Rodenberg – ein winziges Städtchen in Niedersachsen, nur zwei Dutzend Kilometer von Hannover entfernt. Ich bin ganz in der Nähe aufgewachsen und habe in meiner Jugend nun wahrlich schon fleißig Bier getrunken, und dennoch habe ich erst jetzt erfahren, dass dieses Städtchen eine langjährige und regional bedeutende Braugeschichte hat.
Hans Heinrich Hartmann
Kinkeldey-, Bock- und Weiberbier
Die Rodenberger Braukunst von 1322 bis 1879
In der kleinen, 64 Seiten dicken Broschüre (Büchlein kann man den mit zwei Heftklammern zusammen getackerten und dann gefalteten Papierstapel eigentlich nicht nennen) „Kinkeldey-, Bock- und Weiberbier“ hat der Autor Hans Heinrich Hartmann die 550 Jahre währende Geschichte des Brauwesens der Stadt aufgearbeitet und in kurzen Kapiteln dargestellt.
Den Beginn markiert das von Graf Adolf vergebene Bierbann-Privilegium, eine Art Braulizenz, die den Rodenberger Bürgern 1322 verliehen wurde. Es entstanden in der Folge zahlreiche Brauhäuser, die teils als sogenannte „Brauküchen“ in Privatbesitz der sogenannten Freibraubürger waren, teils als Genossenschaftsbrauhäuser den brauberechtigten Regebraubürgern zur Verfügung gestellt wurden.
Insbesondere mit dem um 1500 aktiven Brauer Hans Kinkeldey gewann das Rodenberger Bier in der Region gewaltig an Bedeutung, so dass das kleine Städtchen für lange Zeit den lokalen Biermarkt geradezu dominierte. Im Dreißigjährigen Krieg gab es zwar einen gewaltigen Rückschlag, aber dennoch blieb die Bierproduktion unverändert ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor, bis mit dem Großbrand 1859, der vom großen Brauhaus ausging und neben diesem auch weite Teile der Innenstadt zerstörte, das Ende eingeleitet wurde. Zwar wurde das Brauhaus wieder aufgebaut, aber der Niedergang konnte nicht mehr aufgehalten werden, so dass 1880 die örtliche Braugilde aufgelöst und jegliche Brautätigkeit eingestellt wurde.
viel ausführlich zitiertes Quellenmaterial einschließlich einer bearbeiteten historischen Karte
Der Autor stützt sich in seinen Schilderungen auf zahlreiche Quellen, die er auch ausführlich zitiert. Leider stehen viele Aussagen übergangslos nebeneinander; die vielen kleinen Kapitel unterbrechen den Erzählfluss, und häufig wird in den Überleitungen zwischen zitierten Abschnitten wenn schon nicht sinnentstellend, dann doch sehr holprig verkürzt, so dass sich die Broschüre nicht gut liest. Hier wäre sicherlich anzuraten gewesen, nach dem Sammeln und Studieren der zahlreichen, sehr interessanten Quellen zunächst eine kompakte und in sich schlüssige Darstellung zu schreiben und diese dann nachträglich mit den Quellen und Zitaten aus diesen zu ergänzen. So bleibt leider alles nur Stückwerk.
Trotzdem: Wie hätte ich sonst erfahren, dass die kleine Nachbarstadt aus meiner Jugendzeit so eine abwechslungsreiche Biergeschichte hatte?
Hans Heinrich Hartmann
Kinkeldey-, Bock- und Weiberbier
Die Rodenberger Braukunst von 1322 bis 1879
Rodenberg Verlag
Rodenberg, 2020
ISBN -ohne-
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