Tribaun
Innsbruck
AUT

Müde laufe ich durch das abenddunkle Innsbruck. Ein langer Tag war es gewesen, mit vielen schönen Biererlebnissen. Zunächst die lange und ausführliche Besichtigung der Brauerei Schloss Starkenberg, dann die Fahrt nach Innsbruck, das Hotel bezogen, ein langer Spaziergang durch die Altstadt. Ein Abendessen im Theresienbräu, ein edles Abschlussbier im Stieglbräu. Und jetzt der Rückweg zum Hotel, die Gedanken sind schon vorausgeeilt, ich wähne mich bereits im kuscheligen Bett.

„Kuck mal, eine Craftbier Bar“, dringt es wie von weiter Ferne an mein Ohr. Ohne es wirklich zu registrieren, winke ich ab, laufe weiter.

„Heh!“, wird es jetzt lauter, „Geht es Dir noch gut?“ Die Stimme meiner holden Ehefrau wird schneidend. „Ich rede mit Dir!“

„Hm?“

„Eine Craftbier Bar, schau!“

Ich hasse es, wenn sie mich um diese späte Zeit auf den Arm nehmen möchte, sich daran weiden möchte, wie ich neugierig kucke, nur um dann breit zu grinsen und „Ätsch! Ich wollte nur wissen, ob Du mir überhaupt noch zuhörst!“ zu sagen. Trotzdem drehe ich mich um und …

… blicke auf eine Reklametafel. „Craft Beer. 20 Taps. Bottle Shop Open Daily“ steht etwas ungelenk darauf geschrieben.

Craft Beer 20 Taps

Blitzartig bin ich wach. Wie denn? Was denn? Wo denn? Wie konnte das passieren? Hatte ich heute Nachmittag im Internet nicht eben schnell mal nach Bier in Innsbruck gegoogelt? Wir konnte mir denn da eine Craftbier Bar durch die Lappen gegangen sein?

Aber es ist keine Fata Morgana. Die Tafel ist real. Der beleuchtete Eingang dahinter und die Treppe in den Keller ebenfalls. Vorsichtig steigen wir die Stufen in die Bar Tribaun hinunter, noch etwas geblendet vom Licht. Links von uns im Aquarium die Raucher, dahinter, im Qualm schemenhaft zu erkennen, ein paar Regale aus Holzkisten mit lauter Bierflaschen. Rechter Hand der – größere – Schankraum mit einer langen Theke.

Wir gehen hinein, schauen uns um. Zwanzig Zapfhähne zähle ich.

zwanzig Zapfhähne

Mein Blick wandert hoch auf die Wand hinter der Theke, ich suche die unvermeidliche große Kreidetafel mit dem aktuellen Angebot. Fehlanzeige. Stattdessen zwei Monitore, auf denen die aktuelle Zapfhahnbelegung zu sehen ist. Der Barmann greift hoch, dreht einen der Monitore in meine Richtung, und ich kann in Ruhe das Angebot studieren. Neunzehn Biere und ein Cider.

Der Barmann und seine Kollegin wuseln hinter der Bar hin und her, haben gut zu tun. Sie zapfen hier ein Probierglas, dort ein Degustationsglas. Aus Hahn 11 werden zwei große Pitcher gefüllt. Ein Blick auf den Monitor – aha! Schönramer Hell. Ein ausgezeichnetes, mildes und rundes Bier, und somit ideal auch als Trinkbier gegen den großen Durst geeignet. Nach x Probeschlucken kräftiger Stouts, IPAs, Tripel oder Doppelbocks braucht man auch einfach mal einen großen Schluck zum Zischen, um die Geschmackspapillen wieder frei zu bekommen.

Going Hazel Nuts & Pale Jane

Großen Durst haben wir allerdings nicht, und so bleiben wir bei zwei Probiergläsern. Aus der Brauerei Bierol ist das eine, das Going Hazel Nuts, ein Stout mit Haselnüssen. Abgesehen davon, dass ich den Namen der Brauerei unverändert rumpeldumm finde und das Wortspiel mit Bier und Tirol bei mir einfach nicht zündet, gefällt uns das Bier heute auch nicht. Vor wenigen Wochen erst hatten wir es in Wien verkostet, waren zufrieden gewesen, aber heute schmeckt es nicht. Keine schönen nussigen Aromen, stattdessen eine fast schon aufdringliche Säure, bei der wir uns nicht wirklich sicher sind, ob sie beabsichtigt ist, oder ob das Fass schon am Umkippen ist.

Etwas besser das Pale Jane von Grok. Eine noch ziemlich unbekannte lokale Brauerei, deren Biere alle mit den Buchstaben P und J beginnen. Etwas kantig, das Pale Ale, knackige, leider aber auch etwas breite Bittere. Nicht wirklich ausbalanciert, aber dennoch ganz gut trinkbar.

Wir schauen den langen Schankraum hinunter. Links von der Theke beginnt der Shop-Bereich. Die Wände sind vollgestellt mit Regalen, die sich bei näherem Hinsehen als gestapelte Holzkisten erweisen. Eine große und spannende Auswahl an Flaschenbieren. Davor ein paar Tische und Bänke, die jetzt, am Abend, natürlich mit Fassbiertrinkern besetzt sind. Auch hier ist bestimmt schön sitzen, mit Ausblick auf die geschickt präsentierte Flaschenbierkollektion.

Trinken mit Blick auf die Flaschenbierkollektion

Tja, für heute muss ich es zugeben: Hätte mich meine Frau nicht auf die kleine, unauffällige Klapptafel aufmerksam gemacht, ich wäre direkt an der Craftbier Bar Tribaun vorbeigelaufen, hätte sie keines Blickes gewürdigt und hätte wirklich etwas verpasst. Und dabei bin ich es doch sonst immer, der den Begriffen Bier und Brauerei gegenüber so übersensibilisiert ist … Verkehrte Welt!

Die Craftbier Bar Tribaun ist täglich ab 17:00 Uhr geöffnet; kein Ruhetag. Durch die Lage nur wenige Schritte ostwärts vom Burggraben ist sie aus der Fußgängerzone heraus in zwei Minuten zu erreichen; vom Hauptbahnhof aus sind es vielleicht sieben Minuten.

Bilder

Tribaun
Museumstraße 5
6020 Innsbruck
Österreich

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