Stiegl, die Großbrauerei aus Salzburg, die uninteressante Lager in gewaltigen, industriellen Mengen produziert. Eine Brauerei aber, die auch interessante Experimentalbiere braut. In kleinen Mengen nur, als Monatsbiere, unter der Marke Wildshuter. Und so ist es zwar nicht abgesprochen, aber dennoch selbstverständlich, dass meine holde Ehefrau und ich beim Spaziergang durch Innsbruck beide unsere Schritte sofort in Richtung des schönen Wirtshausschilds Stiegl Gaststätte lenken.
Wir laufen über den Landhausplatz, stehen vor dem Befreiungsdenkmal, das die französische Militärregierung nach dem Zweiten Weltkrieg für die im Kampf gegen den Nationalsozialismus gestorbenen Österreicher hat errichten lassen, und lesen die Aufschrift „Pro Libertate Austriae Mortuis“ – „Den für die Freiheit Österreichs Gestorbenen“. Und dann sehen wir rechts von uns den großen Ausleger. Schmiedeeisern, mit goldverziertem Adlerkopf, Gerstenähren und Hopfendolden und einem Stiegl-Bierkrug in der Mitte.
das schöne Wirtshausschild lädt ein
Na dann, auf geht’s. Ein leckeres Bier, das gönnen wir uns jetzt nach so viel Kultur und Gedenken.
Direkt unter dem Wirtshausschild müssen wir uns entscheiden. Rechts geht es in die Stieglitz-Bar, lustig, fröhlich, gemütlich. Aber für Raucher. Die Tür geht auf, ein paar Gäste kommen heraus, der Gestank, den sie mitbringen, macht uns die Entscheidung leicht. Wir gehen links.
Gediegene Atmosphäre, Restaurant- statt Barbetrieb. Aber es ist kein Problem, wir dürfen auch nur auf ein Bier Platz nehmen, brauchen nicht zu essen, werden noch nicht einmal gedrängt.
Wir sehen uns um. Ansprechend ist es hier, vielleicht einen Hauch zu aufgeräumt, zu ordentlich, vielleicht einfach noch zu neu. Es fehlt die nach Jahren langsam gewachsene, dekorative Unordnung, die eine gefühlt schon immer etablierte Gastwirtschaft auszeichnet. Hier hat man mal etwas hingehängt, dort mal etwas aufgestellt, was an ein bestimmtes Ereignis, an einen bestimmten Gast erinnern soll. Hier im Stieglbräu fehlt so etwas. Alles ist fast schon zu perfekt aufeinander abgestimmt. Trotzdem aber gemütlich.
schön, aber fast schon zu ordentlich und aufgeräumt ist es hier
Ein Blick in die Speise- und Getränkekarte. Keine besonderen Biere sind aufgelistet. Wir machen lange Gesichter. Also, auf ein Goldbräu sind wir mit Sicherheit nicht hergekommen. Also, die Frage an den netten jungen Kellner: „Gibt’s auch was Besonderes?“ Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen, man habe zwei Monatsbiere da. Die wären aus der Serie Wildshuter, das sei ein Landgut, das zur Stieglbrauerei gehöre, und da würde man eigene Gerste anbauen, selbst mälzen und besondere Biere entwickeln. Und die gebe es dann als Monatsbier. „Aber …“, fügt er bedauernd hinzu, „die seien natürlich schon ein wenig teurer!“
Den Preis nehmen wir aber in Kauf und gönnen uns eine 0,75-l-Flasche des Biers Wildshuter Männerschokolade, einer Art Stout, gebraut mit Schoko- und Karamellmalz und mit Malz aus Schwarzhafer. Klingt spannend. Wir bekommen es stilecht in einem Metallkühler serviert, der aber – zum Glück! – nicht mit Eis oder Eiswasser gefüllt ist, sondern schlicht und einfach nur die Flasche isolieren soll, so angenehm trinkkühl, wie sie gerade ist. Dazu elegante Verkostungsgläser. Biergenuss mit Stil.
Wildshuter Männerschokolade
Das Bier überzeugt. Schokoladenaromen, gepaart mit einer hopfigen Bittere. Eine leicht seidige Konsistenz, nicht zu stark gespundet. Ein feines Bier für den kleinen, genießerischen Schluck. Nichts gegen den Durst. Ganz im Gegenteil – nachdem wir die Flasche geleert haben, die schokoladigen und leicht karamelligen Aromen genossen haben, haben wir eigentlich Durst auf etwas Frisches bekommen. Selbst ein Glas Wasser wäre jetzt recht. Nicht, um den Geschmack herunter zu spülen, aber als Erfrischung dazu.
Um uns herum füllt sich das Lokal langsam. Die meisten der anderen Gäste bestellen gedankenlos irgendein Bier, dazu deftiges Essen. Echte Genussbiere sehen wir an keinem der anderen Tische. Kunststück, wenn sie nicht in der Karte erwähnt werden und man erst den Kellner fragen muss … Hier könnte sicherlich noch etwas mehr für das gute Bier getan, die Werbetrommel kräftiger gerührt und der Gast besser informiert werden.
Das Stieglbräu Innsbruck ist täglich ab 10:00 Uhr durchgehend bis in die Nacht geöffnet; sonntags ist Ruhetag. Zu erreichen ist es vom Hauptbahnhof aus in weniger als fünf Minuten zu Fuß, es sind nur wenige Schritte.
Stieglbräu Innsbruck
Wilhelm-Greil-Straße 25
6020 Innsbruck
Österreich
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