Frauen und Brauen. Was heute ungewöhnlich klingt, war eigentlich über Jahrhunderte eine völlig normale Sache. Seit alters her war es die Frau im Haushalt, die nicht nur das Essen kochte, sondern auch das Bier braute. Erst mit dem Entstehen einer Brauerei-Industrie änderte sich dies, und zwar so radikal, dass es heute tatsächlich bemerkenswert ist, wenn eine Frau als Brauerin arbeitet.
Aber doch, es gibt sie. Es gibt Schwester Doris von der Klosterbrauerei Mallersdorf, es gibt die vier Jungbrauerinnen im Fränkischen, Isabella Straub von der Brauerei Drei Kronen in Memmelsdorf, Gisela und Monika Meinel-Hansen von der Meinelbräu in Hof und Yvonne Wernlein von der Brauerei Haberstumpf in Trebgast, die mit ihrem Bier Holla, die Waldfee im Jahr 2012 einen großen Erfolg hatten, und es gibt die Privat-Brauerei Strate in Detmold, die von Renate, Friederike und Simone Strate geführt wird. Und es gibt die Damen nicht nur als Brauerinnen, sondern auch als Bierkennerinnen, Fachfrauen, Verkosterinnen, organisiert beispielsweise im deutschen Chapter der Barley’s Angels.
Auch Cieszyn, die kleine Doppelstadt auf der Grenze zwischen Polen und Tschechien, wartet mit einer Brauerei auf, in der die Eigentümerin, Monika Badura, nicht nur Chefin ist, sondern auch höchstpersönlich braut.
Die kleine Gasthausbrauerei Cieszyński Browar Mieszczański (sinngemäß die Teschener Bürgerbrauerei) am Rande der Altstadt wurde im Februar 2012 erst eröffnet, erfreut sich seitdem aber einer recht großen Beliebtheit in der Region.
Die Brauerei befindet sich in einem alten, unauffälligen, ja, auf den ersten Blick sogar recht unattraktiven Steingebäude – davon sollte sich der Besucher aber auf keinen Fall abschrecken lassen. Geht man nämlich die wenigen Treppenstufen in die Gaststube hinauf, empfängt den Gast eine angenehme und gemütliche Atmosphäre. Kleine Sitzgruppen, eine schöne Theke und direkt daneben die kleine, kupfern glänzende Sudanlage der Firma Dreher mit einer Sudlänge von 3 hl – einladend präsentiert!
Die Speisekarte wartet mit klassisch-rustikalen polnischen Gerichten auf, aber auch moderne, leichte Küche ist zu finden, und sowohl die freundlichen jungen Damen, die hier bedienen, als auch die genauso junge und hübsche Chefin Monika Badura helfen gerne bei der Auswahl.
Drei Biersorten sind üblicherweise im Angebot, und ich habe sie am 7. September 2012 zum ersten Mal, ein weiteres Mal am 15. März 2013 verkostet: Das Märzen (Marcowe) mit einem etwas brotigem Geschmack; das Dunkle (Ciemne), ziemlich mastig, durchaus lecker, aber nach einem großen Glas ist man von der Mastigkeit ermüdet und satt; und schließlich das Pilsner (Jasne) – ein sehr angenehm aromatisch gehopftes, helles Bier mit schönen grasigen, blumigen, geranienartigen Noten in der Nase und einer sauberen Herbe im Trunk. Insgesamt also ein durchaus gemischter Eindruck.
Über dieses Standardangebot hinaus plant Monika, die natürlich alle Biere selbst entwickelt hat, allerdings keine weiteren Sorten, wie sie während meines Besuches im März erzählte. Die Kapazität der drei vorhandenen Lagertanks mit je 1000 Litern sei ausgeschöpft; kleinere Tanks für „Experimente“ stünden nicht zur Verfügung. Und ein Versuch aus dem letzten Jahr, ein Weizenbier anzubieten, scheiterte, weil in Cieszyn offensichtlich kein Interesse an einem Weizenbier bestehe – es verkaufte sich nur äußerst schleppend.
Trotz dieser begrenzten Auswahl lohnt es sich aber, wenn man in Cieszyn oder in der Nähe ist, einen Abstecher in die Brauerei zu machen – auf ein leckeres Bier, ein gutes Essen und eine nette Unterhaltung.
Nachtrag 2. April 2014: Seit vielen Wochen schon ist die Brauerei wegen Umbau geschlossen. Auch auf der Website findet man nur den lapidaren Hinweis, man würde umbauen. Bautätigkeiten sind aber nicht zu vermelden, es gibt keine Termine oder Planungen für eine Wiedereröffnung, und in Cieszyn kreisen Gerüchte, die Brauerei sei auf Dauer geschlossen. Sollte dies wirklich der Fall sein, wäre es ausgesprochen schade.
Nachtrag 30. Januar 2017: Die Gasthausbrauerei Cieszyński Browar Mieszczański ist in der Tat auf Dauer geschlossen worden. Aber es gibt gute Nachrichten: Wenigstens das Sudwerk wird weiter genutzt. Seit dem 23. Mai 2015 produziert ein kleines Team von Brauern auf dieser Anlage ihre Biere. Gewissermaßen als Wanderbrauer, die aber immer nur zu ein und dem gleichen Ziel wandern: Dem Dreher-Sudwerk in Cieszyn.
Michał Kochaniewicz und Paweł Fiedor haben diesen Schritt vom Hobbybrauer zur (begrenzten) kommerziellen Produktion gemacht. Zusammen mit ein paar anderen haben sie die Anfangsinvestition gestemmt und brauen nun recht experimentelle Biere, unter anderem unter Zugabe von Tee und anderen eher ungewöhnlichen Zutaten. Verkauft werden diese Biere unter der Marke Fabrica Rara, gebraut in der Cieszyński Browar Mieszczański.
Wenn also auch das Restaurant nach der angeblichen Umbau-Pause nicht wieder in Betrieb gegangen ist, die Braukessel sind es – und so wird in der ulica Księdza Ignacego Świeżego auch tatsächlich wieder Bier hergestellt!
Cieszyński Browar Mieszczański
Kamienica Cieszyńska
ulica Księdza Ignacego Świeżego 6
43-400 Cieszyn
Polen
Hinterlasse jetzt einen Kommentar