Also, wenn ich hier Barmann wäre, ich würde ja an meiner Kundschaft verzweifeln… Da hat man ein paar richtig leckere Biere am Hahn, und trotzdem kommen die Stammgäste in Het Koffiehuis und heben nur einen oder mehrere Finger. Verzweifelt grinsend mit guter Miene zum bösen Geschäft echot der Barmann dann je nach Anzahl der gezeigten Finger „Okay, ein Großes“ oder „Alles klar, drei Große“.
Stoisch macht er sich daran, ordinäres Grolsch zu zapfen. Große Gläser, fast randvoll, das bisschen Schaum mit dem Plastikmesser schnell heruntergeschabt. Kaum sind die Biere serviert, sind sie auch schon wieder ausgetrunken. Die ausgestreckte Hand signalisiert: „Noch fünf Große!“, und das Spiel beginnt von vorn.
Dabei gäbe es neben der Dutzendware doch auch ein paar richtig leckere Biere… Zugegeben, keine Geheimtipps oder Craftbiere, die irgendwo am anderen Ende der Welt gebraut worden sind, aber doch ordentliche und schmackhafte Biere, ausdrucksstark und aromaintensiv. Richtige Geschmackserlebnisse halt, bei denen man merkt, dass man etwas Anderes als nur gelblich schimmerndes Wasser im Glas hat.
Ein Palm könnte es beispielsweise sein, der Klassiker unter den belgischen Ales. Ein Hauch von fruchtigen Estern, fein ausbalanciert mit einem spürbaren, aber noch schlanken Malzkörper, gleichzeitig erstaunlich leicht und spielerisch.
Oder ein Korenwolf aus der Brauerei in Gulpen, weit im Süden der Niederlande, in der Provinz Limburg, die dem Rest des Landes so fremd ist, wie Bayern den Deutschen. Ein feines Witbier. Erfrischend, mit fruchtigen Koriander- und Orangenschalennoten und einem Hauch von Kümmel, schön spritzig. Blassgelbe Farbe allerdings, und in Kombination mit seiner leichten Trübung ein wenig schwindsüchtig aussehend. Aber lecker!
Hm, und wie wäre es mit einem Grimbergen Dubbel? Ein aromatisches Braunbier, feine Ester aus der belgischen Hefe mit einer ordentlichen Bittere kombiniert? Das Ganze in einer malzigen Matrix, mit einem Hauch von Melanoidin und vielleicht auch etwas frischer Brotrinde? Der Prototyp des belgischen Klosterbiers.
Oder schließlich, und das ist das Bier, für das ich mich jetzt entscheide, das La Chouffe, ein Belgian Strong Ale der kleinen Brasserie d’Achouffe, die mittlerweile zur Duvel-Moortgat-Gruppe gehört. Ein blondes Bier, herrlich fruchtig, mit einer Prise Zitronenfrische vom hinzugefügten Koriander und einer kräftigen, fast schon kernigen Hopfennote. Gefährlich süffig, und mit 8,0 % Alkohol ein Wolf im Schafspelz…
Ich genieße mein Bier und sehe mich um. Het Koffiehuis ist eines der letzten Bruine Cafés in Noordwijk. Dunkelbraune Holzvertäfelungen, gedimmtes Licht und, zumindest früher, das Nikotin von Millionen gerauchter Zigaretten geben dieser Art von Kneipe ihren Namen – braune Cafés.
Die Einrichtung scheint seit drei oder vier Jahrzehnten unverändert. Bunte Plakate und Emailleschilder (Emaille, nicht eMail! Wer weiß das noch?) hängen an der Wand, ein uraltes Wandtelefon neben der Theke. Im Eingangsbereich ist ein alter Motorrad-Motor angebracht. Ansonsten ein Sammelsurium von Gegenständen, die über die Jahre hinweg eine natürlich gewachsene Dekoration ausmachen.
Schön hier. Und gemütlich. Das Bier ist ausgezeichnet, die relaxte Atmosphäre auch. Klassische Rockmusik aus den Siebzigern läuft im Hintergrund. Ich fühle mich wohl, entspanne nach einem langen Tag. Wäre es nur zwei, drei Grad wärmer, so könnte ich schon auf der windgeschützten Terrasse vor dem Eingang sitzen und den vorbeiflanierenden Tourist(inn)en zusehen.
Het Koffiehuis ist täglich ab 17:00 Uhr geöffnet, freitags ab 15:00 Uhr, sonnabends ab 14:00 Uhr und sonntags schon ab 13:00 Uhr. Bei gutem Wetter an allen Tagen auch schon eher. Kein Ruhetag. Zu erreichen ist es problemlos – es liegt nur hundert Meter vom Strand entfernt, Parkplatz und Bushaltestelle mit den Linien 20, 90 und 385 befinden sich auf halbem Wege zum Strand.
Het Koffiehuis
De Grent 32
2202 EL Noordwijk
Niederlande
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