Schon immer wollte ich die Biere der jungen, baskischen Brauerei GaragArt probieren – aber wann habe ich schon mal die Gelegenheit, in die Provinz des Baskenlands, einige Kilometer südlich von Bilbao bis nach Vitoria-Gasteiz zu reisen? Auf dem Weg liegt das ja nicht gerade.
Theoretisch wäre das vielleicht auch mal in Berlin möglich, denn einer der Brauer von GaragArt lebt dort und pendelt immer wieder ins Baskenland. Hat aber bisher auch nie geklappt.
Jetzt aber bin ich in Madrid. „Geh ins Slow Mex, die haben unser Bier“, hieß es in der WhatsApp-Nachricht, die ich gerade bekommen habe. „Und grüß Mark, den Manager, von mir. Er ist Ire, den erkennst Du sofort!“
Und so stehe ich nun im Slow Mex. Mexikanische Küche ist sonst so nicht mein Ding, aber hier ist es vom ersten Moment an einladend und gemütlich, und so will ich es mal unvoreingenommen versuchen. Die Einrichtung ist hell und freundlich, es ist nett dekoriert, und ich habe noch nicht richtig Platz genommen, da werde ich auch schon von der jungen, freundlichen Kellnerin umsorgt.
Die Frage nach den GaragArt -Bieren ruft aber zunächst nur Bedauern hervor. „Wir haben gerade Founder’s Week, das heißt, alle unsere Zapfhähne sind von der Founders Brewing Co. belegt“, entschuldigt sich die junge Dame. „Aber ich kann ja mal im Kühlschrank kucken, ob ich da etwas von GaragArt finde.“
Ich gehe mit ihr zum Kühlschrank, und in der Tat: Hier stehen die GaragArt-Biere, einträchtig und friedlich neben Dutzenden anderen, seltenen Kreativbieren. Ich entscheide mich für das Little Bichos, ein Oak Aged Baltic Porter, das in Zusammenarbeit mit der Berliner Brauerei Straßenbräu entstanden ist.
Das Bier ist lecker. Richtig lecker. Ohne es ausdrücklich verlangt zu haben, bekomme ich es in einem großen Rotweinglas serviert. Ideal für diese Art von Bier. Eine dicke, fast sämige Konsistenz, kräftige Röst- und Kakao-Aromen, eine deutlich spürbare, aber nicht zu dominierende Bittere. Was allerdings kaum zu spüren ist, ist das Oak Aged. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die leichten Holzaromen tatsächlich schmecke oder ob ich sie mir nur einbilde, weil ich vom Oak Aging auf dem Etikett gelesen habe… Gleichwohl, ein ausgezeichnetes Bier.
Der Burrito dazu, mit Langostinos, schmeckt ebenfalls ausgezeichnet, aber perfekt ist die Paarung zwischen Bier und Essen nicht. Jedes für sich hervorragend, aber Bier und Essen passen nicht zusammen. Ich habe beim Bier- und Food-Pairing kläglich versagt, genieße nun also nacheinander. Zunächst den Burrito und danach das Bier. Dadurch hat sich das Bier auch ein wenig angewärmt, etwas Sauerstoff aufgenommen und schmeckt noch viel besser, die Aromen kommen jetzt noch deutlicher zur Geltung.
Beim Dessert passe ich jetzt besser auf. Ich wähle zunächst das Bier, und zwar das andere der beiden GaragArt-Biere, das Cellar Series No. 1 – Barley Wine aged in Red Wine Barrels. 11,0% Alkohol sind eine Ansage. Der runde, malzige, weinige Geschmack ebenfalls. Das Bier wärmt wunderbar, geht runter wie Öl und überzeugt mit einer unglaublichen Komplexheit von Frucht-, Wein- und Malzaromen. Ein Feuerwerk von süßlichen, fruchtigen Noten. Weit, weit entfernt von dem, was Otto Normalbiertrinker unter „einem Bier“ versteht, aber ein vollendeter Genuss.
Dazu jetzt nahezu perfekt passend: Ein Brownie mit Kaffee-Eis und viel Sahne. Genauso kremig, genauso süß, genauso intensiv wie das Bier. Ein Schluck hier, ein Löffelchen dort – die Kombination kann besser kaum sein.
Vielleicht war es Glück, dass es die Biere von GaragArt gerade nicht vom Fass gab – wer weiß, ob ich die beiden starken, exklusiven Flaschenbiere sonst probiert hätte? Oder ob ich beim eher durchtrinkbaren Witbier oder Amber Ale gelandet wäre? Vermutlich Letzteres, denn es ist noch früh am Tag, und die beiden gewaltigen Biere hätte ich wahrscheinlich schweren Herzens zu Gunsten der leichteren Durstlöscher stehen lassen.
Insofern: Alles hat gepasst. Satt und zufrieden und mit leicht geröteten Wangen vom starken Bier breche ich wieder auf, wechsle noch ein paar Worte mit Mark, dem Iren, lobe den freundlichen und liebevollen Service, und schon bin ich wieder unterwegs.
Mexikanische Küche? Immer noch nicht meine Lieblingsküche. Aber wenn sie so präsentiert wird wie hier, wirklich exzellent zubereitet, freundlich serviert und gepaart mit richtig gutem Kreativbier – dann jederzeit wieder gerne!
Das kleine Restaurant Slow Mex ist täglich ab 13:00 Uhr, sonnabends und sonntags bereits ab 12:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Es bietet interessante Abwandlungen klassischer, mexikanischer Gerichte in hoher Qualität – weit entfernt vom Einerlei der Fast-Food-Mexikaner. An neun Zapfhähnen werden wechselnde Kreativbiere angeboten – die Website informiert leider nicht über das tagesaktuelle Angebot, sondern fordert nur auf, vor Ort zu fragen. Schade! Zu erreichen ist das einladende Restaurant in einem gemütlichen, zehnminütigen Spaziergang von der Metro-Station San Bernardo, Linie 2 (rote Linie) und Linie 4 (braune Linie).
Slow Mex
Calle de San Vicente Ferrer, 33
28004 Madrid
Spanien
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