„Bier is‘ alle!“, tönt es aus der Garage, wo unsere Bierkühlschränke stehen. Nervös flitze ich runter und schaue meine holde Ehefrau entgeistert an. Das große Lagerregal mit den Bierspezialitäten aus aller Welt ist randvoll, der Kühlschrank mit den belgischen Trappistenbieren auch. Und der zweite Kühlschrank mit Bieren aus Tschechien und Deutschland ist etwa halb voll.
„Wie, alle? Und was ist das, und das, und das?“ Ich deute auf Regal und Kühlschränke.
„Ja, Du magst ja recht haben, aber das sind alles keine Trinkbiere. Nur Genussbiere. Und ich habe jetzt einfach nur Durst. Und da will ich kein eichenfassgelagertes Imperial Stout oder ein sechs Jahre altes belgisches Quadrupel, sondern einfach nur ein Bier. Aber eins, das trotzdem schmeckt. Nicht so’n Labberbier, aber eben auch keine Spezialität, die nur in kleinen Schlucken genießbar ist!“
Tja, die Sommerhitze zeigt Wirkung.
Trinkbier gibt’s in jedem Supermarkt, das wäre jetzt nicht so schwierig, aber es soll auch kein Labberbier sein, und nach Möglichkeit auch noch eines, das wir beide noch nicht getrunken haben – denn die Neugier nach immer neuen Bieren habe nicht nur ich, die hat auch meine holde Ehefrau.
Seufzend setze ich mich also zunächst an den Rechner und befrage Onkel Google, und anschließend hinters Steuer und fahre nach Brünn, Ortsteil Žabovřesky. Nicht gerade die bestbeleumundete Gegend in Brünn, aber wenn Onkel Google das so vorgibt, dann wird das schon seine Richtigkeit haben.
Svět Piva
Direkt neben dem Billa-Markt befindet sich hier in einem winzigen Eckchen das Geschäft Svět Piva, Welt des Biers. Oder mit vollem Namen Obchod Svět-piva.cz – MPalán s.r.o. Über 250 verschiedene Biersorten gibt es hier angeblich zu kaufen, und voller Zuversicht marschiere ich hinein. Aber die Überraschung ist groß. Statt eines gut bestückten Bottleshops sehe ich zunächst nur Regale mit Zubehör. Jede Menge Biergläser, aber vor allem Zapfanlagen, Anschlüsse, Schläuche, Druckminderer, Zapfköpfe – alles, was man braucht, um auf einem Dorffest oder in seiner Kneipe das Bier bereitzustellen und zu zapfen. 250 Biere? Auf den ersten Blick: Fehlanzeige.
Auf den zweiten Blick entdecke ich am Ende des Raums drei Kühlschränke mit einer ordentlichen regionalen Auswahl. Winzige Brauereien, die – wie hier in Tschechien üblich – ihr Bier nur auf Fässer ziehen und bei Bedarf auf 1- oder 1,5-l-PET-Flaschen. Und so finde ich hier in den Kühlschränken eine ordentliche Auswahl an Trinkbieren. Leckere Biere, keine Labberbiere, aber auch keine Genussbiere, die sich nur zum vorsichtigen Verkosten eignen. Feine Durstlöscher stattdessen.
Und auch wenn jetzt ein Aufstöhnen durch die deutsche Leserschaft gehen wird: PET-Flaschen sind für das Bier kein Problem. Natürlich sind sie nicht so sauerstoffdicht wie eine gut verschlossene Braunglasflasche, und dementsprechend ist das Mindesthaltbarkeitsdatum auch gerade mal zwei bis vier Woche, statt eines halben Jahrs wie sonst oft üblich. Aber für diesen Zeitraum hält die Flasche dicht genug, und die Qualität des Biers bleibt erhalten. Vorausgesetzt, die Kühlkette wird nicht unterbrochen.
Ich lade mir also eine große Einkaufstasche voll mit den gekühlten PET-Flaschen. Eine schöne Auswahl, und genug für die nächsten Tage. Auf dass nicht noch einmal der Ruf erschallt, das Bier sei alle.
die heutige Ausbeute
Neben den Kühlschränken entdecke ich noch einen winzigen Nebenraum, der Durchgang ist überschrieben mit Pivotéka. Und hier stehen sie – die beworbenen 250 Biersorten. Oftmals nur eine oder zwei Flaschen von jeder Sorte, dafür aber umfassend einmal um die Welt. Ob USA und Mexico, ob Brasilien oder Australien, die Kontinente sind vertreten. Und die wichtigen europäischen Biernationen natürlich auch. Oftmals handelt es sich um Biere der jeweiligen Großbrauereien aus jeder Nation, und es sind eigentlich keine modernen Craftbiere zu finden. Ein Laden, wie er also vor fünf Jahren noch begeistert hätte, der nun, inmitten der Craftbier-Revolution, aber eher langweilig wirkt. Trotzdem – ich werde wohl bei Gelegenheit noch einmal hier vorbeikommen, eine etwas größere Einkaufstasche und etwas mehr Zeit mitbringen, und dann werde ich nicht nur die Kühlschränke mit den regionalen Bieren durchstöbern, sondern auch die Regale in dem Nebenraum dahinter.
Schade nur, dass insgesamt so gar keine schöne Einkaufsatmosphäre aufkommen will. Die Dame an der Kasse ist nicht unfreundlich, wirkt aber unlustig, wenig motiviert. Sie macht keine Anstalten, zu beraten, sitzt einfach nur da und beobachtet, wie man sich als Kunde schwertut, das Richtige zu finden. Vielleicht hätte ich heute bereits, bei meinem ersten Besuch, noch viel mehr Umsatz gemacht, hätte sie sich doch nur einmal bequemt, mir einen leeren Karton als Transportbehältnis anzubieten oder mir ein paar Biere gezielt zu empfehlen. Schade!
Bleibt noch das Angebot aus der Werbung, hier das Bier auch frischgezapft vor Ort trinken zu können. Ja, auch das ist hier möglich. Draußen vor der Tür stehen ein paar Tische und Bänke, und inmitten von leeren (oder vollen?) Bierfässern, die sich hier stapeln, kann man sich für einen Moment hinsetzen und ein schnelles Bier zischen. Gemütlich ist es zwar nicht, aber das sind viele Trinkhallen und Kioske in Deutschland auch nicht gerade. Die Gemütlichkeit kommt mit dem dritten oder vierten Bier, oder mit den Menschen, die man zum Bier mitbringt.
Fazit: Ein etwas merkwürdiger, wenig einladender Bierladen, aber mit einem nicht uninteressanten Angebot. Gut für Trinkbiere aus der Region und für Biere aus aller Welt.
Das Obchod Svět-piva.cz – MPalán s.r.o. ist täglich von 09:00 bis 17:00 Uhr geöffnet, sonnabends und sonntags ist geschlossen. Es bietet Zapfanlagen und Zubehör, frisch abgefüllte Biere von Brauereien aus der Region und Flaschenbier aus der ganzen Welt. Zu erreichen ist es mit dem Auto (Parkplatz direkt vor der Tür oder beim Billa nebenan) oder mit der Straßenbahn, Linie 1, Haltestelle Stránského, etwa 100 m entfernt.
Svět Piva
Obchod Svět-piva.cz – MPalán s.r.o.
Stránského 28
616 00 Brno-Žabovřesky
Tschechien
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