre Reinheitsgebot. Zum einen bricht er die Proportionen des Titels, zum anderen stellt sich mir sofort die Frage: Wieso prangt dieser Aufkleber auf dem Buch eines Autors und Brauers, der sich mit seinen wunderbaren Bieren und zahlreichen Aufsätzen immer wieder gegen diese unsinnige Vorschrift engagiert, das Reinheitsgebot in Frage gestellt und herrliche Biere mit Zutaten jenseits von Wasser, Hopfen und Malz gebraut hat?

Aber genug der Meckerei, denn abgesehen von diesen Kleinigkeiten (ja, es sind nur Kleinigkeiten, denn in allererster Linie zählt bei Büchern der Inhalt, oder etwa nicht?) ist es ein hervorragendes Buch geworden. Auf fast 200 Seiten beschreibt der bekannte Brauer, Bierkenner und Krimi-Autor Günther Thömmes die spannende Bierszene Deutschlands.

Günther Thömmes
So braut Deutschland – Wo unser Bier entsteht

Nach einem kurzen Vorwort geht es sofort zur Sache. Auf jeweils einer Doppelseite werden Brauereien vorgestellt. Kleine, ganz kleine und winzige. Ab und zu auch mal größere. Hochwertige Farbbilder auf der linken Seite, attraktiv und einladend, machen Lust auf ein Bier oder einen Besuch in der jeweiligen Brauerei; im Bild jeweils im kleinen, weißen Kasten Adresse, Telefonnummer und URL der jeweiligen Brauerei. Auf der rechten Seite eine kurzweilige Beschreibung. Komprimierte und trotzdem hervorragend lesbare Information. Was muss man von der jeweiligen Brauerei wissen? Ein wenig aus der mehr oder weniger langen, oftmals aber auch noch extrem kurzen Geschichte, ein wenig über die Personen im Hintergrund, über die besonderen Biere, die hier entstehen, und über das, was diese Brauerei zu einer besonderen macht. Dazu, sauber strukturiert und zu jeder Brauerei angegeben, ein paar Infos zur Produktion in Zahlen (für die Hobby-Statistiker), zu den produzierten Biersorten (von eins bis richtig viel ist alles vertreten) und zu Führungen und Veranstaltungen, die einen Besuch bei der vorgestellten Brauerei zu einem Erlebnis machen können.

Ein schöner Reiseführer also, der – wie der Titel der Buchreihe verspricht – zu Lieblingsplätzen zum Entdecken führt.

Eingestreut in die insgesamt sechsundsechzig Brauereibeschreibungen sind ein paar etwas längere Stadtszenarien. Auf drei bis vier Seiten beschreiben sie in unterschiedlichem Stil die wichtigsten Bierstädte Deutschlands: Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln und Bamberg. In Hamburg und Berlin vibriert die Bierszene, entstehen fast wöchentlich neue Brauereien oder Bierbars, tobt sich die Szene der jungen Wilden aus. Köln, Düsseldorf und Bamberg stehen für deutsche Bierstile und lange Biertradition. Diese fünf Szenarien, zum Teil von Gastautoren beigetragen, bilden eine schöne Klammer um die einzelnen Brauereiberichte. Sehr gelungen.

Leipziger Gose

Wer sich fragt, warum die einst so berühmten Bierstädte München und Dortmund nicht auftauchen? Nun, wer einmal genauer hinblickt, wird sehen, dass die einstmals so berühmten und erfolgreichen Brauereien mittlerweile zu globalen Konzernen gehören und mit wenigen Ausnahmen nur noch kleine Rädchen in der Maschinerie gewaltiger Bierfabriken sind. Mit gelebter Bier- und Brauereikultur hat das nicht mehr so viel zu tun, der Autor Günther Thömmes spricht in seinem Vorwort gar von einem Niedergang.

Und ein ganz besonderes Kapitel sei noch erwähnt: Wenn Frauen brauen … Bier ist schon lange keine reine Männerdomäne mehr. Frauen erobern sich den Weg zurück an die Braukessel, die Zapfhähne und die Theken der Spezialbierbars der Welt. Und wer’s nicht glaubt, wird in diesem Kapitel eines Besseren belehrt.

In der Summe ein tolles Buch. Absolut lesenswert, kurzweilig, mit schönen Farbbildern aufgelockert. Ein Buch zum nebenbei Lesen, zum Verschlingen oder als Hilfestellung, die nächsten Wochenendausflüge zu planen.

Und hervorragend lektoriert. Meinem Hobby, der Suche nach Druck-, Tipp- oder sonstigen Fehlern, konnte ich hier nicht richtig frönen. Ganz im Gegenteil, nur einen winzigen Kinken habe ich gefunden: Auf Seite 127 bleibt die Anzahl der in Alpirsbach gebrauten Biere ein Geheimnis. Rätselhaft heißt es dort: „Alpirsbacher produziert eine große Bandbreite, derzeit     verschiedene Biere.“

Glückwunsch, Günther! Tolles Buch!

Und wie der Insider bereits weiß: Die erste Auflage hat sich verkauft wie warme Semmeln, die zweite, etwas überarbeitete, ist bereits in Vorbereitung. Prima!

Günther Thömmes
So braut Deutschland – Wo unser Bier entsteht
Gmeiner-Verlag GmbH
Meßkirch, 2016
ISBN 978-3-8392-1873-0

Da ich selbst einer der in der Rezension erwähnten Gastautoren bin, wurde mir das Buch vom Verlag unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Es ist direkt beim Gmeiner-Verlag für 14,99 EUR, aber auch in allen einschlägigen On- und Offline-Buchhandlungen erhältlich.

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