Ich verlasse die Stadt Prostějov in Richtung Westen und während ich bei schönem Sonnenschein langsam dahinrolle, merke ich, wie sie langsam ein wenig auszufransen beginnt. Verbliebene Ackerflächen, große Wohneinheiten, Industriebetriebe und Einfamilienhäuser beginnen sich bunt zu mischen, und ich stelle mir die Frage, ob es hier eigentlich keine Bebauungs- oder Entwicklungspläne gibt? Darf hier jeder machen, was es will?
Offensichtlich schon, denn mittendrin findet sich sogar eine Art Blockhaus, ein flaches, aber ausgedehntes Chalet, komplett aus Holz errichtet. Im Voralpenland, bei den Góralen in Polen oder weit draußen im Altvatergebirge würde es gut aussehen und ins Umfeld passen, aber hier, am Stadtrand Prostějovs, wirkt es vielleicht trotz seiner einladenden überdachten Terrasse ein wenig unpassend.
Aber egal, denn ich bin ja nicht wegen der Architektur hier, sondern wegen dem, was sich im Innern verbirgt: Ein Restaurant mit einer eigenen Brauerei nämlich – die Koliba U Tří Králů, das Chalet zu den Drei Königen.
Ich laufe über die Terrasse, gehe durch die schwere Holztür und stehe direkt vor der Theke. Links von mir erstreckt sich der große Schankraum, und mittendrin steht – nein, nicht die Brauerei, sondern ein riesiger blauer Kachelofen. Rundherum gruppieren sich kleinere, meistens aber größere Tische aus hellem Holz. Robust gezimmert – eine stimmige Fortsetzung des Blockhausstils. Und hinter der Theke, bevor es in einem Nebenraum geht, steht dann doch die Brauerei. Nicht gerade in der Mitte des Schankraums, aber doch unübersehbar.
Zwei kupferne Geräte. Hinter einer kleinen Ziegelmauer, schmuck mit Deko-Artikeln verziert, machen sie durchaus was her, und ich bin nicht der einzige, der seine Kamera zückt und ein paar Bilder macht. Ein paar alte Werkzeuge liegen herum, ein paar Gläschen mit verschiedenen Malzsorten, ein kleiner gläserner Schaukasten mit Malz der Firma Soufflet. Nett!
Ich suche mir einen Platz, von dem aus ich sowohl den Kachelofen als auch das Sudwerk im Blick habe und blättere durch die Speisekarte. Liest sich nicht schlecht. Klassische regionale Kost. Viel Fleisch, Berge von Kartoffeln oder Brot dazu, und – wenn es der Gast denn ausdrücklich will – durchaus auch ein wenig Gemüse oder Salat als Farbtupfer. Gesunde Ernährung? Vegetarisch oder vegan, gar? Ach, es ist doch viel wichtiger, dass es schmeckt!
Ich bekomme ein großes Holzbrett mit einem Berg frisch gebratener Hühnerflügel, dazu eine leckere scharfe Soße (allerdings nicht selbstgemacht) und frisches Brot so viel ich will. Mit dem Bier dazu muss ich mich zurückhalten, es ist noch früh am Tag, ich habe noch zu tun, und so belasse ich es bei einem kleinen Gläschen des hellen Desitka, einem leichten Bier mit gerademal 10° Stammwürze. Schön gezapft, mit einer perfekten Schaumkrone, steht es vor mir. Die regional übliche Diacetyl-Wolke fehlt, es riecht sauber, ein bisschen malzig. Als simples Begleitbier zum Essen ist es in Ordnung. Es ist nicht mehr allzu hoch gespundet – beim kunstvollen Auftürmen der Schaumkrone ist viel Kohlensäure verloren gegangen, und es fehlt die Frische. Kann man gut trinken, aber eine Offenbarung ist es nicht.
Die Hühnerflügel sind da um so leckerer, und blitzschnell ist das Holzbrett leergefuttert und nur noch eine Handvoll Knochen übrig.
Die freundliche und sehr aufmerksame Bedienung bietet mir auch die anderen Biersorten an, es gebe noch einige Weitere. Weizen gebe es, ein etwas kräftigeres Helles, ein Halbdunkles, und momentan hätten sie, als Spezialität, ein Bier mit Kaktusfeigen aromatisiert. Lachend winke ich ab. Geht leider nicht, aber wenn es etwas in Flaschen zum Mitnehmen gäbe, würde ich gerne von jeder Sorte etwas in den Rucksack packen. – Ja, zwei Sorten habe sie, heißt es, und zwar das Weizen und das normale Helle mit 12° Stammwürze. Die anderen Sorten seien leider im Moment nicht auf Flaschen verfügbar.
Ich packe mir also zwei große PET-Flaschen in den Rucksack und mache mich wieder auf den Weg. Mittlerweile hat sich der Schankraum gut gefüllt – ich war wieder einmal gegen den Strom unterwegs. Habe hier gesessen und gegessen, ganz allein, und kaum mache ich mich auf den Weg, scheint halb Prostějov Hunger zu bekommen und hierher zu kommen…
Aber ich bin nicht unzufrieden – der Moment der Ruhe hat gut getan. Das Essen war lecker, die Atmosphäre schön, die Bedienung sehr freundlich – auch wenn das Bier jetzt nicht so begeistert hat.
Die Koliba U Tří Králů ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet, kein Ruhetag. Das Chalet liegt an der Straße nach Mostkovice und verfügt über reichlich gebührenfreie Parkplätze direkt neben dem Restaurant. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist es etwas umständlich: Der Bahnhof liegt am anderen Ende der Stadt, und mit den Stadtbussen dauert es dann ein Weilchen bis hierher – aber es ist machbar!
Der Vollständigkeit halber: Das Weizen aus der PET-Flasche erwies sich als recht ordentlich; in Geruch und Geschmack dominierten phenolische Gewürznelken-Aromen. Das helle Zwölfer hingegen konnte nicht begeistern, es hatte ein leicht ammoniakartiges Aroma, das nicht wirklich zum Genießen einlud.
Koliba U Tří Králů
Finská 4592/8
796 04 Prostějov
Tschechien
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