„Your’re kidding“, behauptet Harvey und schaut mich ungläubig an. Der Amerikaner, mit dem ich gerade ins Gespräch gekommen bin, ist Bierliebhaber wie ich, und gemeinsam waren wir in Gedanken die Brauereien in der Region durchgegangen.
„Maxbräu Oberammergau?“
„Been there! – Ettal Klosterbräu?“
„Kenn‘ ich! – Murnau?“
„Oh, yes, indeed, Karg and Griesbräu! Great! – What about Mittenwald?“
„Ja, war ich auch schon, Brauerei Neuner, eine der höchstgelegenen Brauereien in Deutschland!“
„Okay, then we will find something here, in GaPa!”
“GaPa? In Garmisch-Partenkirchen? Nein, Harvey, da muss ich Dich enttäuschen. Hier gibt es keine Brauerei. Garmisch-Partenkirchen ist ein absolutes Touristenzentrum, in den bayerischen Alpen, aber es gibt keine Brauerei!“
Harvey kann es nicht glauben, und gemeinsam tippen wir auf unseren Smartphones herum, um es zu verifizieren. Und in der Tat. Garmisch-Partenkirchen? Nichts!
„Dann lass‘ uns aus der Not eine Tugend machen“, schlage ich vor. „Das Wetter ist herrlich, wir haben einen Moment Zeit, wir fahren ein Stück nach Österreich rein. Kurz vor Innsbruck gibt es eine Brauerei, in der ich noch nicht war, die Branger Alm. Auf geht’s!“
die Branger Alm hat etwas Mediterranes an sich
Bei Postkartenwetter, blühende Kirschbäume im Tal und schneebedecktes Karwendelgebirge links und rechts von uns rollen wir die paar Kilometer nach Österreich. Branger Alm, der Name gefällt Harvey. B-Ranger, spricht er es aus, und erzählt von seinen Zeiten in der Army, als er Ranger war. Was ein B-Ranger denn sei, will er wissen. So eine Art Ranger zweiter Klasse? A-Team und B-Team?
Seufz, ich verdrehe die Augen.
Langsam rollen wir auf österreichischer Seite ins Tal hinunter, zwei Kehren noch, und wir sind da. Die Branger Alm liegt vor uns. Der Parkplatz fast leer, die große, etwas düstere Schankstube auch. Die wenigen Gäste am heutigen Nachmittag sitzen alle im Biergarten, die erste Frühlingssonne genießend.
Blick in die Schankstube
Man sieht der Branger Alm an, dass sie auf gewaltigen Touristendurchsatz ausgelegt ist. Livemusik, Remmidemmi, und dazu fließt das Bier in Strömen. Und da hinten steht sie auch schon, die kleine, kupferne Brauerei. Eng in einen Winkel gezwängt, gerade genug Platz für den – hoffentlich nicht übergewichtigen – Brauer, um an alle wichtigen Armaturen heranzukommen. Nett anzusehen, aber nichts Besonderes. Eine Standardinstallation.
Wir setzen uns in den Biergarten und werfen einen Blick in die Karte. Genau eine Sorte Bier wird hier gebraut – Branger Bräu. Naja, es passt zum Gesamteindruck. Touristenschwemme, viel Bier. Keine Verkostung von irgendwelchen Spezialbieren, sondern große Humpen, Dicke-Backen-Musik, Tanz bis in den frühen Morgen.
das Sudwerk ist ein bisschen in die Ecke gezwängt
Ich bestelle ein kleines Bier, und wenige Sekunden später ist die nette Bedienung schon wieder da, stellt mir einen großen Humpen hin. Ich kucke erstaunt, aber bevor ich etwas sagen kann, klärt sie mich auf: „Nehmen Sie halt Ihr kleines Bier. Sie brauchen es ja nicht ganz auszutrinken. Ich habe aus Gewohnheit ein großes gezapft.“
Da ich noch fahren muss, werde ich in der Tat nur ein paar Schlucke trinken und den Rest stehen lassen müssen. Aber, so leid es mir tut, das sagen zu müssen: Es fällt mir nicht schwer. Das Bier ist süßlich, der Hopfen dient eher zur Zierde der Braukessel, war aber wohl nie in mehr als nur homöopathischer Menge in der Würze, und völlig überspundet ist das Bier auch. Schön anzusehen ist es, aber im Mund hat man nur Schaum und Süße. Ein Ruckzuck-Produkt. Kleine Anlage, großer Durst der Gäste, da wird das Bier so rasch wie möglich umgesetzt. Keine Zeit für eine lange, kalte Lagerung, für eine schöne Kohlensäurebindung. Sprudelig und jung wird es ausgeschenkt.
Schade.
bizzelig und überspundet
Auch Harvey ist enttäuscht. So hatte er sich das mit dem Ausflug in eine österreichische Gasthausbrauerei nicht vorgestellt. Ist bestimmt schön hier, wenn Party ist, und auch die Rast im sonnigen Biergarten war ja in Ordnung. Die Bedienung war freundlich und blitzefix, die Frittatensuppe lecker … Aber was hilft’s, wenn das Bier nix Dolles ist?
Die Branger Alm ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Als 1. Tiroler Wirtshausbrauerei braut sie das Branger Bräu seit über 20 Jahren. Die Anfahrt mit dem Auto ist kein Problem, sind nur drei Minuten von der A12, Abfahrt Zirl-Ost. Parkplätze stehen direkt vor dem Wirtshaus reichlich und kostenfrei zur Verfügung.
Branger Alm Gastronomie GmbH
Unterperfuss 32
6175 Unterperfuss
Österreich
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