Die alte Braustätte der Heineken Brauerei in Amsterdam ist umgebaut worden zu einem riesigen Erlebniszentrum, in das die alten, kupfernen Braukessel, die bis vor einigen Jahren noch in Betrieb waren, geschickt integriert worden sind. Man macht hier also eine Brauereibesichtigung und einen Museumsbesuch in einem, wenn man das alte Ziegelgebäude betritt.
Am 12. September 2009 stand ich vor der beeindruckenden Ziegelfassade am Rande des Amsterdamer Stadtzentrums, bezahlte fünfzehn Euro Eintritt und ärgerte mich über diese Raffgier. Gepäck, Jacken und Mäntel können – immerhin gratis! – an der Garderobe abgegeben werden, und dann taucht man hinein in die sogenannte Heineken Experience.
Die Geschichte der Brauerei ist mit Plakaten, Exponaten, Videos und viel Multimedia-Installationen sehr professionell aufbereitet und zeigt den Siegeszug des Heineken-Biers von einer kleinen Amsterdamer Braustätte bis zum heutigen Weltkonzern. Geschmacks- und Aromenvielfalt spielen in der Darstellung natürlich keine Rolle, sondern der mittlerweile erreichte kleinste gemeinsame Geschmacksnenner wird als Erfolgsrezept für das Heineken-Bier präsentiert. In gewisser Weise stimmt’s ja auch – wo nur wenig kräftige Geschmacksnoten vorhanden sind, kann sich auch niemand an eben diesen stoßen …
das ehemalige Sudhaus
Der Spaziergang durch die wirklich riesige Ausstellung umfasst neben diesen üblichen Exponaten auch einen beeindruckenden Rundgang durch das ehemalige Sudhaus, in dem sich Braukessel neben Braukessel reiht. Zum Teil werden im Inneren der Braukessel Diashows und Videos vorgeführt, zwischen den Kupferkesseln steht ein Angestellter und braut in einem – elektrisch beheizten – Bottich Bierwürze, die auch lauwarm verkostet werden kann. Die Zutaten und den Brauprozess erklärt er geduldig und bringt so dem nicht so fachkundigen Besucher die einzelnen notwendigen Schritte des Brauens nahe.
Vorbei an den blitzsauberen Ställen der Shire-Horses, die auch heute noch bei Volksfesten und ähnlichen besonderen Anlässen genutzt werden, um das Bier auszufahren, führt der Rundgang zu einem kleinen Erlebniskino. Auf einer Rüttelplatte stehend, mit Wasser, Wind, Wärmestrahlung und kalter Luft beaufschlagt, erlebt der Besucher in einem unterhaltsamen Video den gesamten Brauprozess mit, als sei er ein Malzkorn beziehungsweise das, was im Laufe des Brauprozesses von diesem übrigbleibt. Sehr originell.
Nach einer nicht unprofessionellen Verkostung an einer kleinen Bar im Innern des Museums findet man sich in einer Ruhezone wieder, in der man sich, auf bequeme Liegen gebettet, von Heineken-Werbespots von 1954 bis heute berieseln lassen kann.
Heineken Werbung
Nach dieser Ruhepause kommt die junge Generation auf ihre Kosten. Man kann Karaoke machen, sich damit elektronisch in einen Videospot einfügen lassen und diesen per eMail versenden, man kann seinen Sportidolen oder anderen Stars, die für Heineken Reklame machen, huldigen oder sich von Musikvideos beschallen lassen.
Am Ende dieses eher hektischen Teils der Ausstellung findet sich die World-Bar, in der jeder Besucher nun noch zwei Heineken trinken darf – je nach Geschmack entweder ordentlich gezapft und mit einem bisschen Restaroma, oder aber auf knapp unter 0° C herunter gekühlt und damit so ziemlich geschmacksfrei.
futuristische Verkostungsbar
Mit fast überlasteten Sinnen verlässt man diese Ausstellung wieder, mit dem Fazit: Nicht schlecht gemacht. Anderthalb Stunden Gehirnwäsche, warum Heineken nun wirklich das beste Bier der Welt sein sollte, wirken sehr professionell. Wenn auch über die Brauerei selber nur die üblichen Plattitüden und gewaltiges Eigenlob verbreitet werden, wird der Brauprozess für diejenigen, die wirklich daran interessiert sind, geduldig erklärt und vorgeführt, und es gibt eine Menge Kurzweil für nahezu jede Altersgruppe. Das zahlreich vorhandene Personal allüberall ist stets freundlich und hilfsbereit, nahezu perfekt gedrillt und immer präsent.
Trotzdem: Heineken ist und bleibt ein langweiliges Bier, nahezu ohne Charakter – geglättet bis zur Geschmackslosigkeit. Und auch wenn es hier perfekt gezapft wird, bleibt es dünn und wässrig. Die Ausstellung ist zwar professionell gemacht, aber da es sich um eine gigantische Werbeveranstaltung handelt (und viele Besucher nach der „Gehirnwäsche“ im Heineken-Shop Berge von Souvenirs für teures Geld erstehen), ist der Eintrittspreis von 15.- € schlicht und einfach unverschämt.
In Summe eines dieser Dinge, die „man mal gemacht haben muss“, aber definitiv kein zweites Mal braucht.
Die Heineken Experience ist täglich ab 10:30 Uhr geöffnet; kein Ruhetag, lediglich an Heiligabend und Silvester wird bereits um 16:00 Uhr geschlossen. Zu erreichen ist das Museum am besten mit der Straßenbahn, Linie 24, Haltestelle Stadhouderskade.
Heineken Experience
Stadhouderskade 78
1072 AE Amsterdam
Niederlande
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