Die Brauerei Sobótka Górka steht als Ruine im Ortsteil Górka (Gorkau) – das große, alte Ziegelgebäude beeindruckt nicht mehr, sondern schreckt mit seinen eingeschlagenen Fenstern und der heruntergekommenen Freifläche davor nur noch ab. Büsche und Birken wachsen in den Betonfugen und eine örtliche Firma stellt hier gelegentlich ihre Lastwagen ab.
Und doch hat es sie gegeben, die Zeiten, in denen hier ein leckeres Bier gebraut wurde, das im Breslauer Raum bekannt und beliebt war. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier die Produktion fortgesetzt, und es wurden nicht nur Biere, sondern auch Erfrischungsgetränke hergestellt und abgefüllt. Erst die wirtschaftliche Wende leitete den Abstieg der Brauerei ein – nur wenige Jahre waren ihr noch vergönnt, bis sie endgültig geschlossen wurde. Der weitere Weg bis hin zur Ruine war unaufhaltsam.
Und dennoch ist die Brauerei auch heute noch interessant. Streift man – halblegal – durch die alten Mauern, so entdeckt und identifiziert man die unterschiedlichen Funktionsräume. Ob es die alte Tenne war, auf der das Getreide selber gemälzt worden war, oder die Malzsilos, dann die Räume, in denen Pfannen und Kessel standen – jedes einzelne Gerät des Sudwerks lässt sich noch lokalisieren. Obwohl die noch verwertbaren Stahl- und Kupferteile natürlich längst ausgebaut und zu Geld gemacht worden sind. Auch die Gärbottiche aus Granit und Edelstahl, in denen das Bier seinerzeit offen vergoren worden ist, stehen noch da.
Für den Bierliebhaber ein spannender Spaziergang durch vergangene Jahrzehnte, und wenn an der einen oder anderen Stelle sogar noch eine Wandmalerei mit Hopfenranken oder ähnlichem zu sehen ist, hüpft das Herz.
Während unserer Erkundung der alten Ruinen am 28. Juni 2014 begleitete uns eine ehemalige Mitarbeiterin der Brauerei, Pani Suzanna, die über dreißig Arbeitsjahre lang hier ihr Geld verdient hatte. Zwar war sie seit der Schließung der Brauerei nicht mehr im Gebäude gewesen und im ersten Moment fürchterlich schockiert vom Verfall, aber dann begann sie, zu jedem einzelnen Raum, zu jeder Installation eine Geschichte zu erzählen. Über 100 hl wurden hier pro Sud hergestellt, manchmal in bis zu drei Schichten täglich, und selbst an das eine oder andere Rezept konnte Pani Suzanna sich noch erinnern.
Aber der Rundgang durch das Brauereigebäude war heute nicht alles. Das wahre Geheimnis der Browar Sobótka Górka liegt nämlich außerhalb des Ziegelbaus, oder besser hinter und unter ihm. Der Bau steht direkt am Hang, und in den Hang waren seinerzeit gewaltige Gänge und Kellerräume getrieben worden. Tief unten im Gestein herrschten gleichmäßig kühle Temperaturen, sommers wie winters, und so konnte das frisch gebraute Bier hier in Ruhe reifen, ohne Temperaturschwankungen ausgesetzt zu sein.
Mehr noch: Beim Errichten dieser Kellergänge hat man auch darauf geachtet, dass zwischen der natürlichen Felswand und den Lagertanks Wände errichtet wurden, die durch ihre Form und Gestaltung eine künstliche Lüftung forcierten. Mehr als einmal konnten wir durch Löcher in diesen alten Wänden einen eiskalten Luftzug spüren. Weit mehr als ein Dutzend großer Kellerräume gibt es, verbunden durch ein Labyrinth an Gängen, und wie Pani Suzanna erzählte, war es damals dringend geboten, die vielen hundert Lagertanks sorgfältig zu nummerieren und zu beschriften, auf dass sich die Mitarbeiter in diesem Labyrinth nicht verliefen. Hervorragende Verstecke boten die Gänge gleichwohl, und so wurde im Verborgenen gelegentlich mehr von dem lagernden Bier heimlich konsumiert, als es das Deputat den Brauereimitarbeitern eigentlich erlaubt hätte.
Einer der kleineren Seitengänge führt bis an ein tiefes Loch, einer kleinen Höhle gleich. Vielleicht vier, fünf Meter tief scheint es zu sein und völlig leer. Bis man beim sich Vornüberbeugen plötzlich registriert, dass es mit kristallklarem Wasser bis zum Rand gefüllt ist. Kein Lufthauch kräuselt die Wasseroberfläche, kein Staub verschmutzt und trübt das Wasser, und ganz langsam dringt es von unten nach und rinnt über den Rand der Höhle lautlos hinweg. Faszinierend.
Mit diesem Wasser ist früher gebraut worden, und heute fassen sich gelegentlich Taucher ein Herz und erkunden die langen Gänge und Höhlen, durch die dieses kristallklare Wasser aus dem Berg bis in die Keller der Brauerei fließt. Beeindruckend.
Bei unserer Rückkehr an die Oberfläche gleißt uns nicht nur das helle Sonnenlicht in die Augen, die sich in den vergangenen Stunden an das fahle Taschenlampenlicht gewöhnt haben, auch die schwüle Hitze könnte kontrastierender nicht sein zu den kühlen sieben, oder acht Grad unter Tage.
Eine schon seit rund zwanzig Jahren stillgelegte Brauerei, eine Ruine nur noch, und dennoch fesselnd, mit ihren alten Gemäuern, Installationen, Gängen und Quellen eine Geschichte erzählend, die Geschichte des Gorkauer Biers.
Browar Sobótka
ulica Browarniana
50-050 Sobótka Górka
Polen
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