Die wilden Brauer aus Schottland erobern jetzt auch den Osten Mitteleuropas.
Das Netz von BrewDog Bars wird immer dichter. Beginnend in Großbritannien, später dann in den Metropolen der Welt eröffnen die gerne provozierend auftretenden (und brauenden) Brauer von BrewDog aus der Nähe von Aberdeen ihre firmeneigenen Bars. Und stolz vermeldet die Website, dass die erste BrewDog Bar Osteuropas in Warschau zu finden ist.
Geographie mal hinten angestellt (Seit wann ist Polen Osteuropa? Schottland ist schließlich auch kein Bundesstaat Grönlands…), ist das natürlich erfreulich und konsequent. Seit rund fünf Jahren ist Polen ein Mekka des Craftbiers geworden – in Windeseile wurde das Land mit einem dichten Netz von kleinen und Kleinstbrauereien überzogen. Jeder Hobbybrauer, der etwas auf sich hält, legt sich ein etwas größeres Sudwerk und eine Lizenz zu oder mietet sich als Gastbrauer bei einer regionalen Kleinbrauerei oder der Gasthausbrauerei ums Eck ein, um dort seine besten Rezepte zu brauen und unter eigenem Label zu verkaufen.
Gleichzeitig brauen etablierte Regionalbrauereien spannende und kreative Biere, entwickeln neue Rezepte, experimentieren mit neuen Zutaten, und selbst die großen Player bringen ganze Serien interessanter Biere in die Supermarktregale.
In den Großstädten entstehen sogenannte Wielokrany ode Multitaps, also Bierbars mit einem Dutzend und mehr (oft viel mehr…) Zapfhähnen an gefühlt jeder Straßenecke.
Es boomt.
Und jetzt also BrewDog.
BrewDog Warszawa wurde im Juni 2016 eröffnet, vor etwas mehr als einem Jahr also. Und nun stehe ich der kleinen Gasse vor dem alten steinernen Haus, der Schriftzug BrewDog leuchtet in den nebligen, staubigen Smog, geschützt von einem Metallgitter. Die Lage ist zentral, zentraler geht’s nicht. Ein paar Schritte nur bis zum Zentralbahnhof oder dem im stalinistischen Stil erbauten Palast der Kultur und Wissenschaften – schon die Postleitzahl 00-001 sagt eigentlich alles.
Es ist früher Abend, aber es ist schon gut gefüllt. Weiße, schmucklose Leuchttafeln hinter der Theke preisen das Angebot, ihr grelles Licht ist der einzige nicht wirklich einladende Faktor in der Bar und kontrastiert deutlich mit dem eher kuschelig-schwül in puffrot gehaltenen Schriftzug an der Wand „Craft Beer for the People“. Ein Flaschenbier und neun Fassbiere (eines davon alkoholfrei) aus eigener Aberdeener Produktion bietet die Bar an, daneben aber auch weitere neun Fassbiere von anderen Kreativbrauereien aus Europa, rund die Hälfte natürlich aus Polen selbst. Freundschaftliches Miteinander.
Mittendrin Weihenstephaner Weißbier – ein Zugeständnis an die gemeinsamen Distributionskanäle.
Für den Durst gönne ich mi ein Pint des Electric India, ein stark gehopftes Saisonbier mit 5,2% Alkohol. Das Pint misst nicht, wie oft in Kontinentaleuropa, 500 ml, sondern echte 568 ml. Traditionell britisch. Wahlweise gibt es aber auch ⅔, ½ oder ⅓ Pint. Oder man nimmt ein Probierbrett: 4 x ⅓ Pint.
Das Electric India schmeckt. Ein bisschen rau und ungestüm, wie es sich für ein Saison gehört, dazu eine ordentliche, aber nicht übertriebene Portion Hopfenaroma und Bittere. Ein guter und wirklich leckerer Durstlöscher nach einer langen Anreise.
Zum Essen einen Salat mit Geflügelstreifen. Sehr appetitlich angerichtet, sehr lecker. Intensive Aromen, man spart nicht mit Gewürzen, und die Zutaten sind kräftig und urwüchsig, nicht weichgespült. Der kräftig-aromatische Käse verschlägt im ersten Moment fast den Atem, paart sich dann aber mit dem Rest des Salats und vor allem dem Electric India auf beste Weise.
Noch ein zweites Bier darf es sein, bevor es mich weiterzieht, und zwar das Hop Savant von Crooked Stave. Das wird maximal in Halfpint-Größe angeboten. Man habe davon nur ein kleines Fass und wolle, dass jeder es mal probieren kann, klärt mich der Barmann freundlich auf. Etwas kräftiger im Alkohol (6,7%) und noch ein wenig ungestümer im Geschmack als das Saison. Ein Wild Ale, wie die grelle, weiße Leuchttafel zu informieren weiß. Mir gefällt’s.
Rund fünf Euro kosten die Biere hier in der Bar – ein ganzes Pint bei Trinkbieren, und bei den eher exotischen Bieren bekommt man für den Preis nur ⅔ oder gar ½. Für Warschauer Verhältnisse noch in Ordnung, wenn auch nicht wirklich günstig. Da bieten andere Bierbars ähnlich leckere Biere für weniger Geld.
Ein nettes Erlebnis, kann man gerne einmal wieder hingehen!
BrewDog Warszawa ist täglich ab 13:00 Uhr durchgehend bis mindestens Mitternacht geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist die Bar in sieben Minuten vom Hauptbahnhof, in zwei Minuten von den Straßenbahn- und Bushaltestellen namens Centrum.
BrewDog Bar Warszawa
Widok 8
00-001 Warszawa
Polen
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