Nach insgesamt achtzehn Stunden Anreise mit Bus, Bahn, Taxi, Flieger kommen wir nach Ortszeit spät abends in Hà Nội im Hotel an. Zu spät, um noch etwas zu unternehmen. Aber zu früh, um direkt ins Bett zu gehen – die innere Uhr hat gerade erst nachmittags. Noch ein Bier an der Hotelbar? Nein, wirklich nicht. Die immer gleichen Hotelbars, die immer gleichen Managertypen, die da rumhängen und wichtigtun, die immer gleichen Industriebiere? Nein, nix wie weg.
Ein oder zwei Blocks weiter eine Leuchtreklame: ÜNCHEN B ER. Daneben ein Wappen mit dem Münchner Kindl. Na gut, heute Abend können wir nicht mehr wählerisch sein – es geht auf Mitternacht zu, morgen früh ruft die Arbeit. Schnell auf ein Bier hinein.
München Beer Club, so lautet der vollständige Name der kleinen Bar. Fünf Zapfhähne an einer nett dekorierten Theke erwarten uns, überall hängen leere Bierflaschen als Dekoration, die Einrichtung ist gemütlich.
Was auf den ersten Blick fehlt: Andere Gäste. Soll heißen, wir betreten eine völlig leere Bar.
Blitzschnell kommt der junge Barmann auf uns zugeschlossen, lächelt uns freundlich an und wartet auf unsere Bestellung, spricht aber kein Wort.
Ich deute auf den ersten Zapfhahn. Freundliches Kopfschütteln. Gibt es nicht.
Ich deute auf den zweiten. Erneut verlegenes Kopfschütteln.
Ein fragender Blick meinerseits, eine weitausholende Geste seinerseits. Mit einer kreisenden Bewegung fängt er alle Zapfhähne ein und schüttelt erneut den Kopf.
Gar kein Fassbier? – Gar kein Fassbier.
Nicht nur keine Gäste nicht, sondern auch kein Fassbier? – Kein Fassbier.
Aber Flaschenbier?
Als wäre es ihm jetzt erst eingefallen, sprintet der junge Kerl zum Kühlschrank. Strahlend, aber weiterhin stumm hält er zwei Flaschen in die Höhe: Budweiser und Pilsner.
Ich runzle die Stirn. Achtzehn Stunden Anreise und nun Bier, das ich in meiner derzeitigen Heimat Tschechien überall frisch vom Fass bekomme.
Aber ach, wählerisch sein ist nicht mehr drin. Wir nehmen jeder eine Flasche Pilsner Urquell. Im für Tschechien ungewohnt kleinen Format 0,33 l. Blitzschnell verdampft der Inhalt auf der Zunge. Schnell noch eine zweite, und dann geht es aber wirklich wieder zurück ins Hotel. Es bleiben noch viereinhalb Stunden Schlaf, bis der Wecker klingeln wird.
Ein Blick nochmal durch den München Beer Club: Gemütlich ist es – sehr nett eingerichtet. Aber was hilft es, wenn weder Gäste noch Bier da sind? Nicht, dass wir uns nicht selbst genug wären, aber trotzdem: So hätten wir uns das in einem „Beer Club“ nicht vorgestellt.
Aber wenigsten bleibt haften: Die beiden Flaschenbiersorten, die es gibt, sind frisch. Das Mindesthaltbarkeitsdatum noch in weiter Ferne. Statt des Heineken-Biers an der Hotelbar halt Pilsener Urquell aus der Flasche.
Das erste Biererlebnis in Vietnam. Hatte ich mir anders vorgestellt.
Ende der Vorstellung. Ab ins Bett. Vorhang.
Der München Beer Club ist täglich ab 09:00 Uhr durchgehend geöffnet, kein Ruhetag. Er liegt direkt gegenüber eines großen Toyota-Händlers im Stadtteil Hoàn Kiếm und ist, wenn man sein Hotel nicht sowieso in der Nähe hat, am besten per Taxi oder Motorrad-Taxi (Vorsicht!) zu erreichen.
München Beer Club
4B Lê Thánh Tông
10000 Hà Nội
Vietnam
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