Bier trifft Pivo
Online-Verkostung
des Tschechischen Zentrums

Über drei Jahre habe ich in Tschechien gelebt, und auch wenn das schon wieder eine Weile her ist, so habe ich in der Zeit doch eine besondere Beziehung zu diesem Land und seinen Menschen aufgebaut, die unverändert besteht.

So freue ich mich heute, am 29. September 2021, ganz besonders, dass es eine deutsch-tschechische Online-Verkostung gibt, in der drei deutsche und drei tschechische Biere verkostet und von renommierten Kennern vorgestellt werden: Bier trifft Pivo.

Auf deutscher Seite ist dies Oliver Wesseloh, Gründer der Kreativbrauerei Kehrwieder und Weltmeister der Biersommeliers 2013, und auf tschechischer Seite Filip Nerad, der Leiter der Auslandsredaktion beim CZE Rundfunk und „selbsterklärter Beer Geek“.

Begrüßung durch Jiři Rosenkranz vom Tschechischen Zentrum – alles ist vorbereitet

Die Veranstaltung beginnt mit einer kurzen Begrüßung durch Jiři Rosenkranz vom Tschechischen Zentrum, einem Kulturinstitut, das einmal Berlin und einmal in München vertreten ist. Das Tschechische Zentrum hat die heutige Veranstaltung, die die erste ihrer Art ist, gemeinsam mit der Bierothek organisiert und ist dabei vom tschechischen Landwirtschaftsministerium und der tschechischen Botschaft unterstützt worden, dementsprechend gehen Grüße und Dank auch an diese Institutionen.

Dann geht es aber schnell zur Verkostung über. Filip und Oli wechseln sich ab, jeder stellt die Biere aus seinem Heimatland, die er auch selbst ausgesucht hat, vor. So unterschiedlich die Charaktere der beiden sind (Oli textet gnadenlos jeden an die Wand, der sich nicht wehrt, während Filip die Worte vorsichtig abwägt und zurückhaltend präsentiert), so unterschiedlich sind auch die sechs Biere. Es kommt also für keinen Moment Langeweile auf.

Zwei Stunden lang verkosten wir, diskutieren parallel im Chat über die Biere und die Moderatoren, und obwohl fast hundert Menschen teilnehmen, bleibt alles kontrolliert.

nette Paralleldiskussionen im Chat

Im Chat entspinnen sich Diskussionsfäden, die teilweise deutlich über die vorgestellten Biere hinausgehen – so wird für einen Moment die Begrifflichkeit „Süffigkeit – Drinkability – Durchtrinkbarkeit“ diskutiert, im nächsten geht es um die grundsätzlich unterschiedliche Schankphilosophie in den beiden Ländern. Spannend, und mehr Informationen liefernd, als man nebenbei aufnehmen kann – immerhin gilt es ja auch noch, die Biere gebührend zu genießen.

Eine rundum schöne Veranstaltung, an die mich insbesondere auch meine Verkostungsnotizen noch lange erinnern werden.

Verkostungsnotizen

Primátor – Premium Lager (5,0%)

Goldgelbe Farbe, klar, der Schaum ist schneeweiß, fällt aber schnell zusammen. Deutlicher, aber nicht unangenehmer Diacetylgeruch. Spritziger und etwas scharfer Antrunk; auf der Zunge etwas schöne Malzsüße, gepaart mit einer deutlichen, aber nicht übermäßigen Hopfenherbe und retronasal immer noch etwas Diacetyl. Im Abgang überraschend sauber und mit einer feinen Herbe, die nicht nachhängt.


Schneeeule – Yasmin – Berliner Weisse mit Jasminblüten (3,5%)

Blassgelbe Farbe, gleichmäßig trüb, kaum Schaum, und die Reste zerfallen auch ruckzuck. Heftig ledriger Geruch durch die Brettanomyces Hefe. Sehr saurer und knochentrockener Antrunk. Auf der Zunge dominiert die Säure zunächst, erst nach einigen Schlucken gewöhnt man sich an die Säure und beginnt, andere Nuancen wahrzunehmen. Dann kommen plötzlich blumige Noten zum Vorschein (auch im Geruch), die zunächst völlig untergegangen sind. Es bleibt aber alles knochentrocken. Die Säure bleibt nach dem Schluck noch ein Weilchen erhalten und klingt nur langsam ab.


Zatecky Pivovar – Sedmý Schod (5,5%)

Rotgolden, fast kupferfarben, klar; schöner, weißer Schaum, der aber rasch zerfällt. Leicht karamelliger Duft. Kräftiger Antrunk, rund, voll, gleichzeitig aber auch schön hopfig, dezentes Karamell retronasal. Kernige, aber sehr saubere Herbe im Abgang, höchst durchtrinkbar, obwohl durchaus charakterstark und deftig.


Uerige – Altbier (4,7%)

Dunkelbraun, klar, sehr schöner eierschalenfarbiger und lange haltbarer, kremiger Schaum. Etwas Karamell, aber auch rustikale Hopfen- und leicht röstige Aromen. Der Antrunk ist spritzig, und direkt danach macht sich eine kernige Bittere gnadenlos auf der Zunge und am Gaumen breit. Knackig, wuchtig, etwas kantig. Die Malzaromen und Karamellnoten, die durchaus vorhanden sind, werden gnadenlos überfahren, man muss aufmerksam hinter ihnen her schmecken. Auch beim Schluck bleibt diese heftige Herbe erhalten, wird aber niemals kratzig, sondern bleibt ganz sauber. Im Resultat ist der Gaumen trocken und verlangt sofort nach dem nächsten Schluck.


Primátor – Dark Lager (4,5%)

Sehr dunkelbraune, fast schwarze Farbe, klar. Leicht beigefarbener Schaum, der recht rasch verschwindet. Karamell- und Röstaromen treten deutlich hervor, dahinter eine feine süßlich-malzige Note, Tannenhonig. Spritzig im Antrunk. Auf der Zunge kräftig herb mit deutlichen Röstnoten, etwas Mokka und Bitterschokolade, aber vorwiegend im retronasalen Aroma. Eine spannende Kombination aus süßlich wirkendem Karamell und Röstbittere. Im Abgang eine kernige und röstige, ganz leicht brenzlige Herbe, die einen trockenen Gaumen und Durst macht.


Brauerei Spezial – Rauchbier (4,9%)

Dunkelkupferfarben, klar. Beigefarbener Schaum, der aber nicht lange hält. Intensiver, holzig-würziger Rauchgeruch. Ein leicht kremiger Antrunk, auf der Zunge eine deutliche, kernige Bittere, die sich mit kräftigem Raucharoma paart, das insbesondere retronasal deutlich in den Vordergrund tritt. Eine leicht Malzsüße ist im Hintergrund auch zu spüren. Der Abgang ist etwas glitschig in der Textur, die Herbe klingt rasch ab, und es bleibt ein dezent rauchiger Nachgeschmack. Sehr schön, und nicht zu aufdringlich.

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