Hm, lecker. Vor uns steht gebackener Käse (smažený syr), dazu leckere tschechische Kartoffelpuffer (bramboráky) und natürlich leckeres Bier, helles (světlý ležák) und dunkles (tmavý ležák). Frisch gezapft, süffig, und das Helle mit einer feinen, typischen Diacetyl-Note, das Dunkle würzig und mit deutlicher Restsüße. Das Ganze für wenig Geld in großen Portionen.
Hinter der Theke, die sich zentral in der gewaltigen Bierhalle befindet, steht das kupferglänzende Sudwerk, darüber das alte Motto der tschechischen Bierbrauer „Dej Bůh Štěstí“ (Gott gebe Glück), und die Kellner wuseln in ihren dunkelgrünen Schürzen zwischen den Tischen entlang und bringen immer neue Biergläser. Die Stimmung ist prima, lautes Stimmengewirr, manchmal ein wenig Gesang, die Gläser klirren – es ist einfach immer wieder schön in diesen typisch tschechischen Bierhallen. Wir lieben unsere temporäre Wahlheimat.
Doch halt! Moment mal!
Hier stimmt doch was nicht!
Wir sind doch nicht in Tschechien, sondern gerade erst über viele Stunden und viele tausend Kilometer angereist. Und draußen im Biergarten, in dem es Anfang Dezember gerade 27° warm ist, sitzen auch nur wenige Tschechen. Eigentlich sogar gar keine.
Wir sitzen mitten in Hà Nội, im Norden Vietnams, und doch haben wir das Gefühl, als wäre es gerade nur um die Ecke. Als säßen wir stattdessen einmal wieder in Prag.
Das Hoa Viên Bräuhaus im Stadtteil Hoàn Kiếm ist den typischen böhmischen Bierhallen fast perfekt nachempfunden. Ob es die Einrichtung ist, die Namen der großen Bierhallen auf den drei Stockwerken (Praha, Brno, Bratislava), die Bierstile, die Dekoration an den Wänden. Ja, selbst die Speise- und Bierkarte ist dreisprachig: Vietnamesisch, englisch und … tschechisch!
Es gibt Schweinshaxe und Schweinsbraten mit leckerem Bier, jede Menge tschechische Spezialitäten. Dazu aber auch lokale vietnamesische Kost. Und so dauert es nur wenige Minuten, bis sich vor uns auf dem Tisch eine seltsame Mischung von Gerichten auftürmt. Panierter, überbackener Käse, mit roten Pfeffer gewürzte Garnelen, Bramboráky, gebratene Nudeln mit Fisch, geräucherter Käse, knusprig gebratenes, süßsaures und scharfes Entenfleisch. Ein Crossover zwischen Tschechien und Vietnam.
Dem örtlichen Brauch entsprechend kommt alles in die Mitte des Tischs, und jeder darf überall probieren. Ob mit Messer und Gabel oder mit Stäbchen. Ein witziges Erlebnis, die bramboráky und den smažený syr mit Stäbchen zu essen…
Das Konzept scheint aber gut anzukommen. Die Bierhalle im Erdgeschoss ist gut besetzt, der Biergarten vor dem Eingang ebenfalls. Und das Bier ist auch lecker. Keine exotischen Kreativbierstile, aber solide Braukunst, die der irgendwo auf dem Land in Tschechien in nichts nachsteht.
Seit 1995 gibt es Hoa Viên als tschechisches Bierhaus schon, seit 2001 auch als Bräuhaus (mit Umlaut!), und seit diese Zeit erfreuen Bier, Speisen und die Karikaturen an der Wand den Besucher. Und es ist völlig unerheblich, ob die Sprechblasen in vietnamesisch, englisch oder in tschechisch geschrieben sind – die Witze sind international und werden sofort verstanden. Und auch die tschechische und deutsche Volks- und Blasmusik, mit der die Gäste beschallt werden, kommt über alle Kulturgrenzen gut an.
Es gibt zwei vor Ort gebraute Biere, beide wirklich sehr typisch und durchaus preiswert. Je nach Größe des Glases bezahlt man rund 1,50 bis 1,90 EUR. Für einen deutlich höheren Preis gibt es auch Original Pilsner Urquell aus der Flasche. Der Service ist sehr aufmerksam, blitzschnell und freundlich.
Das Hoa Viên Bräuhaus liegt etwa sieben bis acht Minuten Fußweg vom Opernhaus entfernt, also recht zentral, und ist damit problemlos zu erreichen. Angeblich ist es rund um die Uhr durchgehend geöffnet – trotz Jetlag und obwohl wir zu später Stunde noch fröhlich aufgekratzt waren, haben wir es aber nicht drauf ankommen lassen und es somit nicht getestet.
Hoa Viên Bräuhaus
1A Tang Bat Ho
10000 Hà Nội
Vietnam
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