Pivní Salon
Hradec Králové
CZE

Was für eine malerische Altstadt! Wir stehen in Hradec Králové auf dem Großen Platz und drehen uns langsam im Kreis. Der Platz trägt seinen Namen zu recht – er ist gemessen an der Größe der Stadt riesig groß. Entlang der drei Seiten dieses gewaltigen Dreiecks stehen die alten Bürgerhäuser, Kirche und Bischofssitz. Eine Fassade ist hübscher als die andere; aufwändige Stuckarbeiten, schöne Laubengänge und bunte Farbkontraste. Die Kirchtürme und der daneben stehende Weiße Turm sind mit Scheinwerfern angestrahlt, auf den Dächern liegt Schnee. Stünden nicht in der Mitte des Platzes hunderte Autos – es wäre eine ungetrübte Idylle.

„Hradec Králové hieß auf lateinisch Regino Gradecium, beides übersetzt sich Königingrätz, aber komischerweise hat sich diese korrekte Übersetzung nicht halten können, und wir nennen die Stadt nun verkürzt und eigentlich falsch Königgrätz.“ doziere ich, und meine holde Ehefrau kuckt mich mit großen Augen an.

„1860 haben hier die Preußen in der Schlacht bei Königgrätz die vereinigten Armeen von Österreich und Sachsen vernichtend geschlagen“, fahre ich fort, die großen Augen als Interesse interpretierend.

Die Ernüchterung folgt sogleich. „Ist ja alles ganz spannend, was Du da erzählst, aber dreh‘ Dich lieber einmal um“, heißt es. Ich tue, wie mir geheißen, und blicke … auf den Pivní Salon.

„Das habe ich schon lange nicht mehr erlebt, dass Du vor einer Bierbar stehst, ohne es zu merken!“ Sie lacht sich kaputt. „Schlacht bei Königgrätz… Und hinter Dir gibt’s neun Biere vom Fass!“

Mein historischer Vortrag, der eh nur auf angelesenem Wissen basiert, kommt zum vorzeitigen Ende, und wir gehen die Handvoll Stufen hinauf, die in den Pivní Salon führen.

der Pivní Salon

Ein relativ schlicht eingerichteter, aber trotzdem nicht ungemütlicher Schankraum. Zwei Drittel der Tische sind besetzt, die anderen reserviert. Mit etwas Glück finden wir ein kleines Zweiertischchen am Rand. Gar nicht so schlecht, wir haben den ganzen Raum im Blick, nur ab und zu zieht es, wenn die Tür nach draußen geöffnet wird.

die Getränkekarte aus massivem Holz

Vor uns auf dem Tisch ein Holzbrettchen als Getränkekarte. In das fein geschliffene Holz sind die Getränke und Preise gedruckt, und für einen Moment überlege ich, wie denn wohl ein wechselndes Bierangebot auf diese Art bewältigt wird. Aber die erste Zeile macht klar: „Piva na čepu dle denní nabídky“ – Biere vom Fass täglich wechselnd. Stattdessen der Hinweis, dass alle Biere mit Gerstenmalz gebraut werden und daher das Allergen Gluten enthalten.

Ich blicke auf und sehe an der Wand die unvermeidlichen Kreidetafeln – neun verschiedene Fassbiere werden angeboten. Und zwar sowohl ein paar bekanntere Marken („Trinkbiere“) als auch exotische Biere aus unbekannten Kleinbrauereien („Degustationsbiere“). Wir kombinieren heute beides…

Den Auftakt macht das Masopustní Speciál 13°, ein Karnevalsbier der Brauerei Vysoký Chlumec. Ein Halbdunkles, ein süffiges, ganz leicht nach Karamell duftendes und schmeckendes Bier. Ein schöner Durstlöscher.

Es folgt ein American Pale Ale, das ich nur des merkwürdigen Namens wegen bestelle: Das Černý Potoka Blitzkrieeeg! der Rodinný Pivovar Zichovec. Viel leckerer als der blutrünstige Name verheißt. Fruchtaromen, viel Grapefruit, dazu eine saubere und nicht zu lange nachhängende Bittere. Ein sehr schöner Vertreter seines Stils.

Dem gegenüber ein wenig abfallend das India Pale Ale 14° der Pivovar Malešov. Ein wenig lustlos wirkt der Hopfen. Entweder ist er zu früh hinzugegeben worden und viele seiner Aromen sind noch beim Kochen verloren gegangen, oder es waren wenig aromaintensive Sorten. Von einem IPA hätte ich mir mehr Hopfenpräsenz gewünscht. Gut trinkbar zwar, aber es fehlt die Begeisterung.

Deutlich origineller dann wieder das Lazy Cat Žitná India Pale Ale der Brauerei Mordýř. Ein India Pale Ale mit Roggenmalz. Zwar kommt auch hier der Hopfen nicht so überwältigend in den Vordergrund, aber doch stärker als beim vorhergehenden Bier, und gemeinsam mit den brotigen Aromen des Roggens und der sämigen Konsistenz ergibt sich ein interessantes und spannendes Bier.

neun Zapfhähne

Der Pivní Salon verweist mit seinem Namen – Salon, nicht Saloon! – auf die alte Zeit, in der Hradec Králové den Beinamen „Salon der Republik“ bekam. So schön waren nach dem Ersten Weltkrieg seine Bürgerhäuser rund um den Großen und den Kleinen Platz wieder aufgebaut worden, dass man sich hier wirklich wie in einem Salon fühlen konnte. Und eines der Bürgerhäuser mit seinen Gewölben beherbergt nun eben diese nette Bierbar.

Neben den neun Sorten Bier gibt es eine große Auswahl an Flaschenbieren und ein paar Whiskysorten. Zu Essen gibt es nur Kleinigkeiten, wie beispielsweise den urtschechischen Gasthaus-Snack „Utopence“, sauer eingelegte Fleischwurst.

Der Pivní Salon ist täglich ab 15:00 Uhr geöffnet, sonnabends und sonntags bereits ab 13:00 Uhr; kein Ruhetag. Er ist zentral in der Altstadt gelegen. Theoretisch kann man auf dem riesigen Parkplatz direkt vor der Tür parken; praktisch darf man dann aber kein Bier trinken. Dann kommt man doch besser mit der Bahn, auch wenn der Bahnhof rund einen Kilometer von der Altstadt entfernt liegt.

Bilder

Pivní Salon
Velké náměstí 17/27
500 03 Hradec Králové
Tschechien

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