Karl Hennies, Robert Spanner
Die Brauerei im Bild

Ein bisschen ramponiert ist das Buch leider schon. Der eigentlich robuste Kartonumschlag, der Leinenrücken, die Bindung mit echten Nähten – alles ist auf Langlebigkeit ausgerichtet. Aber rund 80 Jahre haben doch ihre Spuren hinterlassen. Die Ecken sind abgestoßen, der feste Karton irgendwann doch einmal geknickt worden.

Karl Hennies, Robert Spanner
Die Brauerei im Bild

Um so vorsichtiger gehe ich mit diesem Buch jetzt um. Mitten im Krieg ist es entstanden, erstmalig herausgegeben 1940; vor mir liegt ein Exemplar der zweiten Auflage aus dem Jahr 1942. Die Brauerei im Bild – ein Lehrbuch für den angehenden Brauer, aber auch gedacht für „einen Laien (…), der zum ersten Mal in seinem Leben durch eine Brauerei geführt wird“, wie es der Autor Karl Hennies in seinem Vorwort schreibt. Kurze Texte, die sich auf das Wesentliche beschränken, heißt es, und dazu aus der Hand des Zeichners Robert Spanner 78 Zeichnungen und Lichtbilder, sowie neun Tafeln.

In drei große Abschnitte ist das Buch aufgeteilt: „Die Malzbereitung“, „Die Bierbereitung“ und „Der Mensch und das Bier“. An ihnen wird die didaktische Zielrichtung bereits deutlich – die beiden Säulen des Berufsbilds Brauer und Mälzer, und im dritten Abschnitt die Rolle des Biers im Alltag der Menschen, aber auch seine wirtschaftlichen Aspekte.

Die gebrochene Schrift macht es vermutlich manchen etwas schwer, dieses Buch flüssig zu lesen. Wer nicht von seinen Großeltern mit dieser Schrift vertraut gemacht worden ist, wird wohl eher Wort für Wort vor sich hin buchstabieren. Aber es macht trotzdem Spaß!

einzeln gefaltete und eingeklebte Bildtafeln

Mich persönlich beeindruckt der enorme Aufwand, der in dieses Buch geflossen ist. Die separat gedruckten Bildtafeln sind sorgfältig auf das Format des Buches gefaltet und einzeln auf die entsprechende Seite geklebt worden. Angesichts einer Auflage von zwei Mal 4000 Exemplaren eine echte Fleißarbeit. Ein bisschen ist das Papier dieser Tafeln vergilbt, und an der einen oder anderen Stelle sind die Falze eingerissen. Nun ja, achtzig Jahre sind eine lange Zeit …

Manche Formulierungen muss man im Kontext der Zeit lesen und darf sie in der Rückschau nicht überbewerten. So heißt es im Vorwort zur zweiten Auflage: „Möge die neue Auflage mit dazu beitragen, die rastlos schaffenden Deutschen vorzubereiten auf die großen Aufgaben nach einem siegreichen Frieden!“ So traurig es ist: Ohne solche Aufrufe ist es im Dritten Reich wohl nicht gegangen.

Ähnlich altmodisch, aber wenigstens ohne Kriegsrhetorik, die Sätze, mit denen das Buch schließt: „Nun mag uns ein frisches Glas, sei es ein feines hopfenbitteres Helles oder ein angenehm vollmundig-malziges Dunkles, köstlich munden. So wie es unseren beiden Bauern schmeckt, die am Sonntagnachmittag nach der Woche arbeitsamem Gang in besinnlicher Stunde Rast halten, ein gutes Wort miteinander reden, ihr Glas Bier Schluck für Schluck genießen, langsam und mit Bedacht, und neue Kraft und neuen Mut für der Tage Arbeit schöpfen.“

altmodische, schwülstige Formulierungen

Fast schon ketzerisch möchte ich bei diesen Formulierungen an die aktuelle Mode der Achtsamkeit denken, wenn auch die Bedacht, mit der das Bier damals getrunken werden sollte, eher dem Erhalt der Arbeitskraft als der individuellen Selbstverwirklichung dienen sollte …

Karl Hennies, Robert Spanner
Die Brauerei im Bild
Verlag F. Carl
Nürnberg, 1940
ISBN – ohne –


Die 7. Auflage dieses Buchs aus dem Jahr 1977 zeigt, wie rasch die Zeit vergeht.

Karl Hennies, Robert Spanner, Georg Zentgraf
Die Brauerei im Bild

Das Buch ist im Format etwas gewachsen, es ist nicht mehr im Leinen-, sondern im Kartoneinband mit Schutzumschlag ausgeliefert, und es hat zum gesamten Bildmaterial zweisprachige Unterschriften – nicht nur in Deutsch, sondern auch in Englisch. Und eben dieses Bildmaterial ist auch signifikant erweitert worden. Nicht mehr nur einzelne Fotografien und zahlreiche Zeichnungen, sondern eine beeindruckende Menge an Detailfotos, Explosionszeichnungen und ähnlichem finden sich auf den über 140 Seiten der neuen Auflage.

die 7. Auflage ist noch reichhaltiger bebildert

Das Papier ist hochwertig, leicht glänzend, die durchgängig in Schwarzweiß gehaltenen Bilder sind gestochen scharf wiedergegeben.

Überraschend ist, dass sich an den eigentlichen Text ein umfangreicher Teil an Werbung anschließt – mehrere Dutzend Seiten, die sogar (und hier ist offensichtlich kein Aufwand zu hoch) in Farbe und teilweise sogar mit haptischen Effekten gedruckt sind. Ein Versuch, den Verkaufspreis des Buchs niedrig zu halten?

Karl Hennies, Robert Spanner, Georg Zentgraf
Die Brauerei im Bild
Verlag Hans Carl
Nürnberg, 1977
ISBN 3-418-00634-5

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