Wo mich meine Bierbegeisterung überall hinführt …
„Wow, das war jetzt mal eine hochspannende Technik-Präsentation“, denke ich mir, als ich das Firmengebäude von Endress+Hauser BioSense im FRIZ, im Freiburger Innovationszentrum, wieder verlasse.
Bisher habe ich mich mit Bierschädlingen ja immer nur von der sensorischen Seite her beschäftigt, habe überlegt, welche Infektion denn zu diesem leicht säuerlichen Geschmack geführt haben könnte, welcher Mikroorganismus für das dezent faulige Aroma verantwortlich sein möge oder warum ein Bier schon vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums umgekippt ist und quasi viskos aus der Bierflasche heraustropft – die zu warme Lagerung allein kann das ja nicht verursacht haben. Und ich habe mich natürlich oft schon gewundert (und dann auch gelästert …), warum es speziell in den Gasthausbrauereien immer wieder vorkommt, dass offensichtlich infizierte Biere in den Ausschank kommen und die Gäste sich mit der Begründung zufriedengeben, das sei ein hausgebrautes Bier, das müsse so schmecken.
Heute aber mal eine andere Perspektive: Wie kann ich denn einen Bierschädling erkennen, bevor er sich auf die Sensorik, das Aroma, also Geruch und Geschmack auswirkt?

Ein Thermomix für’s Brauereilabor?
Beispielsweise innerhalb von gerade mal einer Stunde per PCR-Analyse, wie mir die Damen und Herren von Endress+Hauser BioSense mit Stolz demonstrieren. Das Gerät steht vor uns auf dem Konferenztisch. „Sieht aus wie ein Thermomix für’s Brauereilabor“, lästere ich, aber ich sehe am Lächeln des Geschäftsführers, Nicholas Krohn, dass ich damit gar nicht so verkehrt liege. Gemeinsam mit Sales and Application Specialist Vera Poetschke und Sales Specialist Folker Pintat zeigt er mir, wie in Windeseile aus einer Probe von gerade mal 30 ml „verdächtigem“ Bier ein Konzentrat hergestellt wird und dieses dann per 200-µl-Pipette in eine Kartusche, das eigentliche Detektionsmodul, gegeben wird.
Die Kartusche kommt dann in das PCR-Gerät, und sechzig Minuten später liegt das Ergebnis vor.

das Detektionsmodul
„Wenn das Bier sauer war, dann weiß ja jedes Kind, dass da ein Lactobacillus im Spiel war, oder?“ Ich denke laut …
„Naja, oder auch nicht“, grinsen die Fachleute. „Oder wenn, dann ist es aber auch schon nicht schlecht, wenn man, erstens, die Analyse schon bekommt, bevor das Bier richtig sauer geworden ist und die neulich befüllten Flaschen schon beim Kunden stehen, und zweitens, wenn man weiß, welcher Lactobacillus es ist!“
L. brevis kenne jeder, den bekäme man auch schnell wieder rausdesinfiziert, erfahre ich, aber es gebe da noch hartnäckigere Verwandte, L. rossiae oder L. backii, die ganz schön zäh seien. „Oder L. lindneri, der aufgrund seiner langgestreckten Form als ‚Filterdurchschlupfer‘ unter Umständen über den Filter bis ins abgefüllte Bier gelangen kann“, fügt Krohn hinzu.
Dem Sensoriker mag es egal sein, welcher Milchsäurebakterienstamm letztendlich das Bier hat sauer werden lassen – dem Brauer mit Sicherheit nicht. Denn es ist schon hilfreich, wenn man genau weiß, mit welchem Bierschädling man es zu tun hat – da gibt es nämlich unterschiedliche (und unterschiedlich aufwändige) Herangehensweisen, die Anlage zu desinfizieren und eine neue Infektion zu vermeiden.
„Eine echte Herausforderung ist es auch, wenn Lactobazillen dabei sind, die hopfenresistente Gene tragen, die sogenannten horA und horC Gene. Da hilft nämlich auch die eigentlich ja konservierende Wirkung einer kräftigen Hopfung nicht weiter“, erklärt Poetschke. „Und dann gibt es auch noch den Pediococcus oder, selten zwar, aber doch immer mal wieder, den Pectinatus oder die Megasphaera. Wenn sich so etwas erstmal in einem Biofilm festgesetzt hat, dann ist das für den Brauer kein Spaß mehr.“
Ich nicke. Biofilme, das weiß ich aus dem Bereich der Trinkwasseraufbereitung, sind so ziemlich das Schlimmste, was man in seinen Leitungen haben kann. Und liefere damit das nächste Stichwort: Trinkwasser. Immer mehr Brauereien füllen nämlich ihr Brauwasser in Flaschen ab – als kleinen Nebenverdienst mit nur wenig zusätzlichem Aufwand. Da kommen dann aber andere potenzielle Keime in den Focus: Escherichia coli, Enterokokken und so weiter … „Kann man dann mit einer anderen Kartusche ebenfalls detektieren“, erfahre ich.
Ich schaue auf das PCR-Gerät vor uns auf dem Tisch.
Einerseits packt mich die Faszination Technik, andererseits muss ich an die vielen infizierten Biere denken, die ich im Laufe meiner Bierreisen und -verkostungen schon habe erleiden müssen. Da wäre eine regelmäßige Kontrolle vor, während und nach der Produktion sinnvoll, damit es erst gar nicht so weit kommt, dass ganz am Schluss die Menschen am Zapfhahn in Erklärungsnot kommen und dann doch wieder behaupten müssen, dieser „Hausgeschmack“ sei Absicht.
Ich bekomme schon bei dem Gedanken ein raues Gefühl am Gaumen …
Wäre ja schon schön, wenn so ein Gerät in jeder Kleinbrauerei stünde und die nervtötenden Diskussionen, ob es eine Infektion sei oder doch ein beabsichtigter Hausgeschmack, ein Ende finden könnten. Ein beabsichtigter Hausgeschmack ist es nämlich so gut wie nie!
„Ist zwar nicht billig, unser Gerät, aber wenn es dem Brauer einen Produktrückruf erspart oder ihm hilft, seine Reputation zu wahren, dann hat es sich schon gelohnt“, heißt es seitens der Firma. „Wir bieten aber auch Leasing-Lösungen an, und es gibt sogar einen ‚Notfall-Service‘, das heißt, wir stellen Geräte über einen definierten Zeitraum dem Kunden zur Verfügung.“
Na, ob es sich lohnt, dazu sage ich als jemand, der sein ganzes Arbeitsleben im öffentlichen Dienst verbracht hat, lieber nichts. Das überlasse ich den Fachleuten, die von Wirtschaft mehr verstehen als ich. Aber toll ist das Gerät schon!
„Not detected“, steht mittlerweile auf dem Display des Geräts. Klar, die Probe, die wir verwendet haben, war sauber. Das haben wir jetzt auch elektronisch-schriftlich. „Insgesamt kann unser System die herkömmliche Mikrobiologie beschleunigen und sinnvoll ergänzen“, lautet das Fazit, und ich stelle fest: Spannende Technik!

Rundgang durch die Laborräume
Es folgt noch ein kleiner Rundgang durch die Laborräume, und als mich Krohn nach fast drei Stunden Firmenbesuch verabschiedet, gehe ich hochzufrieden den langen Flur des Gebäudes entlang.
Dass mich meine Bierbegeisterung auch mal hinter die Mauern solch einer innovativen Firma wie Endress+Hauser BioSense führt? Tolle Sache!
Endress+Hauser BioSense GmbH
GF: Dr. Nicholas Krohn
Georges-Köhler-Allee 302
79 110 Freiburg im Breisgau
Baden-Württemberg
Deutschland
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